Buchtipp | R Gruppe – Die Bruderschaft

R Gruppe Frank Kayser Rbook Porsche (11)

Gedanken zu einem außergewöhnlichen Porsche-Buch über die verschworene R Gruppe in den USA von Jürgen Lewandowski

Hinter jedem außergewöhnlichen Buch steht eine außergewöhnliche Geschichte – so erhielt der preisgekrönte Fotograf Frank Kayser vor ein paar Jahren den Auftrag, für ein Porsche-Magazin ein Portrait der R Gruppe zu schaffen. Als er in Amerika ankam, fürchtet er zunächst, er würde vor einer Mauer stehen. „Die besitzen schon einen gewaltigen Promi-Status“, sagt er zum stern. „Aber dann waren sie alle ganz herzlich und erdverbunden. Typen wie du und ich.“ Er sei wohl auch so einfach akzeptiert wurden, weil er schon immer von diesen „alten Karren“ infiziert gewesen sei.

Die R Gruppe – das „R“ bezieht sich auf den sagenumwobenen ersten 911 R, den Ferdinand Piëch im Herbst 1966 angedacht hatte, und von dem nur 19 Exemplare (oder eigentlich 20 – aber das ist eine andere Geschichte) gebaut werden sollten. 500 wären in zwölf Monaten zur Homologation nötig gewesen, aber der Wagen geriet derart teuer, dass er als Fata Morgana in die Porsche-Geschichte einging.

R Gruppe – Good driving fun der Kings of Cool

Die R-Gruppe huldigt Steve McQueen, dem King of Cool, und alten Porsche-Modellen, die – und das ist essentiell – gefahren werden müssen. Bei jedem Wetter, zu jeder Tageszeit. Hier wird der Geist der frühen Jahre des Motorsports bewahrt. Im Zentrum steht der Club, die alten luftgekühlten Porsche und der Lifestyle einer Bruderschaft. In der R Gruppe treffen sich Menschen aus allen Schichten. Architekten, Millionäre, Metzger und Holzfäller. Alle arbeiten zusammen an ihren Wagen – und darum geht es in dem Klub. Es werden keine Ausstellungsstücke gepflegt, die nur einmal im Jahr bei gutem Wetter auf die Straße dürfen. In der R Gruppe wird selbst geschraubt. Es geht um das gemeinsame Fahren und die Autos. „Good driving Fun“, so drückt es ein Clubmitglied aus. „Wenn einer ein Problem hat, packen alle zusammen an,“ sagt Kayser. „Das ist ein wenig so wie bei den Hells Angels nur ohne das Kriminelle.“

Zurück in Deutschland hat er dann die Bilder abgeliefert. Aber das war nicht genug. „Der Artikel, der dann erschien, war mir zu schön, zu glatt, zu werblich.“ Das passte nicht zur R Gruppe und nicht zu ihm. Der Werber wollte etwas Authentisches machen, etwas über echte Menschen und echte Autos sagen. Also wollte er ein Buch machen – gemeinsam mit einem großen Verlag. „Die waren von der Idee begeistert. Aber sie wollten alle ein Buch herausbringen, das sich vor allem gut verkauft. Es durfte nicht zu teuer werden. Und nicht zu groß. Es sollte ins Programm passen.“

R Gruppe – Authentisch und unangepasst

Das wollte Kayser nicht. „Also bin ich zur Bank gegangen, habe einen Kredit aufgenommen und bin mit meinem Team in die USA geflogen.“ Sechzehn Monate hat er an dem RBook gearbeitet. Authentisch und nicht angepasst ist das Resultat. Herausgekommen ist ein Statement, das – so Kayser: „weit über einen nischigen Autoklub hinausgeht. Wie die R-Gruppe selbst will sich das Buch vom Belanglosen und Vergänglichen trennen. Von der Flut der Bilder aus der Werbung und auf Instagram“. Kayser sagt, es geht nicht um ihn selbst. Er wolle sich kein Denkmal setzen. „Ich wollte einfach ein kompromissloses Buch machen, das den Leuten auch noch in zwanzig Jahren gefällt.“

Ihm gefällt auch, dass diese Jungs ein Mittel gefunden haben, um nicht am eigenen Ruhm zu ersticken. Die Zahl der Mitglieder ist auf 300 limitiert. Wer hinein will, muss sich bewerben und bewähren. „Du musst etwas für den Klub tun. Zeigen, dass du dazu gehörst.“ Dann kann es sein, dass man aufgenommen wird. „Aber für jeden, der aufgenommen wird, muss jemand gehen. Jemand, der nichts mehr für den Klub getan hat.“ Reiche Oldtimerposer haben keine Chance. Gründungsmitglied Cris Huergas fasst es so zusammen: „If you’re an asshole, you’re not gonna get into this club!“

Mit 580 Seiten Umfang und 824 Fotos ist „theRBook“ das wahrscheinlich außergewöhnlichste Porsche-Buch der letzten Jahre geworden – vergleichbares gibt es nicht. In diesem Monolithen hat der legendäre Klub ein Porträt gefunden, das genauso kompromisslos ist wie der Verein selbst. Mehr als Empfehlenswert – ein Must in jedem Buchregal für Porsche-Afficionados, die von den hochglanzpolierten Concours-Fahrzeugen die Nase voll haben.


Frank Kayser: R Gruppe

R Gruppe Frank Kayser Rbook Porsche (11)

Preis: 180,00 EUR (Limited Edition 700: 300,00 EUR)

ISBN: 978-3-00-065178-6

Frank Kayser: R Gruppe ist im Buchhandel Ihres Vertrauens oder direkt im RBook Shop verfügbar.


Fotos The RBook

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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