Britische Motorräder – BSA & Brough Superior

Britische Motorräder 1926 Brough Superior SS 100 (2)

Eine reiche Automobil-Tradition geht in den meisten Fällen auch mit einer langen Geschichte von Motorrädern einher. So auch in Großbritannien, wo einige bedeutende Marken gegründet und besondere britische Motorräder gebaut wurden. Manche haben sich bis heute gehalten, andere müssen sich immer wieder neu (er)finden und etliche sind von der Bildfläche verschwunden.

Britische Motorräder – BSA

Eine dieser Marken mit einer langen, aber mitunter auch nicht ganz leichten Geschichte ist BSA. Der Ursprung der Firma liegt in der Waffenproduktion, wie der ausgeschriebene Name verrät: Birmingham Small Arms Company Limited. Zunächst mit dem Fokus auf Militär- und Sportwaffen kamen im Laufe der Jahrzehnte weitere Geschäftszweige hinzu. Das Logo mit den drei gekreuzten Gewehren blieb aber bestehen.

Auf der Olympia Show in London 1910 wurde erstmals ein Motorrad präsentiert. Mit der der BSA 3 ½ hp wurde in den ersten Jahren der erfolgreiche Grundstein für die Zweiradproduktion gelegt.

So richtig los ging die Motorradproduktion aber erst mit der Vorstellung von Model E im Jahr 1919. Die Maschine mit dem neu konstruierten 770 ccm³ großen V-Twin-Motor bildete den Wendepunkt des Unternehmens. Der Erste Weltkrieg war zu Ende, Waffen wurden nicht mehr so sehr benötigt, dafür umso mehr Fahrzeuge. Also wurde die Produktion in Small Heath, Birmingham komplett auf Motorräder umgestellt.

Mit der B- und der M-Serie waren zwischen den Weltkriegen solide Einzylinder-Maschinen, vorwiegend seitengesteuert, mit Hubräumen zwischen 250 und 600 ccm³ im Angebot. Die M20 wurde auch noch während des Zweiten Weltkrieges für die Britische Armee weiter produziert.

Der Aufstieg zur Weltmarke gelang ab dem zweiten Weltkrieg. Auch wenn man vornehmlich an der Vorkriegsausrichtung mit langhubigen Einzylindermaschinen festhielt, reichte es, um sich gegenüber der Konkurrenz behaupten zu können. Eine BSA war zumeist schneller als ein vergleichbares Modell von Harley-Davidson oder Indian und wendiger als eine große BMW oder Zündapp.

Der Höhe- und Wendepunkt

Mit der Übernahme des Wettbewerbers Triumph schien die Welt offenzustehen. Und in der Tat wurde das Unternehmen im Laufe der 50er und 60er Jahre zum weltweit größten Motorradproduzenten. Aber wie es oft ist, werden im Erfolg die schwerwiegendsten Fehler gemacht.

Anstatt neue, innovative Modelle zu präsentieren, wurde an den traditionellen Modellen und Bauweisen festgehalten. Der Versuch, immer mehr aus den Motoren herauskitzeln zu wollen, führte zu Einbußen bei der Zuverlässigkeit. Auch wenn viele Modelle wie beispielsweise die A65 Spitfire auch Ende der 60er noch an der Spitze des Motorradbaus beheimatet waren, konnte man mit ansehen, wie sich immer mehr Kunden vom Traditionshaus abgewendet haben. Vor allem die neuen, innovativeren Maschinen, die aus Japan kamen, machten BSA und auch der Schwestermarke Triumph zu schaffen.

1968 kam es noch zu einem letzten Aufbäumen, aber wie sich herausstellen sollte, zu spät und zu falsch. Zugegeben, mit dem BSA 750 Rocket 3 gibt man einen neuen Weg; aber schon mit Produktionsbeginn wirkte das Dreizylinder-Modell altbacken und chancenlos gegen die Honda CB 750 Four beispielsweise. 1973 gingen in Birmingham schließlich die Lichter aus. Seit 2016 hält der indische Großkonzern Mahindra die Namensrechte an BSA. Ein Comeback ist angekündigt, auf ein neues Modell wartet man aber bisher vergeblich, nicht nur auf der Insel.

Britische Motorräder – Brough Superior

Während BSA zu Hochzeiten ein Hersteller für die breite Masse gewesen ist, gab es mit Brough Superior auch britische Motorräder für die oberen Zehntausend.

Der Rennfahrer und Konstrukteur George Brough baute ab 1919 in Nottingham exklusive und starke Motorräder. Er folgte damit der Familientradition, bereits sein Vater William fertigte Zweiräder. Was George aber mit seinen Modellen auf die Straße brachte, war ein gänzlich anderes Level.

Nach Kundenwünschen wurden in Einzelanfertigungen die Motorräder aufgebaut.

Für den Antrieb wählte er hauptsächlich großvolumige V-Zweizylinder-Motoren von J. A. Prestwich (J.A.P.), die für den Einsatz in den Brough Superior-Motorrädern modifiziert und leistungsgesteigert wurden.

Bis 1940 wurden knapp über 3.000 Britische Motorräder von Brough Superior in Nottingham gefertigt. Man spricht von 19 unterschiedlichen Modellen inklusive einiger Prototypen und Rennmaschinen. Hauptsächlich sind aber zwei Modelle bekannt, SS 80 und SS 100. SS steht wenig überraschend für Super Sports, die Zahl gibt die die Höchstgeschwindigkeit in Meilen an. Brough lieferte die Maschinen mit der Garantie ab, dass das Motorrad diese Geschwindigkeit mindestens erreicht. Es soll nie jemand diese Garantie in Anspruch genommen haben müssen.

Im Gegenteil, die solventen Kunden waren in fast allen Fällen uneingeschränkt glücklich mit den Maschinen, die für sie aufgebaut, abgestimmt und gegebenenfalls nochmals umgebaut wurden, wenn irgendetwas nicht ganz zur Zufriedenheit war. Einer der sehr zufriedenen Kunden war Thomas Edward Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien. Er bestellte insgesamt acht verschiedene Exemplare bei George Brough. Die Auslieferung des letzten Modells erlebte er allerdings nicht mehr. Auf der 1932 ausgelieferten Maschine, die er George VII taufte, kam er von der Straße ab und erlitt schwerste Kopfverletzungen, an denen er einige Tage nach dem Unfall starb.

Georg Broughs Träume

1938 präsentierte Brough ein neues Modell, das den Anspruch hatte, nicht weniger als das beste Serienmotorrad der Welt zu sein. Die Brough Superior Dream stellte in der Tat die SS 100 nochmal in den Schatten. Um mehr Laufruhe zu erhalten, hatte die Dream einen Vierzylinder-H-Motor, der zum ersten und einzigen Mal in dieser Anordnung in einem Motorrad verbaut werden sollte. Wirklich alles, von Motor über Fahrwerk bis Bremsen sollten herausragend sein.

Aus zwei Gründen sollte aus dem Traum-Projekt aber nichts werden: Der Beginn des Zweiten Wertkriegs und die viel zu hohen Produktionskosten sorgten dafür, dass nur zwei Exemplare je gebaut wurden. So wurde nach dem Ende des Krieges die Motorrad-Produktion nicht wieder aufgenommen.

Die Brough Superior-Motorräder waren schon immer selten und teuer. Neu kosteten sie damals nahezu einen durchschnittlichen Jahreslohn. Heute sollte man auch mit einer sechsstelligen Summe rechnen. 2019 wurde mit rund 500.000 € ein Preis-Rekord bei einer H&H Auktion erreicht. Beim Preis sind britische Motorräder also ganz weit vorne.


Fotos Tim Scott / Courtesy of RM Sotheby’s

Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

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