Thiesen Berlin im Classic Trader Händlerportrait

Thiesen Berlin Portrait (26)

In den Classic Trader Händlerportraits stellen wir Ihnen regelmäßig ausgewählte Oldtimer-Händler und -Spezialisten vor, die unser aus 14 Fragen bestehendes Interview beantworten.

14 Fragen an Karl-Helmut Larkamp von Thiesen Berlin


Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor. Was ist das Spezialgebiet Ihres Unternehmens?

Ich bin Inhaber der Firma Thiesen in Berlin. Wir sind seit 15 Jahren in der Classic Remise, dem ehemaligen Meilenwerk, beheimatet. Aktuell sind etwa 35 Fahrzeuge hier vor Ort im Angebot aus dem Gesamtportfolio mit Thiesen Hamburg von etwa 70 bis 100 Fahrzeugen. Überwiegend handelt es sich um Fahrzeuge aus dem höherpreisigen Segment ab 100.000 EUR oder gar 200.000 EUR aufwärts. Das ist der Bereich, in dem wir uns zu Hause fühlen und seit Jahrzehnten unsere Expertise aufgebaut haben. Das bedeutet grob gefasst Fahrzeuge von Alfa Romeo bis Zagato, von 1890 bis 1990. Die Firma heißt „Automobile Raritäten“ und das ist das, worauf wir den Fokus gelegt haben. Wir versuchen, besondere, außergewöhnliche Fahrzeuge zu finden und anzubieten. Aber aus allen Dekaden, nicht fixiert auf eine Marke, wobei wir schon fast die Hälfte des Umsatzes mit Autos der Marke Mercedes-Benz machen. Dadurch, dass wir auf ein über 45 Jahre gewachsenes internationales Netzwerk zurückgreifen können, werden uns aus Sammlungen und von Sammlern aus der ganzen Welt attraktive, seltene Fahrzeuge angeboten. Das wird uns oft bescheinigt.

Wann sind Sie dem „Virus“ klassischer Fahrzeuge verfallen? Gab es ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Kindheit / Jugend, das Sie zum Oldtimer-Enthusiasten gemacht hat?

Ich bin damit groß geworden, wie fast alle in der Szene. Mit 14 habe ich an einer Tankstelle angefangen zu arbeiten während meiner Schulzeit, weil mir meine Eltern kein Mofa kaufen wollten. Dort habe ich mir sozusagen mein eigenes Taschengeld verdient und Autofahren gelernt. Mit 15 wurde es aber dann nicht nur ein Mofa, sondern dann habe ich mir auch gleich mein erstes eigenes Auto gekauft, einen Ovalfenster-Käfer für 100 Mark. Den wollte ich dann auch selbst lackieren und restaurieren. Nach dem Lackieren habe ich den Käfer aber dann direkt entsorgen müssen, weil die Lackierung so furchtbar misslang, dass dann nichts mehr zu retten war. Silbermetallic-Zweischicht, das war damals ganz modern. Zumindest hätte es das im besten Falle am Ende werden sollen.

Jedenfalls habe ich seitdem viele, viele Autos gehabt und es waren überwiegend Oldtimer. 1978 habe ich den 190 SL-Club gegründet, dessen Präsident ich viele Jahre war. Der Club zählt heute etwa 1.600 Mitglieder. Meinen 190 SL von damals habe ich sogar noch, erst vergangenes Jahr fuhr ich mit ihm die Mille Miglia. Auch den Mercedes G-Club habe ich mitgegründet, da habe ich die Mitgliedsnummer 8. Mein 280 GE steht vor der Tür, das ist mein zuverlässiger Daily Driver. Sie sehen, ich bin meine ganze berufliche Karriere immer tief im Thema verwurzelt gewesen. Allerdings habe ich meinen Start meines beruflichen Werdegangs im Neuwagensegment gehabt, als Verkäufer bei Mercedes-Benz in Mannheim ab 1978. Später war ich dann Assistent des PKW-Verkaufsleiters hier in der Niederlassung in Berlin am Salzufer, dann wurde ich PKW-Verkaufsleiter in Dresden und ging dann zu BMW, wo ich sechs Jahre die Niederlassung in Weissensee geleitet habe. Dann erst habe ich mich mit Eberhard Thiesen vor 15 Jahren selbstständig gemacht.

Was mögen Sie an Ihrem Job am meisten – was am wenigsten?

Am meisten Spaß machen die tollen Autos, die immer wieder reinkommen. Oft auch verbunden mit interessanten Leuten, die uns die Fahrzeuge bringen oder bei uns kaufen.
Weniger erfreulich ist, die Autos irgendwann wieder abgeben zu müssen. Aber natürlich ist es nicht zu vermeiden, dass man die Fahrzeuge wieder veräußern muss, wenn man einen Handel betreibt. Das ist einerseits sehr erfreulich, wenn man mit dem Verkauf erfolgreich ist, aber es sind auch immer mal wieder Fahrzeuge dabei, bei denen man ins Schwärmen gerät und sich wünscht, man könne sie behalten. Dann sind die Abschiede umso mehr das, was am wenigsten Freude macht.

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Welche Marke(n) hat / haben es Ihnen angetan? Welches sind Ihre drei Lieblingsklassiker und warum?

Also wenn Geld keine Rolle spielt, würde ich mir einen Mercedes-Benz SSK kaufen wollen. Das ist mein Traumauto, mit dem ich dreimal die Mille Miglia fahren durfte. Das ist für mich nicht zu toppen. Bei den etwas bodenständigeren Autos wäre ich beim Aston Martin DB6. Das ist auch eine meiner Lieblingsmarken beziehungsweise Modelle. Ich habe auch schon zwei DB6 besitzen dürfen, aber wieder verkaufen müssen, was ich bis heute bereue. Bei den neueren Autos bin ich beim Mercedes-Benz 280 SE 3,5 Cabriolet der Baureihe W 111. Oder die älteren Bentley, S2, S3 oder 4,5 Liter; von Alfa Romeo gibt es auch etliche Modelle, die ich mag, wie den 8C und den 6C, da ist die Liste schon recht lang. Aber auch wenn viele nicht erreichbar sind, der Beruf bringt den Vorteil mit sich, dass einem die Autos oft nah sind, dass man zumindest mal drin sitzen und eine Runde drehen kann, das entschädigt etwas.

Was war das außergewöhnlichste Fahrzeug, mit dem Sie es bisher zu tun hatten?

Das ist ohne Frage die Benz Victoria von 1893. Da habe ich einen Wagen bei einem Kunden gesehen, der dieses Exemplar aus erster Hand gekauft hat. Das Fahrzeug war 115 Jahre im Erstbesitz. Er hat es so übernommen, mit allen Dokumenten, unter anderem dem Kaufvertrag, der von Carl Benz unterschrieben wurde. Als besonderer Kuriosität war auch ein Strafmandat von 1895 in den Dokumenten, meines Wissens das älteste „Knöllchen“ der Welt. Das Fahrzeug war etwa 70 Jahre nicht in Betrieb.

Es handelt sich um ein enorm wichtiges Fahrzeug für die Automobilgeschichte, weil es das erste Auto mit einer von Carl Benz in sieben Jahren entwickelten Achsschenkel-Lenkung war, die wir im Prinzip heute noch benutzen. Wir haben damals beschlossen, dass es zu schade ist, dieses Zeitzeugnis in einer Sammlung wegzustellen, es muss einfach wieder auf die Straße. Wir haben das Auto dann hier komplett zerlegt; wohlgemerkt nicht restauriert oder Farbe in die Hand genommen, sondern alles wieder gangbar gemacht. Ich bin mit der Benz Victoria dann dreimal London-Brighton gefahren, die etwa 97 Kilometer vom Londoner Hyde Park nach Brighton. Beim ersten Mal haben wir 7:40 Stunden gebraucht, bei einem Limit von acht Stunden. Nach der Zielankunft in Brighton habe ich mich dann gefragt, was nun das größere Abenteuer war, Mille Miglia im SSK oder London-Brighton in der Benz Victoria und bin bis heute nicht sicher, was die Antwort ist. Gerade letzteres ist einfach sehr anstrengend und sehr gefährlich. Man kämpf ja ständig mit dem Fahrzeug, auch bei der Rallye 120 Jahren Berlin-Potsdam im vergangenen Jahr ist es mir wieder aufgefallen. Ständig muss man Zündung, Gemisch, Benzin regulieren und mit dem Auto kämpfen. Mit den hohen Rädern ist das Fahrzeug sehr schwer zu steuern und man hat nur einen kleinen Stick dafür in der Hand. Die langen Anstiege hinauf haben wir das Auto auf Vollgas eingestellt und sind nebenhergelaufen und haben das Auto alleine fahren lassen, oben sind wir aufgesprungen, haben den Leerlauf eingelegt und sind runtergerollt. Da hatten wir so 40, 45 km/h drauf, das ist in so einem Gefährt schon lebensgefährlich, man kann es nicht anders sagen.
Das war mit Abstand das beeindruckendste Auto, weil es mit soviel Respekt eingeflößt hat.

Thema Wertsteigerung / -erhalt: Auf welches Pferd sollte man jetzt setzen? Wie glauben Sie wird es mit der Wertentwicklung in den nächsten Jahren weitergehen?

Nun ja, es gibt sehr viel Einflussfaktoren, die wir noch nicht kennen und auch nicht beeinflussen können. Wir haben gerade die aktuelle Meldung, dass die USA unter Trump gedenkt, auf europäische Fahrzeuge sowie Ersatzteile einen Einfuhrzoll in Höhe von 25 Prozent zu erheben. Das ist beispielsweise etwas, was unseren Markt beeinflusst, so die Zölle in dieser Form denn kommen. Wir als Fa. Thiesen haben etliche Kunden in den USA, viele Sammler sind dort beheimatet. Historisch gesehen war für die Europäische Automobilindustrie die USA für Jahrzehnte der größte Absatzmarkt, bis zu 80 Prozent der Produktion wurden nach Übersee exportiert.

Dann gibt es positive Faktoren, auf die wie immer noch hoffen, wie das theoretische Potential des indischen oder chinesischen Marktes, wo sich aber in den vergangenen Jahren noch nichts signifikantes getan hat. Seit fünf oder sechs Jahren wird darüber geredet, dass da was kommt, aber bisher ist das doch sehr überschaubar. Man muss das aber auch verstehen, in China sind Oldtimer beispielsweise kein automobiles Kulturgut, weil die Autos zuvor nicht vorhanden waren. Aber davon wir sehr viel abhängen, wie sich diese Märkte entwickeln.

Ansonsten sehen wir hier bei Thiesen Berlin, dass sich die seltenen Fahrzeuge gut verkaufen. Die Fahrzeuge mit der größten Motorisierung und der kleinsten Stückzahl, der schönsten Karosserie, das sind immer die Autos, die man zu Top-Preisen verkaufen kann, nicht zuletzt, weil das Klientel für solche Fahrzeuge über ausreichende Mittel verfügt, um sich solche Preziosen leisten zu können. Es ist aktuell nicht so eine Situation, wie sie in den Jahren 1990 bis 1992 schon einmal hatten, als der Begriff der „Trailer Queen“ aufkam. Damals wurden die Autos auf dem Anhänger von Auktion zu Auktion gefahren, zumeist waren es geleaste oder finanzierte Fahrzeuge. Die Preise sind aber so gestiegen, dass man damit die Leasingrate bedienen konnte und man dennoch daran noch etwas verdienen konnte. Das Auto wechselte dann solange den Besitzer, bis es dann bergab ging. Dann sind die Verträge dann reihenweise geplatzt, weil der tatsächliche Wert dann plötzlich weitaus geringer war als der Ablösewert der Leasinggesellschaft oder Bank. Diese Situation haben wir heute überhaupt nicht. Es ist viel Geld auf dem Markt, viel mehr als entsprechende Autos da sind. Von daher ist es überspitzt formuliert einfach nur eine Frage der richtigen Ware.

Gibt es denn aus Ihrer Sicht eigentlich noch Geheimtipps?

Ja sicher, Geheimtipps wird es immer geben und auch Dinge, die jahrelang prognostiziert werden und dann auch eintreten. Und dennoch hat kein Mensch drauf gehört. Nehmen wir beispielsweise einen Maserati Biturbo Zagato Spyder, der hier gerade vor dem Showroom steht. Das ist ein Auto für 29.000 EUR, ein Cabrio aus erster Hand mit gerade mal 12.000 Kilometern Laufleistung, und vor allem ist es von Zagato gemacht. Dann kann er salopp gesagt so hässlich sein, wie er nur will, der wird im Preis hochgehen. Aber er steht hier schon eine Weile und keiner greift zu. Ich bin mir sehr sicher, in zwei, drei Jahren, wenn die Preise bei 50.000 EUR und mehr angekommen sein werden, kommen die potentiellen Kunden und erkundigen sich nach dem Biturbo von Zagato. Das ist mit schon so oft passiert.

Oder nehmen wir das BMW 503 Coupé, einen der seltensten BMW überhaupt. Aluminiumkarosserie, Fahrgestell wie der BMW 507, circa 125 Stück nur gebaut, in dieser Farbe ab Werk ausgeliefert und auf dem Preisschild stehen 225.000 EUR. Gewiss keine Kleinigkeit, aber wenn man sich nüchtern die Millionenpreise für einen 507 ansieht, müsste das Coupé mindestens 600.000 bis 700.000 EUR kosten. Das tut es aber nicht, noch nicht. Ich bin mit sehr sicher, dass das 503 Coupé da noch hinkommt. Beide, Maserati und BMW, sind gute Investments und Autos, die keiner so richtig auf dem Zettel hat.

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Sehen Sie einen personellen Generationswechsel im Markt für klassische Fahrzeuge, auf Käufer- sowie auf Verkäuferseite? Wenn ja, wie stehen Sie dazu?

Das ist ein schleichender Prozess, den haben wir im Grunde schon immer. Auch das Gerücht, Vorkriegsautos hätten ausgedient, die potentiellen Käufer würden nach und nach aussterben, ist so nicht zutreffend. Also wir haben bei Thiesen Berlin in den letzten Jahren unser Geld fast ausschließlich mit Vorkriegsautos verdient. Gerade bei den Vorkriegsfahrzeugen sind viele wichtige Autos dabei, die man einfach haben muss, wenn man sich wieder eine Sammlung aufbaut.

Dann stelle ich fest, dass wir einen gewissen Zulauf aus Designgründen bekommen. Die Leute – mich eingeschlossen – können heute strenggenommen einen Kia nicht mehr von einem 3er BMW unterscheiden. Es gibt Unterschiede in den Fahrzeugklassen. Es gibt Kombi, SUV und Limousine; aber salopp gesprochen, innerhalb der Gattung SUV sehen sie alle nahezu gleich aus. Zehn schwarze SUV nebeneinander, ohne Schilder, da kann kaum einer mehr sagen, das ist ein X3 oder ein Kia. Und das bringt die Leute dazu, sich solche Details wieder anzugucken und zu sagen, genau diese Unterschiede zwischen Marken und Modellen, das war schön damals. Und daher will ich mit genau so einem charakteristischen Auto wieder fahren. Individualität ist also wieder stärker gefragt.

Was ist für Sie ein absolutes „Tabu“ in Sachen Klassiker?

Es gibt viele Sachen, die mir im Laufe der Zeit aufgefallen sind und woran ich mich gestört habe. Was mir immer sehr viel Respekt einflößt sind solche Beispiele wie die Benz Victoria, die aus erster Hand kam und völlig unverbastelt war. Da hat nie jemand Hand angelegt, da ist nie neu gestrichen worden und es waren wahrscheinlich die ersten Gummiringe noch auf den Reifen. So etwas flößt mir unglaublichen Respekt ein, wenn mehrere Vorbesitzer immer der Versuchung widerstanden haben, Hand anzulegen und das Auto neu zu lackieren. Da habe ich selbst aber auch eine Entwicklung durchgemacht, das weiß ich selbst aus meiner Anfangszeit als 190 SL Club Präsident. Wenn wir mal einen 300 SL gesehen haben wo die Farbe und die Polsterung runtergekommen waren, war die erste Reaktion: „Das Auto müsste man enteignen. Das muss zu jemanden, der in der Lage ist, das neu lackieren zu lassen, neues Leder drauf zu machen. Das geht doch gar nicht, dass so ein Auto so dasteht!“ Und wenn heute so ein Auto kommt, dann gehen wir auf die Knie. Das Schöne an diesen unberührten Fahrzeugen ist ja, dass man erkennt, wie damals das Werk die Leitungen verlegt hat und wie alles gewesen ist, wie Farbkombinationen waren. Dann stehe ich heute vor einem 300 SL Flügeltürer, der bis ins kleinste Detail perfekt gemacht ist und von einem Nachbau kaum zu unterscheiden ist. Da fahre ich manchmal lieber mit einem Brezelfenster Käfer, der unberührt ist.

Ein Tabu ist für mich beispielsweise die Elektrifizierung, was man jetzt im Moment oft sieht. Dass jemand aus einem Oldtimer den Motor aus- und einen Elektromotor einbaut, dafür habe ich kein Verständnis. Auch Tuning, das es damals nicht gegeben hat, oder neue Motoren einzubauen, das sind ebenfalls No-Gos. Es gibt Firmen, die bauen neue Mercedes V8-Motoren in einen 3.5er Cabrio ein, nur weil er dann noch mal 100 PS mehr hat. Dafür habe ich auch überhaupt kein Verständnis.

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Wo hört für Sie das Thema „Klassiker“ auf und vor allem warum?

Für mich hört das da auf, wo die Elektronik Einzug hält in die Fahrzeuge. Als harte Grenze kann man da die Neunziger nennen. Was wir vorfinden werden in 20 bis 30 Jahren, ist anders als das, was wir in den 70er Jahren vorgefunden haben. Wenn wir in den 70ern ein 30 Jahre altes Auto in der Scheune gefunden haben, war das verrostet, die Karosserie stark angegriffen. Wir haben die Technik aber wiederbeleben können. Und wenn wir dann Geld hatten, haben wir die Karosserie runtergenommen, haben alles geschweißt, Bodenbleche eingesetzt. Dann fuhr das Auto wieder. Die Technik war kein Problem. In 20-30 Jahren wird das Auto da stehen wie ausgeliefert, es wird kaum Rost haben. Aber es wird nicht mehr zu beleben sein, weil die Technik tot ist bewiehungsweise weil die Elektronik nicht mehr funktioniert, da bekommt das Wort „Blackbox“ eine völlig neue Bedeutung. Unter Umständen ist dann auch keiner mehr da, der es reparieren kann oder Teile dafür hat. Wir sehen das jetzt schon bei den großen Herstellern, wenn die Fahrzeuge älter als 20 Jahre sind, gibt es keine Teile mehr und sie haben auch kein Verständnis dafür, dass man Teile dafür haben will. Die bevorraten das nicht mehr und wir sind dann auf die Kreativität der Clubs und Enthusiasten der Modelle angewiesen. Da muss sich erstmal jemand finden, der sagt, von dem Modell wurden doch mehrere Tausend Stück gebaut, da wird sich doch die Lösung oder das gesuchte Ersatzteil irgendwo finden lassen. Darin liegt ein großes Risiko.
Kurzum, die Elektronik wird das Problem sein, nicht das Auto selbst. Daher liegt für mich genau dort die Grenze, wo die Elektronik wichtiger wurde als die grundsätzliche Technik.

Wie sehen Sie die Zukunft des Klassikerhandels und welche Herausforderungen gibt es?

Die Herausforderung sehen wir an der Digitalisierung. Je breiter die Plattform ist und je größer der zu erschließende Markt ist, desto besser sind die Chancen. Und wir sehen, dass die Internationalität auch da immer mehr Einzug hält. Dass die Bereitschaft der Leute in Hongkong oder Malaysia und ganz Asien strenggenommen steigt, sich das Profil von einem Händler in Europa anzuschauen, ihn als vertrauenswürdig einzuschätzen, 500.000 EUR zu schicken und ein Auto zu kaufen. Das steigt mehr und mehr und man muss natürlich den Zugang zu diesen Märkten finden. Darin liegt die Herausforderung für Händler.
Vor ein paar Jahrzehnten war das nicht so. Wenn wir ein Auto nach Italien oder nach Frankreich verkaufen wollten, war das den Kunden unglaublich suspekt. Die sind hergekommen, haben sich alles angeguckt und wollten am liebsten hierbleiben, bis das Geld auf dem Konto ist. Oder sie haben es in Bar mitgebracht und haben dann Geld gegen Auto getauscht um vom Hof zu fahren. Das ist heute nicht mehr so. Da wurde schon viel Vertrauensbildendes getan von Händlerseite und Marktplätzen wie Classic Trader, der Weg ist aber noch lange nicht zu Ende.

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Welches Fahrzeug möchten Sie unbedingt noch einmal fahren und vor allem warum?

Einen Alfa Romeo 8C und ein Bugatti 37 Kompressor. Diese beiden Autos haben mich auf der Mille Miglia immer geärgert. Auf der geraden Strecke hatte ich im SSK die Möglichkeit, die Bugatti zu überholen – der Alfa 8C war schon schwieriger. Aber wenn es in die Berge ging, sind mir die kleinen Bugatti um die Ohren geflogen und das hat mich immer sehr geärgert. Ich weiß nicht, ob ich eine Mille Miglia in einem Bugatti überstehen würde, weil das schon alles sehr eng ist. Aber diese „fahrenden Werkzeugkisten“, haben mich schon als kleiner Junge fasziniert. Bei den ersten, die ich gesehen habe, haben mich die Drähte fasziniert, die durch die Schrauben gezogen wurden. Sie gingen einmal rum von Schraube zu Schraube, damit sie sich nicht lösen und verloren gingen. Das fand ich schon sehr interessant.
Ach, so einen richtig „verranzten“ Bugatti oder Alfa 8C würde ich gerne mal fahren.

Was sind Ihrer Meinung nach die schönsten Strecken, die man mit einem Oldtimer „erfahren“ kann?

Das ist sehr mannigfaltig und es kommt natürlich darauf an, welchen Oldtimer man hat. Wir haben beispielsweise bei der der Rallye Berlin-Potsdam-Berlin gesehen, dass wir für diese Fahrzeuge bis 1900 eine unglaublich schöne Strecke hatten. Diese Strecke hätte ich mir sonst nur mit dem Fahrrad erschließen können. Da ich kein Radfahrer bin, kannte ich diese Passagen selbst in meiner eigenen Stadt noch nicht.
Wenn es etwas weiter weg sein darf, gibt es in der Toskana wahrscheinlich die schönsten Strecken zu fahren. Kroatien ist auch sehr schön und vielleicht noch nicht ganz so überlaufen. Wenn man ein gut motorisiertes Auto hat sind die Alpen zum Fahren natürlich toll. Dann muss man aber auch das richtige Auto dafür haben, das macht mit der Isetta eher wenig Spaß. Obwohl die Isetta natürlich ansonsten ein ganz interessantes und lustiges Fahrzeug sein kann. In den USA ist es der Highway Number One nach wie vor. Es soll in Australien auch sehr schöne Strecken geben, da war ich noch nicht.
Das hängt immer davon ab, wo man sich bewegt und welche Fahrzeuge man hat.

Was würden Sie einem „Oldtimer-Neuling“ am liebsten mit auf den Weg geben?

Ich finde es gut, wenn jemand mit den Autos fährt. Ich mag dieses Wegstellen und auf Preissteigerung hoffen nicht so sehr. Das ist nicht meine Welt. Wir haben in den letzten Jahren viel Zulauf aus der Szene der Investmentkäufer bekommen und ich freue mich auch für jeden, für den die Investition aufgeht. Aber mir persönlich sind die Kunden lieber, die sagen: „So ein Auto wollte ich schon immer haben und jetzt habe ich genug gespart, dass ich mir das leisten kann.“ Sie hatten das Wunschmodell schon als Spielzeugauto, das Fahrzeug gab es schon einmal in der Familie oder der Vater wollte so ein Auto schon immer haben, konnte ihn sich aber nicht leisten. Diese Geschichten begegnen einem in der Szene sehr oft und das ist mir auch am liebsten. Weil ich feststelle, dass die Leute die Autos auch mit Spaß fahren und erkennen, wofür das Ganze eigentlich gut ist. Mit diesen Kunden teilen wir auch die Freude und den Enthusiasmus an der Oldtimerei. Wenn sich nach einem Kauf beide Seiten freuen, haben sowohl als Käufer als auch Verkäufer alles richtig gemacht.

Wenn so ein Auto nur in der Garage steht und der Kunde hofft auf einen Wertzuwachs, dann geht viel von der lebendigen Begeisterung verloren. Dann kommt nach zwei Jahren auch mal ein Anruf von einem Kunden, dass Öl unter der Hinterachse sichtbar ist. Das wäre vielleicht nicht passiert, wenn das Auto regelmäßig bewegt worden wäre.

Thiesen Berlin Portrait Karl Helmut LarkampKONTAKT ZU Thiesen Berlin

Thiesen Berlin GmbH
Herr Karl-Helmut Larkamp
Classic Remise Berlin
Wiebestraße 29-38
10553 Berlin

Tel.: +49 (0)30 34502044
[email protected]
www.thiesen-berlin.de

 

 


Fotos DERDEHMEL

Autor: Classic Trader

Die Classic Trader Redaktion besteht aus Oldtimer-Enthusiasten, die Euch mit spannenden Geschichten versorgen. Kaufberatungen, unsere Traum Klassiker, Händlerportraits und Erfahrungsberichte von Messen, Rallyes und Events. #drivenbydesire

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