Kiss´n vroom – Frauenpower in der Steilwandkurve

Kiss´n vroom 1

Frauen auf Motorrädern sind auf dem Vormarsch, nicht nur im öffentlichen Straßenverkehr. Classic Trader hat zwei 22-jährigen Stuttgarterinnen bei Kiss´n vroom im Autodrome de Linas-Monthléry vom 22. bis 24. Juni 2018 über die Schultern geschaut.

Chiara und Ines starteten in der Kategorie Kiss´n vroom, welche bei dem bekannten Café Racer Festival vor den Toren von Paris bereits zum vierten Mal gefahren wurde. Es handelt sich dabei um ein Internetforum (kissnvroom.com, ganz aktuell mit einem Interview von Chiara und Ines) für motorradbegeisterte Ladies aus der ganzen Welt. Mitglieder sind auch aktuelle Fahrerinnen von Langstreckenrennen. Die beiden Französinnen Clear und Camille kümmern sich um die Teilnahme an Veranstaltungen und um neue Mitglieder.

Kiss´n vroom ist ein Fantasiename, eine Übersetzung wäre ein vager Versuch, wie in etwa: „Kuss und ab mit vollem Getöse“. Vroom ist auf jeden Fall der Begriff für den Sound eines Fahrzeugs, welches mit Highspeed davonbraust. Das bekannteste Beispiel dafür liefert die französische Komikbuch-Reihe Michel Vaillant seit 1957 mit dem Begriff „vrooaaw“.

Kiss´n vroom 2

Das Team von Premiummotorrad bei Kiss´n vroom

Das einzig deutsche Frauen-Team brachte in diesem Jahr PREMIUMMOTORRAD an den Start. Für Chiara hat der Spezialist für klassische Motorräder eine 40 Jahre alte Honda CB 400 four mit 42 PS vorbereitet, Ines gab den rund 45 PS einer MV Agusta 350 Corsa von 1969 mächtig die Sporen. Die Rennmaschine baute ihr Vater als Hommage an die 37 WM-Titel der Marke MV. Es handelt sich dabei aber um eine reinrassige Rennmaschine, mit einem Höllensound, welche nur mit einem entsprechenden Aufwand gestartet werden kann. Das PREMIUMMOTORRAD-Team hatte folglich immer eine Startmaschine vor Ort, um den hochverdichteten Zweizylinder zum Leben zu erwecken. Eine Show, welche das Publikum stets mit einem großen Applaus honorierte.

Insgesamt waren die Renn-Ladies zweimal 20 Minuten pro Tag am Start. Die 29 Motorräder boten ein Spektrum von 1969 bis in die Neuzeit. Genau genommen gab es leider nur drei klassische Motorräder. Neben der Honda von Chiara und der MV von Ines startete noch Perrine mit einer wunderschön präparierten Honda 550 four von 1976. Doch die Damen auf ihren Klassikern konnten gut mithalten. Es war eine helle Freude, zu erleben, wie die Ladies von Runde zu Runde besser wurden. Die Haltung wurde flacher, es wurde vor den Schikanen später gebremst und der Mut nahm zu, die Steilwandkurven immer weiter oben zu befahren.

Die Macher von Kiss´n vroom wollten die Teilnehmerinnen während der Veranstaltung schulen und verbessern und haben deshalb in ihren Startreihen einen Herrn zugelassen. Es war kein geringerer als Endurance Vize-Weltmeister und Paul-Ricard Geschwindigkeits-Rekordhalter Philippe Monneret. Der Moto GP-Kommentator von 1999 bis 2010 ist bereits seit 1984 auch Renncoach und mischte sich in den Turns unter die Damenwelt, um die Ideallinie des anspruchsvollen Kurses vorzufahren.

Die Geschichte des Ortes

Das Autodrome liegt zwischen den Ortschaften Linas und Montlhéry, 20 Kilometer südlich von Paris. Verantwortlich für den Bau war der Industrielle Alexandre Lamblin, in den 1920er-Jahren ein erfolgreicher Produzent von Kühlern für Flugzeugmotoren. Die Region um Paris war damals das Zentrum der französischen Automobilindustrie, eine Rennstrecke vor allem zu Testzwecken daher eine sinnvolle Ergänzung. Lamblin kaufte 1923 ein großes Grundstück auf dem Plateau von Hurepoix und beauftragte Raymond Jamin mit dem Bau der Strecke. Der Ingenieur konstruierte einen Kurs, der aus nur zwei 180 Meter langen Geraden bestand, verbunden durch zwei Steilwandkurven mit einem Radius von rund 250 Metern. In der Rekordbauzeit von sechs Monaten errichteten rund 2.000 Arbeiter 1923 die Rennstrecke, mit einer Gesamtlänge von 2548,24 Metern und Fahrbahnbreiten zwischen 18 und 21,5 Metern. Diese Beschaffenheit machte für damalige Verhältnisse enorme Durchschnittsgeschwindigkeiten von bis zu 220 km/h möglich, aber nur, wenn die Fahrer am obersten Rand der Steilkurven blieben. Gemessen haben sich auf dem Rundkurs damals alle Fahrer mit Rang und Namen wie Antonio Ascari, Rudolf Caracciola und Manfred von Brauchitsch. Heute ist der Kurs nur noch für wenige ganz besondere Veranstaltungen geöffnet. Caféracer-Chefredakteur Bertrand Bussillet aber ist es gelungen, das Café Racer Festival auf diesem Traditionskurs austragen zu können.


Text Tobias Aichele Fotos Solitude GmbH

Autor: Classic Trader

Die Classic Trader Redaktion besteht aus Oldtimer-Enthusiasten, die Euch mit spannenden Geschichten versorgen. Kaufberatungen, unsere Traum Klassiker, Händlerportraits und Erfahrungsberichte von Messen, Rallyes und Events. #drivenbydesire

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