Hödlmayr Classic Car Center im Classic Trader Händlerportrait
In den Classic Trader Händlerportraits stellen wir Ihnen regelmäßig ausgewählte Oldtimer-Händler vor, die unser aus 12 Fragen bestehendes Interview beantworten.
12 Fragen an Oliver F. Bulant vom Hödlmayr Classic Car Center
Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor. Was ist das Spezialgebiet Ihres Unternehmens?
Mein Name ist Oliver F. Bulant, ich bin 50 Jahre alt, seit mehr als 30 Jahren im Thema – in den 80ern und 90ern anfangs noch als Hobby, dann im Nebenerwerb, später hauptberuflich – zwischenzeitlich gehöre ich auch schon zu den Methusalems dieser Branche und bin seit 2012 bin im Hödlmayr Konzern für die Oldtimer Sparte verantwortlich. Das Hödlmayr Classic Car Center ist ein Full Liner im Classic Markt, hinter dem ein internationaler Automotive-Konzern steht. Wir sind Teil der Hödlmayr International AG, dem größten familiengeführten Automobillogistikkonzern Europas. Die Begeisterung der Eigentümerfamilie war schon vor Jahrzehnten ausschlaggebend für das Engagement, das unter anderem zur Errichtung des Classic Car Centers 2011/2012 führte.
Im Handel liegt unser Schwerpunkt bei ausgesuchten, in geringen oder geringsten Stückzahlen gebauten hochqualitativen Sportwagenraritäten vorzugsweise der 1960er und 1970er Jahre – natürlich mit Ausreißern. In der Dienstleistung decken wir im oben umrissenen Segment vollstufig das gesamte Repertoire von der Wartung, über Reparatur bis hin zur Großinstandsetzung und der vollstufigen Qualitätsrestaurierung mit hohem Eigenleistungsanteil ab.
Im Konzern verfügen wir über entsprechende einschlägige Ressourcen, die wir synergetisch nutzen. Ergänzt wird unser Portfolio von Sammlungsmanagement, Oldtimerspezialtransporten und -lagerungen.
Wann sind Sie dem „Virus“ klassischer Fahrzeuge verfallen? Gab es ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Kindheit / Jugend, das Sie zum Oldtimer- Enthusiasten gemacht hat?
Mein Großvater war in einer leitenden Funktion bei der Wolfgang Denzel AG in Wien beschäftigt. Dipl. Ing. Denzel senior war Techniker und Rennfahrer der alten Schule und entwickelte für BMW, Volvo und andere Hersteller sowie für eigene Produkte. Zudem war Denzel der Importeur von Ferrari, BMW, Volvo und andere Marken in Österreich.
Einer der einstigen Dienstwagen meines Opas war ein bei Denzel heftig leistungsgesteigerter Volvo 123 GT – und mit so einem Wagen begann ich vor über 30 Jahren dann auch…
Was mögen Sie an Ihrem Job am meisten – was am wenigsten?
Am meisten mag ich es, Menschen eine Freude zu machen. Es ist mir persönlich die größte Freude, diese mit unseren Kunden teilen zu dürfen. Am wenigsten, dass unser Tun zu oft mehr und mehr unter dem Einfluss von praxisfremder Juristerei und oft entseelter Spekulation steht.
Welche Marke(n) hat / haben es Ihnen angetan? Welches sind Ihre drei Lieblingsklassiker und warum?
Da muss ich meine Privatsphäre von meiner beruflichen Sicht strikt trennen.
Beruflich sind es eben diese besonderen Marken und Typen, die die Kraft und Unerreichbarkeit in deren Zeit darstellen – Autos mit starkem Charakter, die durchaus kontrovers sein oder gar polarisieren konnten. Diese schon damals sündhaft teuren, in Kleinserien entstandenen leistungsstarken Superleggeras, Grand Turismo und Playboy-Sportwagen ab den späten 50ern bis in die frühen 70er – aus einer Zeit, wo scheinbar noch alles egal oder erlaubt war und das Machbare ohne große rechtliche Hürden oder Schranken
ausgelotet werden konnte.
Privat: meine teils skurrilen „Wölfe im Schafspelz“ und „Schwedenschweine“ – vorrangig unsere Volvos – Autos, mit denen ich wie oben erwähnt vor mehr als 30 Jahren angefangen habe und zu denen ich vor einigen Jahren privat auch wieder zurückgekehrt bin. Wir fahren sie, so oft wir zu Hause sind – zum Einkauf, ins Altstoffsammelzentrum.
Was war das außergewöhnlichste Fahrzeug, mit dem Sie es bisher zu tun hatten?
Alle unsere Fahrzeuge im Handel sind außergewöhnlich – weil wir uns nur mit außergewöhnlichen Fahrzeugen beschäftigen. Wenn Sie die Nummer 10 von 61 oder die Nummer 6 von 20 begleiten dürfen, so ist jedes Auto außergewöhnlich…
Thema Wertsteigerung / -erhalt: Auf welches Pferd sollte man jetzt setzen? Wie glauben Sie wird es mit der Wertentwicklung in den nächsten Jahren weitergehen?
In den vergangenen Jahren habe ich sicherlich 50 Vorträge zu diesem Thema gehalten – mitunter vor Private Banking Kunden großer Banken – den größten auf einem Investmentforum vor knapp 2000 geladenen Gästen.
Vorweg würde ich mir sehr wünschen, dass wieder mehr das Herz Regie führt und die Spekulation im Sinne rein profitorientierter alternativer Veranlagungsformen wieder etwas in den Hintergrund rückt. Seit der Kapitalmarktkrise sind hier Prozesse ins Laufen gekommen, die der Sache so nicht immer gut getan haben, vielleicht mit dem Kunstmarkt vergleichbar aber auf jeden Fall in vielen Bereichen überhitzt sind. Allem voran steht hier das Thema der Qualitäten – binnen Sekunden können wir heute zwar Preise vergleichen, doch der Vergleich der Qualitäten ist verlustig geraten und das ist das wahre Problem.
Hier ist richtig viel Geld angezündet worden – doch diesen Cash Burn werden so manche erst in den nächsten Jahren realisieren. Industriell massengefertigte Fahrzeuge, die noch dazu heute nach wie vor in großen Stückzahlen verfügbar sind, können sich nicht mehr so weiterentwickeln – selbst wenn das Markenimage mit professionellem Marketing noch so gepflegt wird. Hier wird es zu Korrekturen kommen. Besitz und Betrieb von klassischen Automobilen bleibt in der Regel ein Hobby, das wie jedes andere auch nun mal Geld kostet. Ja, man kann unter besonderen Voraussetzungen mit einem Investment in ein klassisches Automobil eine geldwerte Nettorendite erwirtschaften.
Doch das beginnt wie gesagt beim Thema Qualität und dann die selbstkritische Ehrlichkeit zum Verhältnis der Aufwendungen und zum hypothetischen Ertrag. Bei Fahrzeugen der Klasse unter € 200.000,- in Zustandsnote 2 ist eine reale Rendite defacto auszuschließen.
Wenn ein Veranlagungsaspekt mitverfolgt wird, so sehe ich hier vorrangig imagestarke Sportwagenraritäten, die in geringen bzw. geringster Stückzahlen entstanden sind, in entsprechend hoher Qualität dazu geeignet.
Sehen Sie einen personellen Generationswechsel im Markt für klassische Fahrzeuge? Wenn ja, wie stehen Sie dazu?
Er ist ja schon teilweise da. Die Zielgruppe für uns professionell kommerziell tätigen Anbieter wird möglicherweise in der Anzahl der Köpfe zwar kleiner, wiewohl diese ihr Pro-Kopf-Vermögen weiter vermehren wird. Die Begeisterung am Thema Eigenmobilität im Sinne „Autofahren“ und „Autobesitz“ sowie die Identifikation mit dem „Statussymbol Automobil“ ist unter den Jungen stark zurückgegangen. Die Prioritäten haben sich hier in den letzten Jahren gravierend verändert. Dies hat bereits jetzt im aktuellen Zugang Auswirkungen. Die Projektion dieser Entwicklung wird massive Auswirkungen auf die Zukunft des zukünftigen historischen Automobils haben. An der Basis der Bewegung bzw. für die Mittelschicht ist durch die extreme Verteuerung der Arbeitsleistung das Hobby zwischenzeitlich so teuer und aufwändig, so dass es für den Durchschnittsbürger mit all seinen heutigen Verpflichtungen nicht mehr möglich ist sich hier zu finden. Einst brauchte man 1/3 des Einkommens zum Wohnen, 1/3 zum Essen und 1/3 blieb für Unfug. In Anbetracht, dass heute schon mal 60 Prozent des Einkommens der volkswirtschaftlichen Basis für Wohnen aufgehen können, wird es schwierig über finanzintensive Hobbies nachzudenken. Der Urlaub mit Partner oder Familie als andere Form der Freizeitgestaltung hat hier auf jeden Fall Vorrang.
Das Ausgangsmaterial „Auto nach Baujahr 2000“ hat einen klar definierten Produktlebenszyklus – sprich das „Wegwerfauto“. Ein 10 Jahre altes, mit Elektronik vollgestopftes Auto am Leben zu erhalten, wir sehr schnell zum Desaster. Obwohl wir als Betrieb einen Bogen um bereits fast historische Fahrzeuge mit umfassender Elektronik machen, so bleibt uns dies manchmal nicht erspart und wir erleben den Kampf schon jetzt. Die Elektronik eines Mercedes-Benz S 600 V12 W140 bringt man wirtschaftlich gesehen nicht in Griff. Die voranschreitende Überalterung der Szene wird kurz über lang zur Überschwemmung des Marktes mit Fahrzeugen im unteren und mittleren Segment führen – ganz besonders wird das mäßig motorisierte Limousinen aus der Zeit des Wirtschaftswunders bis in die 1970er betreffen. Bereits jetzt ist das Interesse für schwach motorisierte Vorkriegsfahrzeuge vollkommen zum Erliegen gekommen – nur starke und offene Top-Modelle des Formates Bentley, Lagonda etc. sind davon nicht betroffen.
Was ist für Sie ein absolutes „Tabu“ in Sachen Klassiker?
All diese „pimp my ride“ Sendungen oder diese Schnellrestaurierungsunterhaltungsprogramme“ aus dem US-amerikanischen Fernsehen, die die Welt verblöden. Ansonsten gilt: erlaubt ist alles was Spaß macht und legal ist – ich muss nicht jedem gefallen, mir muss nicht alles gefallen und ich muss ja nicht bei allem mitmachen.
Wo hört für Sie das Thema „Klassiker“ auf und vor allem warum?
Mit der Tuner-Szene und deren Produkten habe ich nichts am Hut – auch wenn letztere dann einmal 30 Jahre alt sind.
Welche modernen Fahrzeuge haben für Sie das Potenzial, in 30 Jahren ein wirklicher Oldtimer zu werden?
Aus der derzeitigen Sicht leider keines – wir werden die Elektronik in seiner aktuellen Diversifizierung nicht am Laufen halten können, weil die Nachfertigung so vieler täglich mehr werdender elektronischer Bauteile wirtschaftlich nicht darstellbar sein wird.
Obwohl wir im Hödlmayr Classic Car Center einen Bogen um Fahrzeuge mit umfassender Elektronik machen, bleibt uns dies manchmal nicht erspart und wir erleben den Kampf schon jetzt.
Wie sehen Sie die Zukunft des Klassikerhandels und welche Herausforderungen gibt es?
Die Durchdigitalisierung des offenen Marktes hat dazu geführt, dass wir zwar in wenigen Sekunden Preise erheben können und wir glauben diese vergleichen zu können, wobei aber der Markt dadurch verlernt hat Qualitäten zu vergleichen und zu erkennen. Hier ist bereits eine Läuterung am Horizont zu erkennen. Gute Qualitäten werden immer ihren Platz im Markt haben – und nur mit guten Qualitäten hat der Kunde Spaß und Freude.
Es wird in den nächsten Jahren viel durch den Rost fallen, was nicht wirtschaftlich vertretbar in seinem Zustand auf ein solches Niveau gebracht werden kann. Dies dem Markt verständlich zu machen, wird uns Profis viel Nerven und Zeit kosten – zumal hier schon viel Geld angezündet wurde und nach wie vor wird.
Derzeit werden viele dieser Fahrzeuge über den Auktionsweg verwertet, da der Fachhandel bereits jetzt die Finger davon lässt oder die Vorstellungen des Verkaufswilligen nicht mit der fachlichen Sicht des Fachhandels vereinbar sind. Seriosität und Sachverstand wird wieder einen Stellenwert bekommen – und auch der in den vergangenen Jahren ausufernde Wildwuchs an aus dem fachlichen Nichts aufgetauchter Händler wird zu einer Selbstbereinigung führen.
Das beste Marketing, die tollste Werbung und der perfekteste Verkäufer haben noch nie Auswirkung auf die Qualität des Produktes gehabt – doch um letzteres geht es aber. Und dazu braucht man Leute, die nicht nur einen akademisch theoretischen Zugang zum Thema haben, sondern über Wissen und Erfahrung aus Jahren der Praxis verfügen – und denen sollte der Kunde zuhören.
Was würden Sie einem „Oldtimer-Neuling“ am liebsten mit auf den Weg geben?
Kaufen Sie sich das Beste, was Sie von Ihrem Wunschobjekt am Markt bekommen – auch wenn es doppelt so viel kostet, wie ursprünglich geplant. Es macht nachhaltiger Spaß und ist auf Sicht auf jeden Fall billiger, als dann laufend hineinzureparieren… von den Nerven einmal gar nicht zu reden…
Kontakt zum Hödlmayr Classic Car Center
Oliver F. Bulant
Tel.: +43 (0)7262660 29011
[email protected]
www.classiccarcenter.at
Fotos Hödlmayr Classic Car Center
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