In den Classic Trader Händlerportraits stellen wir Ihnen regelmässig ausgewählte Oldtimer-Händler vor, die unser standardisiertes Interview bestehend aus 15 Fragen beantworten.

15 Fragen an Michael Gross von ChromeCars

Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor. Was ist das Spezialgebiet Ihres Unternehmens?



Mein Name ist Michael Gross. Als Head of Business Development and Sales bei ChromeCars hilft mir meine jahrelange Erfahrung im Automobilhandel, meine Passion für altes Blech und meine umfangreiche Start-up Erfahrung im Digital und Oldtimerbereich.

Wir bei ChromeCars suchen auf der ganzen Welt nach besonderen, historischen Fahrzeugen. Wir lieben unberührtes, gelebtes Blech; die limitierten Exemplare; die Unikate; die Geschichten. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht solche Fahrzeuge aufzustöbern um neue Besitzer dafür zu finden.

Wann sind Sie dem „Virus“ klassischer Fahrzeuge verfallen? Gab es ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Kindheit / Jugend, das Sie zum Oldtimer-Enthusiasten gemacht hat?



Als ich ca. 3 Jahre alt war restaurierte mein Vater einen MGB den er von unserem Irland Aufenthalt nach Wien umzog. Als neugieriges Kind musste ich natürlich immer zusehen und „helfen.“ Irgendwann als ich unter dem Auto lag ging die Benzinleitung ab und ich wurde getauft. Abgesehen von dieser ersten Erinnerung hatten Oldtimer immer einen hohen Stellenwert in meiner Familie. Natürlich musste dann auch zum achtzehnten Geburtstag ein Oldtimer her. Auf einem Schrottplatz nahe Wien fand ich einen 1956 Oval Käfer der seitdem in meinem Besitz ist. Mittlerweile hat er ein paar Freunde bekommen, aber ich bin Stolz mein erstes Auto immer noch zu besitzen

Was mögen Sie an Ihrem Job am meisten – was am wenigsten?



Wir bei ChromeCars sind weltweit auf der Suche nach spannenden Fahrzeugen. Dadurch habe ich die Möglichkeiten viele spannende Personen kennen zu lernen und wunderbare Fahrzeuge an entlegenen Orten zu entdecken. Weiters kann ich meine Erfahrungen und mein Know How im Oldtimermarkt und im Digitalbereich gerade voll ausschöpfen und umsetzen.
Ich würde mir wünschen dass in unserem Business und generell im Businesskontext ein Handschlag noch als Handschlag zählt.

Welche Marke(n) hat / haben es Ihnen angetan? Welches sind Ihre drei Lieblingsklassiker und warum?



Die Marke Volkswagen hat es mir angetan. Ich kann mittlerweile 3 Fahrzeuge aus dem Hause Volkswagen mein eigen nennen. Zuerst natürlich mein Ovali der mittlerweile „period correct“ für 1956 frisiert wurde. Das ganze nennt sich Vintage Speed und ärgert viele 356 Porschefahrer bei diversen Oldtimerveranstaltungen. Als zweites fand ich letztes Jahr einen 1963 Käfer der Original mit einem Okrasa TSV 1300 Motor ausgeliefert wurde. Der Wagen ist komplett Matching Numbers mit einmaliger, perfekt dokumentierter Historie. Der dritte Wagen ist für meine Familie und mich die Sommerresidenz. Es handelt sich um einen VW T2a Westfalia im unrestaurierten Originalzustand mit dem wir jedes Jahr auf Tour gehen und Europa bereisen. Mein Lieblingsklassiker, neben den 3 die ich eben aufgezählt habe ist der Lotus Cortina MK1. Diese kleinen Sportwagen mit 4 Zylindern und „nur“ 105 PS waren damals mit den heutigen BMW M3 zu vergleichen und haben alles gewonnen, egal ob auf der Rundstrecke oder auf Rallyes. Viele Größen des Automobilsports aus der Zeit sind Lotus Cortina gefahren. Selbst Ronny Biggs hat 1963 für den großen Postzugraub in England einen Lotus Cortina MK1 als Fluchtwagen verwendet.

Was war das außergewöhnlichste Fahrzeug, mit dem Sie es bisher zu tun hatten?



Bei meinem Job habe ich das Glück viele interessante und außergewöhnliche Fahrzeuge zu sehen. Eines der außergewöhnlichsten Fahrzeuge mit dem ich je zu tun hatte ist definitiv unser GM Futurliner #9. Das Fahrzeug und seine Geschichte sind außergewöhnlich. Jedoch gibt es bei uns noch ein paar weitere, sehr spannende Fahrzeuge über die ich aber noch nicht sprechen möchte.

Thema Wertsteigerung / -erhalt: Auf welches Pferd sollte man jetzt setzen? Wie glauben Sie wird es mit der Wertentwicklung in den nächsten Jahren weitergehen?

Ich denke dass die letzten Jahre sehr viele Investoren klassische Automobile gekauft haben die keine Passion für die Fahrzeuge hatten, sondern diese als Investment Opportunity für Ihr Portfolio betrachtet haben. Dies erklärt auch die Rekordpreise der letzten Jahre. Die letzten Auktionsergebnisse haben jedoch gezeigt dass sich dieser „High Ruler“ Markt wieder auf sein normales Niveau zurück entwickelt. Unseren Kunden empfehlen wir immer ein Fahrzeug zu kaufen, dass sie gerne fahren möchten und nie an den Return on Investment denken sollten. Im besten Fall verdient man ein bisschen Geld beim Verkauf. Doch das sollte nicht der Grund eines Kaufes sein. Abgesehen davon dass die oft kommunizierten Zahlen und Berichte über sicheres Investment nicht stimmen. Hier wird immer vergessen, dass weitere Kosten anfallen, da man ein Fahrzeug auch unterstellen, Versicherung zahlen, Instand halten usw. muss.
Vorkriegsfahrzeuge werden immer uninteressanter. Es gibt immer weniger Leute die diese Modelle noch kennen, geschweige denn Sie bewegen wollen. Abgesehen natürlich von Vorkriegsrennfahrzeugen, die eine Eintrittskarte für die großen Events wie Goodwood Revival, Monte Carlo Historique Grand Prix oder Classic Le Mans sind. Fahrzeuge aus den 80zigern sind im Moment ein Pferd auf das ich setzen würde, Fahrzeuge die in geringer Stückzahl gebaut wurden und Fahrzeuge mit einmaliger Historie.
Ich persönlich schaue auf originale, unrestaurierte Fahrzeuge mit guter/interessanter Historie. Ich mag es wenn man einem Fahrzeug sein Alter ansieht. Mittlerweile ist es möglich jedes Fahrzeug perfekt zu restaurieren. Diese Fahrzeuge haben in meinen Augen aber keine Seele mehr. Außerdem weiß ich bei einem restaurierten Fahrzeug nie, wie viel des Bleches damals wirklich die Fabrik verlassen hat. Ich denke dass sich der Markt einpendeln wird nach den letzten Jahren der Rekordpreise. Originale unrestaurierte Fahrzeuge werden weiter im Wert steigen da diese immer mehr auch einen Kunststatus erreichen. Durchschnittsfahrzeuge werden es immer schwerer haben neue Käufer zu finden und die spanne zu Top Fahrzeugen wird immer größer werden.

Welches ist der aus Ihrer Sicht am meisten unterschätzte oder überschätze Klassiker und warum?



Als überbewertete Klassiker würde ich die Oldtimer beschreiben die ich bei jedem Händler finde. Wenn mir jemand von seiner perfekten Pagode erzählt, ich bei einer Veranstaltung den 20zigsten 911 sehe, dann gibt es bei mir keine emotionale Regung. Diese Fahrzeuge sind Massenware auf dem Oldtimermarkt und deshalb überbewertet.

Unterschätzte Klassiker sind die Massenfahrzeuge die früher an jeder Ecke standen und damals Gebrauchsgegenstände waren. Bei diesen Fahrzeugen ist es besonders schwierig noch originale, gut erhaltenen Stücke zu finden. Bei einem Ferrari kann man davon ausgehen das er immer gehegt und gepflegt wurde. Vom Käfer wurden Millionen gebaut dennoch ist es schwierig gut erhaltene, gepflegte Fahrzeuge zu finden. Auch ein Golf GTI ist ein unterschätzter Klassiker, da es auch hier wenige originale Fahrzeuge gibt. Die meisten wurden von 3 bis 9 Besitzer verheizt, umgebaut und getunt. Generell würde ich sagen, dass die Fahrzeuge für die Massen noch unterschätzt sind und gute Exemplare werden in nächster Zeit gute Preissteigerungen erreichen.

Sehen Sie einen personellen Generationswechsel im Markt für klassische Fahrzeuge? Wenn ja, wie stehen Sie dazu?

Ja, die jungen wilden kommen. Als ich mich vor 15 Jahren intensiver mit dem Oldtimer Markt beschäftigte und regelmäßig bei Oldtimerrennen, Messen und Auktionen teilgenommen habe, war ich immer alleine unter alten Männern und wurde immer belächelt. Mittlerweile sind immer mehr Junge Frauen/Männer im Oldtimermarkt tätig. Egal ob bei Autopflege, Versicherung oder eben im Handel. Wir bei ChromeCars arbeiten auch daran diese alten Strukturen aufzubrechen und frischen Wind in den Oldtimer Markt zu bringen.

Was ist für Sie ein absolutes „Tabu“ in Sachen Klassiker?



E10 Benzin.

Wo hört für Sie das Thema „Klassiker“ auf und vor allem warum?



Das Thema „Klassiker“ hört bei mir auf wenn man von Zukunftsklassikern spricht. Ich denke, dass die wenigsten der jetzt gebauten Fahrzeuge das Potential haben Klassiker zu werden. Abgesehen von dem Einheitsbrei, der angeboten wird, denke ich dass die wenigsten Fahrzeuge die nächsten 25 Jahre überstehen werden. Sei es wegen Elektronik oder der verbauten und verwendeten Materialien. Stichwort: geplante Obsoleszenz

Welche modernen Fahrzeuge haben für Sie das Potenzial, in 30 Jahren ein wirklicher Oldtimer zu werden?



Ich kann mir im Moment keines der derzeitigen Fahrzeuge als zukünftigen Klassiker vorstellen. Die Fahrzeuge die wir jetzt als Oldtimer bezeichnen, haben alle Ihre Alleinstellungsmerkmale, so dass ich Sie anhand der Silhouette schon erkennen kann, sie haben keine bis wenig Computertechnik, sie versprühen Emotionen und haben Ihre eigenen Fahrdynamiken. Auch wurden sie für die Ewigkeit gebaut. Moderne Fahrzeuge haben alle ein technisches Ablaufdatum und sehen bis auf ein Paar ausnahmen alle gleich aus.

Wie sehen Sie die Zukunft des Klassikerhandels und welche Herausforderungen gibt es?

Wir bei ChromeCars denken dass der Digitale Handel immer mehr Zuspruch bekommen wird. Eine große Herausforderung wird sein, den Kunden die Fahrzeuge digital so anzubieten als stünden Sie vor dem Fahrzeug und könnte es genau unter die Lupe nehmen.

Welches Fahrzeug möchten Sie unbedingt noch einmal fahren und vor allem warum?



Connaught B Type. Meine Familie hatte das Glück eines dieser Fahrzeuge kurzzeitig zu besitzen. Ich konnte den Wagen auf einem kleinen Testgelände kurz ausprobieren bevor er nach einer Teilnahme am Goodwood Revival verkauft wurde. Die pure, direkte Kraft die diesen zigarrenförmigen Wagen angetrieben hat, gepaart mit Vorwahlgetriebe und den ersten Scheibenbremsen die in der Formel 1 verwendet wurden waren ein unglaubliches Erlebnis. Wenn ich noch dazu die Wahl zur Strecke hätte, würde ich die Grand Prix Strecke in Monte Carlo wählen.

Was sind Ihrer Meinung nach die schönsten Strecken, die man mit einem Oldtimer „erfahren“ kann?



Nordspanien und die Küste von Portugal wenn man Zeit und einen VW Bus hat.
Englische Landstraßen. Der Großglockner ist für jeden Oldtimerfahrer ein Muss. Das Salzburger Land.

Was würden Sie einem „Oldtimer-Neuling“ am liebsten mit auf den Weg geben?



Es kommt darauf an was man will. Als erstes empfehle ich sich in das Thema Oldtimer einzulesen um ein Verständnis für diese Fahrzeuge und die alte Technik zu bekommen. Als nächstes sollte man sich auf Messen erkundigen und einen Händler seines Vertrauens kennen lernen. Ein guter Händler sollte sich die Zeit nehmen, Sie richtig zu beraten um zu evaluieren welches Fahrzeug das Richtige ist.

Wir bei ChromeCars nehmen uns Zeit die Kunden kennen zu lernen um mit Ihnen das richtige Fahrzeug zu finden. Dies ist meist abhängig von der Lebenssituation, von den Einsatzgebieten wo der Wagen eingesetzt werden soll und natürlich von den finanziellen Möglichkeiten. Dann gibt es natürlich eine grundlegende Entscheidung ob man bei einem Händler kauft oder sich privat auf die Suche macht. Einem Neuling ohne technisches Verständnis würde ich von einem Privatkauf abraten. Es gibt bei einem Oldtimer so viele Details ( Zustand, Historie, Originalität ) die zu beachten sind, welche ein Neuling nicht wissen kann, der Händler aber die Erfahrung hat. Außerdem ist der Händler verpflichtet Gewährleistung auf seine Fahrzeuge zu geben.

Falls die Entscheidung doch auf den Privatkauf fallen sollte, kann ich nur dies empfehlen.
„Wenn du 10.000 Euro zur Verfügung hast, kauf Dir einen Wagen um 5.000 Euro. Für den Rest kauf dir Werkzeug, eine Reperaturanleitung und miete dir eine Garage zum schrauben“

Kontakt zu ChromeCars

Michael Gross
Im Ehrlicht 1
07646 Jena

Tel.: +49 (0)3641 6373-1777

Text ChromeCars, Michael Gross Fotos ChromeCars

Autor: Classic Trader

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