Mit dem Stern auf den Spuren von Paul Pietsch

Paul Pietsch Classic

Mit großer Freude nahm ich das Angebot an, mit Renate Freiling – einer mir bis dato persönlich nicht bekannten PR-Beraterin und Journalistin – die diesjährige Paul Pietsch Classic Rallye im Schwarzwald zu fahren und war für den Rest des Tages aufgeregt wie ein Kind vorm Geburtstag. Aufgeregt in zweierlei Hinsicht: Zum einen war es nach der ADAC/VBA Rallye im September 2015 erst meine zweite „Prüfung“ dieser Art und zum anderen sollte es dann gleich dieses besondere Großereignis sein, zu dem Teilnehmer aus ganz Europa anreisen. Die Überraschungen rissen nicht ab als das Rallye-Fahrzeug bekannt gegeben wurde: Ein Mercedes-Benz 300 SL von 1987, ein R107 der 6-Zylinder Reihe mit 180 PS, zur Verfügung gestellt von den „ALL TIME STARS„, die Verkaufsfahrzeuge vom Mercedes-Benz Museum in Stuttgart!

Ich zählte die Tage rückwärts und verbrachte die Abende mit dem Lesen von Rallye-Büchern, dem Studieren alter Roadbooks, dem lauten Runterzählen von Sekunden nach Stoppuhr (gefahren wurde in der Sanduhrklasse) und dem googlen der Wettervorhersage für die Region um Donaueschingen. Es wollte sich einfach nicht ändern: Regen, Wolken, Gewitter. Dementsprechend verlief dann auch der Flug am 2. Juni von Berlin nach Stuttgart – wir rumpelten durch die Luft und freuten uns auf einen ruhig auf der Straße liegenden Oldtimer. Nach einer sehr freundlichen und überaus unkomplizierten Übergabe des R107 am Mercedes-Benz Museum in Stuttgart, durfte ich die erste Strecke von 125 km nach Donaueschingen fahren und fühlte mich großartig!

Wir fuhren direkt zur Akkreditierung und technischen Abnahme zu den Donauhallen und rollten den Mercedes zu den anderen „Perlen“ auf den Parc Fermé. Spätestens ab diesem Moment stellte sich ein Lächeln auf unseren Gesichtern ein, das bis Sonntag anhalten sollte. Startnummer 48 wurde auf Türen und Windschutzscheibe geklebt und nun waren wir unter 110 Fahrzeugen ganz offizieller Starter für die kommenden beiden Tage, ausgestattet mit Roadbooks und Bordkarten. So machten wir uns dann auch gleich auf ins Hotel, um den ersten Renntag vorzubereiten und uns über die Finessen der Prüfungen und die optimale Herangehensweise im Cockpit zu beraten. Der Abend fand einen schönen Ausklang beim Get-Together im Fürstenberg Bräustüble. Natürlich ging es an allen umliegenden Tischen nur um eins: Benzingespräche.


Mercedes-Benz 300 SL R107 Paul Pietsch Classic 2016 4


Paul Pietsch Classic 2016 – Tag 1

8 Uhr Begrüßung und Fahrerbriefing durch Harald Koepke und sein Team und im Anschluss erfolgte die Startaufstellung. Pünktlich um 9:01 Uhr rollte der erste Wagen in den Vorstart. Offizieller Start für Wagen 48 war laut Aushang um 9:48 Uhr und diese Zeit verging rückblickend für uns wie im Flug. Eben noch das Bulletin mit den Änderungen der Streckenführung aufgeschnappt und schon reihten wir uns hinter unseren Teamkollegen von Classic Trader mit den Startnummern 46 und 47 ein. Für den ersten Tag hatte ich den Vorzug, den Wagen fahren zu dürfen und das Gehirn rechts sitzen zu lassen. Denn was nun folgte, sollte man gut beherrschen und Renate hatte einige Rallyes mehr an Erfahrung. Eine Ansage jagte die nächste: „Nach 90m überqueren wir eine Brücke, danach links abbiegen, nach 130m hinter dem Haus rechts abbiegen, Stempelkontrolle. Weiter nach 170m an der Kreuzung rechts, nach 150m T-Kreuzung links, Kreisverkehr 3 Uhr raus….“ usw. Ich musste „nur“ fahren, dennoch versuchte ich gleich aufzuschnappen, welche Ansagen mir helfen und welche ich nicht notwendig finde, welche präziser sein könnten, welche genau so richtig waren wie sie kamen… denn für den 2. Tag war Platztausch vereinbart.

Aber „nur“ Fahren, das muss sicher nicht erwähnt werden, ist auch kein leichtes Unterfangen. Die kurvige Streckenführung macht zwar Hölle Laune, erfordert aber eine hohe Konzentration. Ebenso natürlich wie die Beachtung des weiterhin stattfindenden öffentlichen Straßenverkehrs, der im Rallye-Tunnelblick leicht außer Acht gelassen werden kann. An die Wertungsprüfungen tasteten wir uns langsam ran und dank des vom Veranstalter eingerichteten SMS Service konnten wir nach jeder Gleichmäßigkeitsfahrt analysieren, wo denn nun eigentlich beim R107 das echte „Vorne“ ist. Denn in den meisten Fällen war ich ein paar Zehntel zu langsam (oder war es doch die Uhr?). Erschöpft, aber weiterhin mit allerbester Laune erreichten wir das Ziel des ersten Tages und gaben unsere Bordkarte ab.
Es folgte ein wunderbarer Abend in der Alten Hofbibliothek von Donaueschingen. Und man sollte meinen, die Teams halten sich in Intensität und Dauer des Abends im Hinblick auf den nächsten Rallyetag etwas zurück. Aber auch hier habe ich dazu gelernt. Es wurde gelacht und gefeiert und es gab… Benzingespräche.

Paul Pietsch Classic 2016 – Tag 2

Entgegen vieler Aussagen zum Thema, dass doch der Fahrerjob der schönere sei, muss ich sagen, dass das Roadbook Lesen und Navigieren auch eine ganz feine Sache ist. Es macht unglaublich Spaß, den richtigen Weg zu finden und dem Fahrer alle relevanten Informationen präzise zu übermitteln und gleichzeitig den Gesamtüberblick über die Etappe nicht zu verlieren. Denn am Ende gibt es ja nach einem langen Abschnitt auch eine Sollzeit zu erfüllen. Also zwischendurch Abgleich des Tageskilometerstands mit dem Roadbook, Restzeit ermitteln, Schnitte errechnen. Auf die Wertungsprüfungen freute ich mich immer besonders. Renate und ich wurden als Team immer besser und hatten eine optimale Kommunikation gefunden. „Du rollst langsam an, ich zähle laut runter, bei 4 musst Du durch die erste Lichtschranke sein. Dann etwas mehr Gas und bei Null durch die zweite.“ Und das klappte richtig gut. Am Ende dieses Tages sind Renate und ich mit dem 4. Platz der Tageswertung aus dem Rennen gegangen.

In der Gesamtwertung der Paul Pietsch Rallye 2016 haben wir den 12. Platz erreicht und haben beschlossen, nicht das letzte Mal zusammen gefahren zu sein. Am Abend wurde der Erfolg beim Galadinner im Fürstlich Fürstenbergischen Residenzschloss gefeiert. Vielen Dank an das Team der Motor Presse Stuttgart für die super organisierte Veranstaltung, an die „All Time Stars“ vom Mercedes-Benz Museum für die großzügige Leihgabe des schönen R107 und nicht zuletzt an das Team von Classic Trader, die mir die Teilnahme an der Paul Pietsch Classic 2016 ermöglicht haben!


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Text Katrin Czempin // Fotos Motor Presse Stuttgart, Classic Trader


Autor: Classic Trader

Die Classic Trader Redaktion besteht aus Oldtimer-Enthusiasten, die Euch mit spannenden Geschichten versorgen. Kaufberatungen, unsere Traum Klassiker, Händlerportraits und Erfahrungsberichte von Messen, Rallyes und Events. #drivenbydesire

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