Kolumne Zeitsprünge | Lancia Kappa Coupé – Bellissimo!

1997 Lancia Kappa Coupe 3.0 k (22)

Das Lancia Kappa Coupé bietet klassische Eleganz zum Preis von 74.900 Mark.

Nein, beginnen wir diesen Bericht nicht mit der so oft gestellten Frage, warum es Menschen gibt, die für weniger Türen, weniger Innenraum und höheren Wertverlust mehr Geld ausgeben – also ein Coupé kaufen. Die einzig mögliche Antwort heißt sowieso nur: Es ist die Lust auf diese gewisse Individualität, die den einen von den anderen unterscheidet. Und dass dieses Plus an Individualität eben seinen Preis hat, das bedarf dann keiner Erklärung mehr – schließlich sind die Uhr mit dem „C“ und die Stereoanlage mit dem „B & O“ auch etwas teurer.

Die 1907 gegründete italienische Edelmarke Lancia ist mit diesem Konzept immer gut gefahren – davon zeugen die legendären Gran Tourismo-Modelle der Vergangenheit, die auf Namen wie Astura, Aprilia, Aurelia, Flaminia oder Stratos hörten. Lancia war immer die Marke der Arrivierten mit einem Hang zum Understatement, und der wundert es auch nicht weiter, dass die Nachfahren des Firmengründers Vincenzo Lancia – der seine Karriere als Rennfahrer bei der acht Jahre zuvor gegründeten FIAT SpA begonnen hatte – weiterhin auf elegante Formen setzen, die den automobilen Individualisten gefallen.

Das Lancia Kappa Coupé in guter Tradition des Hauses

Und diese Leute stört es dann auch nicht, wenn das neue Top-Modell des Hauses mit seinen Formen und dem reichlichen Einsatz von Chrom schöne Erinnerungen an die Vergangenheit weckt. Im Gegenteil: Der Lancia-Design-Fundus verfügt über ein reichliches Angebot an klassischen Formen, die einen Autoliebhaber auch heute noch zu Ahs und Ohs hinreißen. Außerdem ist Retro ganz allgemein wieder Mode – und was die originär modernen Formen betrifft, so müssen sie auch erst einmal beweisen, ob sie in 20 oder 30 Jahren ebenso zu einer Neuauflage taugen.

Die Basis des neuen Lancia Kappa Coupé stammt von der k-Limousine – allerdings hat man ihr zwölf Zentimeter Radstand genommen, damit die Proportionen dann auch klassisch-elegant geraten konnten. Das hat natürlich zu leicht veränderten Sitzverhältnissen geführt: Vorne können sich zwei Sitzriesen limousinenmäßig räkeln – hinten bekommen wohl nur kleine bis mittelgroße Kinder Lust auf eine längere Autoreise. Da Coupés aber eher in die Hände von Singles oder kinderlosen Ehepaaren kommen, ist diese Raumaufteilung durchaus angemessen und auch akzeptiert – zumal der Kofferraum die beachtlichen Limousinen-Maße behalten hat.

Überhaupt, auf den Innenraum kommt es doch an. Und hier wäre Lancia seine Coupé-Tradition untreu geworden, wenn nicht auch beim jüngsten Modell das Interieur in reichlich Leder gehüllt wäre – natürlich auch die Türverkleidungen und die Mittelkonsole. Nicht weniger als zwölf verschiedene Leder-Farben stehen zur Auswahl – manche zeugen vom italienischen Mut zur Farbe, andere sind eher dezent und unauffällig.

Lancia Kappa Coupé – Der edle Gleiter

Für den Antrieb stehen im deutschen Modellangebot zwei Triebwerken zur Wahl: ein 2,4-Liter-Fünfzylinder mit 129 kW (oder 175 PS), der seine Maximalleistung bei 6.100/min abgibt – und für Käufer, die es gerne etwas sportlicher haben wollen, ein 3-Liter-Sechszylinder in seine 150 kW (oder 204 PS) bei 6.300/min bereitstellt. Die Höchstgeschwindigkeiten liegen bei 218 bzw. 220 km/h. Die Verbrauchswerte pendeln sich je nach Fahrweise zwischen zehn und 15 Litern auf 100 Kilometer ein.

Bei Lancia geht man wohl zu Recht davon aus, dass die Käufer ihrer Coupés weniger auf möglichst niedrige Beschleunigungswerte Wert legen – mit knapp unter zehn Sekunden für den Spurt von Null auf Hundert kann man dennoch in jeder Verkehrssituation gut mithalten. Lancia Kappa Coupé Fahrer wollen aber in erster Linie mit Komfort verwöhnt werden, etwa mit seidenweichen Schaltvorgängen, und dafür dürfte die Viergang-Automatik die richtige Wahl sein. Sie zählt zu den angenehmsten ihrer Gattung.

Natürlich hat auch das neueste Lancia Kappa Coupé seinen Preis – denn diese Art von gutem Geschmack war ja schon immer etwas teurer. So müssen für den Fünfzylinder 63.100 Mark, für den Sechszylinder (in der Automatik-Version) 74.900 Mark bezahlt werden.

Das ist viel und wenig Geld zugleich. Viel, weil es auf dem großen, weiten Automarkt in dieser Kategorie auch billigere Coupés gibt. Und wenig, weil der Kauf eines solchen Wagens für die vielgesuchte Exklusivität bürgt: Jährlich werden nicht mehr als 300 dieser klassisch-schönen Coupés in Deutschland ausgeliefert.


Dieser Text ist erstmals in Oktober-Ausgabe 1997 von Penthouse erschienen.


Fotos Classic Trader

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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