Description

Landyacht

Wer an eine Yacht denkt, der sieht vor seinem geistigen Auge so ein (mindestens) 25 Meter langes weisses Ungetüm, schön mit einer Menge Holz am Heck und zwei fetten Rolls Royce Turbinen unter demselben. Spritverbrauch so ca. 25 Liter auf die nautische Meile und ein Preisschild so gross wie eine Vasektomiewerbetafel an einem US-amerikanischen Strassenrand. Parkplatz bevorzugt im Hafen von Monaco, weil, im heimischen Pool steht so ein Viech zu wenig prominent. Ein Helipad ist natürlich ein «Must-have».

Adaptiert man dieses Prinzip auf die Strasse muss man ein paar positiv zu wertende Abstriche machen. Sechs Meter reichen schon, 25 Liter reichen unter Umständen für gute 100 Kilometer und das Preisschild hat sozialverträgliche Ausmasse. Böse Zungen behaupten, dass man dafür auch keinen Parkplatz findet, aber das liegt eher an der persönlichen Betrachtungsweise. Selbst findet man locker einen Parkplatz für so ein Boot, dafür aber zwei andere nicht mehr. Mutige dürften auch gleich bei den Bussen parken. Und, es könnte theoretisch auch ein Heli auf dem Coupé landen, aber das ist dann eher wieder etwas für die gewasserten Yachten.

Opulente Eleganz

Oder doch eher elegante Opulenz? Man wird es schon aus dem Augenwinkel wahrgenommen haben, wir sprechen hier von einem 1956 Cadillac Coupe De Ville. Und wenn man davorsteht, wird man vom rumstehen alleine nicht wirklich das ganze Auto auf einmal wahrnehmen können. Man muss sich schon einen kleinen Spaziergang gönnen, um sich einen Überblick über die Formen dieses Caddys verschaffen zu können. Und ja, ein Heli würde da auch helfen und man könnte mit diesem auch auf der üppigen Heckklappe landen, aber das wäre dann wohl doch ein wenig drüber.

Die Zeit welche man für eine ausführliche Betrachtung dieses KFZ’s benötigt, geht aber nicht nur für den reinen Fussmarsch drauf. Vielmehr sind es gefühlt tausend Details, welche so einen 56er Caddy zu dem Kunstwerk formen, welche ihn so unverwechselbar machen. Chromzierrat überall, sehr wenige gerade Linien, dafür umso mehr weibliche Rundungen. Namentlich die sogenannten Dagmar Bumpers, welche der Front diesen unverwechselbaren Auftritt verschaffen. Dieses Stilelement fand sich auf zahlreichen Autos jener Zeit und vor allem auf jenen, welche der kreativen Feder von Designer Harley Earl entsprungen sind. Wie zum Beispiel die Tri-Five Chevys, also die BelAir’s und die 210er. Nur eben, dass man bei den Cadillacs noch eine Schippe hinterhergelegt hat. Ganz ohne Plastik, hier ist massiver Chromstahl das Material der ersten Wahl. Apropos Wal, in dem Auto haben jeweils drei Personen vorne und hinten und bei Bedarf, nochmals drei Personen im Gepäckabteil Platz, welche ggf. eines jener todsicheres Angebote abgelehnt haben, die man in dieser Zeit besser nicht ausgeschlagen hat.

Luxus der Zeit

Zeit ist heute schon ein üppiger Luxus, keiner hat sie mehr. Gehetzt durch die schnelllebige Gesellschaft muss heute jeder irgendwo hin und von dort auch schnell wieder weg, das Auto an sich ist da nur noch Mittel zum Zweck. Damals jedoch hatte Luxus in Verbindung mit einem Auto noch einen anderen Stellenwert. Komfort war das Zauberwort. Und Fahrkomfort war damals noch relativ einfach zu bewerkstelligen, man packte einfach eine taube Servolenkung, eine ölige Zweigangautomatik und ein Fahrwerk aus Kuchen in ein Auto; fertig war die Sänfte für den Highway. Bei Cadillac war das, selbstverständlich, nicht genug. Nichts sollte den Fahrer und deren Passagiere dazu nötigen, sich im Auto unnötig körperlich zu betätigen. Elektrische Fenster rundherum mussten da rein. Elektrische Sitze sowieso, Aschenbecher und vier dazugehörige Anzünder, eine quasi unspürbare Viergangautomatik und als ob das noch nicht genug war, eine Abblendlichtautomatik. Ja genau, das Ding, für das man heute vielerorts noch Aufpreis bezahlt, möchte man denn nicht selber dafür sorgen, dass der entgegenkommende Verkehr nicht vorübergehend erblinden sollte. Achja, und wir sind ja im Amerika der 50er, genug Power oder noch besser, lieber etwas zu viel. Obwohl, Rasen war eher etwas für die Engländer. Man bevorzugte es zu gleiten. Aber das souverän, unangestrengt, cool.

Der Innenraum

Innenraum ist eigentlich das falsche Wort für diesen wunderschönen Ort der gekapselten Fortbewegung, vielmehr ist dies eine üppige Wohnlandschaft. Und auch hier, die Dimensionen sind eines Titanen der Strasse würdig. Auf dem Beifahrersitz lassen sich auch mit einem Meter achtzig die Beine unter dem Armaturenbrett aus Stahl, Chrom und Leder komplett durchstrecken, trotzdem, dass auf den hinteren Plätzen noch drei Leute sehr komfortabel sitzen können. Und mit komfortabel meine ich, in besten Stoff, Leder und Chrom, weich wie der Bär aus der Waschmittelwerbung aus den Achtzigern. Also, nicht ein schlecht erzogener Waschbär, sondern das weisse Kuschelviech, vollgepackt mit Watte.

Man wird feststellen, dass der komplette Innenraum aussieht wie neu. Und diese Feststellung ist kein Trugschluss tatsächlich wurde vor einigen Jahren die komplette Passagierkanzel neu beledert (echtes Leder), verziert, eingestofft und gepolstert. Auch hat man eine Menge dicken Teppich in das Auto gelegt, den Dachhimmel inklusive den in dieser Ausstattungslinie enthaltenen Chromleisten erneuert und dort lackiert, wo herstellerseitig Lack vorgesehen war.

Die ganze Komfortelektrik hat natürlich auch eine Menge Aufmerksamkeit erhalten. Dazu gehören alle vier, komplett versenkbaren elektrischen und vor allem, sehr leisen Fenstern inklusive sämtlicher Schalter, die elektrische Sitzbank vorne und die Lüftung bzw. Heizung (ebenfalls sehr leise). Die Beleuchtung sämtlicher Armaturen und Anzeigen funktioniert einwandfrei und gleichmässig hell. Das Autronic Eye, also die Aufblendlichtautomatik funktioniert zum heutigen Tag leider nicht, obwohl die röhrenbestückte Box im Motorraum schön brummt und auch angenehm warm wird.

Dynamik

Man muss sich vorstellen, dass in den 50ern vor allem in den USA schnelle Autos jenen vorbehalten waren, welche gerne mal ein wenig schwarz gebrannten Fusel über die Staatsgrenze transportieren und den Gesetzeshütern entweder aus dem Weg, oder aber zügig aus dem Sichtfeld gehen mussten. Hierfür waren ausführliche Modifikationen an den Motoren und Vergasern in der Regel, naja, eben die Regel. Und damit hat man sich eher weniger an die Regeln gehalten. Oder aber, man holte sich so einen Cadillac, welcher nominell 289 Pferde aus dem sechs Liter grossen V8 rausgesaugt hatte. Bei dem üppigen Fahrzeuggewicht von plus/minus zweieinhalb Tonnen klingt das nicht nach sehr viel, aber dennoch, das Drehmoment macht die Musik. Also das nach Newton nummerierte Zeug, welches die Gegend um einen herum nach hinten schiebt. Und wie gesagt, dieses Auto kann zwar nach Bedarf schon recht flott sein, aber muss dies eigentlich nicht. Denn, auch wer sich in den tiefen Drehzahlen aufhält wird feststellen, dass die Maschine eine ungeahnte Souveränität besitzt, welche dieses opulente Coupé zügig, aber völlig unangestrengt voranbringt. Auch dank der dezent agierenden Viergangautomatik.

Der Rest ist das Fundament für die auch heute noch geltenden Klischees rund um die amerikanische Fahrzeugkultur. Die Lenkung bedarf erhöhter Aufmerksamkeit, weil sie konstruktionsbedingt in etwa dieselbe Rückmeldung besitzt wie ein Löffel in einem Becher Joghurt. Das Fahrwerk schlägt in dieselbe Bresche, auch hier ist keinerlei Kommunikation zu erwarten, Bodenwellen werden nicht einfach nur weggebügelt, man meint, der ganze Planet wird unter dem Auto einfach nach weggedrückt. Die Bremse ist ebenfalls nichts für jene, welche sich im Alltag keine Gedanken um das grosse Pedal machen. Hier bedarf es etwas Übung, gefühlt sind die ersten 5cm Pedalweg völlig paletti, die darauffolgenden 5mm lassen das Auto mit aller Vehemenz verzögern, welche Trommelbremsen so zu bieten haben. Und das ist überraschend viel, vor allem wenn man nicht damit rechnet, mal kurz ins Lenkrad zu beissen. Also Obacht.

Also, in Summe hält das Auto alles, was es verspricht. Der Fahrkomfort scheint von einer anderen Welt. Auch jenseits der 80km/h liegt das Auto stabil, entspannt und absolut ruhig. Dazu gehört auch, dass keine störenden Geräusche aus Innenraum oder aus dem Chassis emportreten, dieses Boot ist eine absolute Zeitreise in die 50er, wo Cadillac allen gezeigt hat, wie entspanntes Reisen in einem Auto zu gehen hat. F Y Rolls Royce. Die grosse Maschine tritt dabei angemessen in den Hintergrund, wer einen entspannten rechten Fuss hat, der wird von dem V8 im langen Bug auch nicht viel zu hören kriegen, abgesehen von einem dezenten Blubbern aus der Heckstossstange. Unter Last jedoch, da hört man schon, dass hier sechs Liter Hubraum und vor allem, eine Menge Luft und Sprit ihre geordnete Arbeit verrichten.

Zustand

Kommen wir nun weg von den emotionalen und optischen Eindrücken des Caddy’s, hin zu den stahlharten Fakten. Das Auto ist teilrestauriert, dazu gehören nachvollziehbar der Innenraum, die Elektrik, die Maschine und viele Stellen der Karosserie. Eine Komplettrestauration hat das Auto so nie erfahren, allerdings kann man guten Gewissens sagen, das war auch nicht nötig. In Gesamtsumme steht das Auto technisch, mechanisch und elektrisch perfekt da, auch der Innenraum lässt keine Wünsche offen. Der Fahreindruck stützt die ausserordentlich gute Pflege, obwohl das Auto augenscheinlich ja doch schon sehr alt ist, fühlt es sich überhaupt nicht verschlissen, abgenutzt oder sogar kaputt an.

So mancher wird sich jetzt fragen, warum man dieses wunderschöne Auto denn nicht komplett restauriert hat. Das hat viele, nachvollziehbare Gründe. Einer davon ist, man wollte dem Auto nicht mit einer vollumfänglichen Restauration die geschätzte Seele aus dem Chassis reissen. Sicherlich bewusst und damit auch nicht verkehrt hat man zum Beispiel die Stossstangen vorne und hinten nicht angetastet, sie haben immer noch die allererste Chromschicht und damit eine wunderschöne Patina (Auspuffendstücke), ohne dabei jedoch den Rest des Autos abzuwerten. Vermutlich auch deshalb wurden die Stossstangen nicht restauriert, weil sie keinerlei Deformierungen aufweisen, also keine Dellen, Beulen oder Löcher. Kratzer finden sich selbstverständlich in den gefühlten zwölf Quadratmetern Chrom, aber nach 66 Jahren im Verkehr setzt auch so eine 25-Meter Yacht mal ein paar Muscheln und den einen oder anderen Seestern am Kiel an. In Summe gibt dies alles dem Auto jene Form von Charme, welche so manche Komplettrestauration vermissen lässt. Es ist, salopp gesagt, ein alter Cadillac. Und das ist gut so, damit ist und bleibt er ein wunderschöner Zeuge des Automobilbaus der 50er Jahre. Weit voraus in vielen Details.

Die Lackierung ist so eine Sache. Ja, die Beifahrerseite ist orangenhäutig. Und ja, die Kotflügel vorne könnten durchaus etwas Liebe gebrauchen. Dem steht aber etwas entgegen; Blech, und davon ein ziemlicher Haufen. Ich habe es mir nicht nehmen lassen und bin (und das hat eine Menge, allerdings gute Zeit gekostet) einmal rund um das ganze Auto spaziert und habe a) Spachtel gesucht und b) die Lackdichten gemessen. Und tatsächlich, trotzdem dass der Caddy vermutlich dreimal soviel Blech und Lack besitzt wie ein VW Passat, habe ich schlussendlich nichts gefunden, was auf eben, Spachtel hinweist oder eben, auf eine übermässig dicke Lackschicht. Auch hier, in Summe hat dieser Cadillac einen begehrenswerten Charakter, welchen man bei vielen Oldtimern nicht mehr findet, weil eben, perfekt und damit oftmals zu Tode restauriert. Und das soll jetzt alles nicht heissen, dass es sich hier um eine geschminkte Leiche handelt. Vielmehr handelt es sich hier um einen absolut soliden und vor allem, sehr fitten Rentner, welcher sich seiner grauen Schläfen nicht schämen muss, er kann durchaus in seinem Auftritt überzeugen, ohne sich dabei die Hüfte zu brechen oder seine Dritten auszuspucken. Übrigens, auch hier: Man kann mit diesem Coupé an keine Tankstelle fahren, ohne dass man entweder angesprochen wird oder aber, die Leute fast schon verstohlen Bilder davon machen. Das Auto lässt Leute Freude haben und das ist eigentlich eine jener Eigenschaften, welche ein Oldtimer einfach haben sollte.

Revidiert oder erneuert wurden die letzten Jahre folgende Komponenten (viele Belege vorhanden)

  • Motor
  • Automatik
  • Lenkgetriebe
  • Hydravac (Bremskraftverstärker & Hauptbremszylinder)
  • Carter WFC 4 Originalvergaser
  • Röhrenradio (da kommt zwar kein einziger Sender rein, aber es geht)
  • Servolenkung
  • Fensterheber
  • Elektrische Sitzverstellung
  • Auspuffanlage
  • Innenraum
  • Kofferraum
  • Bremsen rundum

Originales und Originelles

Was an dem Auto original ist oder nicht, lässt sich aufgrund der damaligen, etwas löchrigen Archive von Cadillac nur erschwert nachvollziehen. Was aber völlig frei von Zweifeln ist, das Auto hat absolut keinerlei ärafremde Modifikationen.  Es handelt sich um ein echtes Coupé mit dem korrekten Motor und dem korrekten Getriebe und zeitgenössischen Extras. Der Innenraum ist ebenso korrekt in seiner Ausstattung. Nicht korrekt erscheint die Farbe (aktuell dunkelgrün statt Goddess Gold) und die Farbkombination im Innenraum. Dies macht aber in Summe diese Landyacht nicht weniger schön oder minder begehrenswert. Es gibt kaum Autos, welche mehr Präsenz, mehr Eigenständigkeit und mehr Charme haben. Eben, ein Cadillac der ganz alten Schule, welcher Kiefer zuverlässig herunterklappen und Augen egal welchen Alters, leuchten lässt. Niemand kann an diesem Auto einfach so vorbeigehen, ohne stehenzubleiben und den Blick über seine wunderschönen Heckflossen fliessen zu lassen. Und das ist definitiv seit 1956 absolut original.

Noch mehr Bilder dieser Landyacht findest Du auf unserer Website. 

Vehicle details

Vehicle data

Make
Cadillac
Model series
DeVille
Model name
62 Coupe DeVille
Manufacturer code
Serie 62
First registration date
12/1956
Year of manufacture
1956
Mileage (read)
18,000 km
Chassis number
5662015287
Engine number
5662015287
Gearbox number
Not provided
Matching numbers
Yes
Previous owners
Not provided

Technical details

Body style
Coupe
Power (kW/hp)
210/285
Cubic capacity (ccm)
5981
Cylinders
8
Doors
2
Steering
Left (LHD)
Gearbox
Automatic
Gears
4
Transmission
Rear
Front brakes
Drum
Rear brakes
Drum
Fuel type
Petrol

Individual configuration

Exterior color
Green
Power Assisted Steering
Yes
Electric windows
Yes
Interior color
Green
Interior material
Leather

Condition, registration & documentation

Condition category
Original
Has Report
Historical license plate
Registered
Ready to drive

Self assessments

Engine (Seller assessment)
Paintwork (Seller assessment)
Interior (Seller assessment)
Technique (Seller assessment)

Location

Logo of Gasoline Kitchen

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Untergasse 66

8888 Heiligkreuz

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