Salon de Luxe – Rétromobile Paris 2017 setzt Maßstäbe

Retromobile Paris 01

Die elegante Dame stoppt vor dem Eingang zur Artcurial-Auktion, zieht aus ihrem Lederbeutel ein paar 2000-Euro-Pumps, streift sie über und verschwindet unter bewundernden Blicken zwischen dem Dino 246 und einem 250 GT Lusso – das ist Rétromobile Paris 2017: ein einzigartiger Salon mit Flair, auf dem alle ihr Bestes geben.

Wer, wie der Autor, seit 1982 die Saisoneröffnung in Paris besucht, fragt sich auf dem Hinweg, ob es wohl überhaupt gelingen kann, das Vorjahr zu übertreffen. Doch in 2017 war nach 3 Stunden Flanierens erst einmal eine Pause angesagt, um die Superlative gedanklich zu sortieren! Allein bei Lukas Hüni 13 (!) hochwertige und seltene Bugatti, bei Axel Schütte glänzen zwei Mercedes-Kompressor in unerreichbarer Schönheit, Richard Mille bringt als Morgengabe alle vierradgetriebenen und sechsrädrigen Formel-1-Renner seit dem BRM P67 so nah zur Aufstellung, dass man alle Details studieren kann, gleich drei Benz Victoria und Velo von etwa 1895 buhlen um die Gunst der Zuschauer, riesige Hispano-Suiza konkurrieren mit seltenen Delahaye und wenn man die Rallye-Auto Sonderschau „Wir sind schon 30“ verarbeitet hat, sind da plötzlich alle Delage-Reihenachtzylinder GP-Wagen samt Schnittmodell und Dokumentationen zu entdecken, bevor die Geschichte der richtungweisenden Motorradkonstruktionen aus Frankreich samt ölgekühlter SIMCA 350 die Aufmerksamkeit fordert. Es gab schon 1871 ein Motorrad von Perreaux mit Dampfantrieb? Ja, es ist da, unrestauriert und so authentisch, dass es einem die Sprache verschlägt.
Hereinspaziert, Monsieurdames, der große Cirque d’hiver des Automobils bietet Sensationen, Attraktionen – konnte man das besser darstellen, als mit dem Ferrari 250 SWB –Breadvan vor einem samtroten Zirkusentrée?

Retromobile Paris 02

Rétromobile Paris – Trümpfe des Autoquartetts

La Rétromobile Paris 2017 ist eine Inszenierung von Weltniveau, wo alle anderen Oldtimermessen nur Edelparkplätze sind. Nur die Techno-Classica kann da mithalten, setzt auch Themen und überrascht, und das ist es, was einen Salon ausmacht: Rétromobile stimmt sich mit den Ausstellern ab, stellt mit den Clubs die Frühzeit des Automobils in einer Sonderfläche ebenso vor, wie an anderer Stelle die Geschichte der GN-Racer mit V-8 und V-2-Motoren aus der Zeit vor 1914 oder das Design des Citroën-Standes mit SM und DS-Tense als Spannungsbogen zwischen gestern und morgen. „Da ist ja der Ferrari 312 „Spazzaneve“, ruft ein junger Italiener und schlägt sich vor Begeisterung auf die Oberschenkel, weil neben dem Ferrari „Schneeschieber“-Monoposto Clay Regazzonis 312 T2 mit dem Schnorchel und Niki Laudas F-1-Bolide stehen. Guter Service, dass da auch in Reichweite der legendäre V-12-180-Grad-Rennmotor auf einem Ständer wartet und man am Stand perfekt ausgeleuchtet und weiträumig gestellt auch noch drei Maranello-Boliden aus der 1,5-Liter-F1-Zeit sehen kann. Dafür würden wir bei uns eine eigene Sonderschau machen – hier ist’s nur ein kleiner Teil des großen Zirkus. Noch Fragen? Alle machen mit, Movendi aus Düsseldorf stellt mit Ferrari F50, Porsche 959, Bugatti EB 110 und anderen erneut die Frage nach dem Trumpf im Autoquartett und manche wollen fast zu viel: gleich alle wichtigen Aston Martin samt James Bond-DB 5 sind beim britischen Hersteller versammelt und die 15 Boliden machen einen platt. Kein Problem, ein paar Schritte weiter kann man bei Jaguar neben einer senkrecht auf einem Leuchttableau montierten E-Type-Auspuffanlage einen Button drücken und schon ertönt laut der unnachahmliche Sound des berühmten XK-Motors und animiert die Umstehenden, sich das Gebrüll aufs eigene Smartphone zu laden – Rétromobile is smart.

Rétromobile Paris 2017 ist auch freudiges Wiedersehen, wie etwa mit dem Alfa Superflow, einst Star der deutschen Rosso-Bianco-Collection, mit dem Ferrari 275 GT Drogo vom AvD-OGP, mit dem metallicblauen Ford GT 40-Street auf seinen Speichenrädern oder dem Ferrari Daytona Competitione von Charles Pozzi, den Du schon als Solido-Modell gesammelt hast. Wiedersehen und Sammeln prägen auch die überwältigende, 150 Meter lange Kunstausstellung fast aller namhaften Autokünstler und man staunt, was es alles gibt.

Rétromobile Paris – Wachstum in Qualität und Quantität

Rétromobile Paris 2017 ist größer geworden, zur riesigen Doppelhalle sind im Obergeschoss zwei weitere hinzugekommen, der Grund, warum Damen zwei Paar Schuhe mitnehmen. Die Clubs haben in den oberen Hallen ihren Platz und die Motorradgeschichte, aber auch BMW oder die Sonderschau 70 Jahre Ferrari. Allenthalben ist die Freude am gemeinsamen Messeevent zu spüren, beim Uralt-Auto-Club Töff-Töff wird der lange Tisch mit Käse, Baguette und Wein nie leer und die fröhlichen Esser tragen auf ihrem Rücken stolz die Schriftzüge „Gregoire, Clement Bayard, Berliet, Salmson, DeDion“ und andere als wären es ihre eigenen Namen. Und wenn man denkt, es geht nichts mehr, dann kommt Artcurial daher und stellt 152 Auktionsautos in Premiumqualität in so opulenter Darstellung auf, dass man manchem Bieter Handschellen anlegen möchte, um ihn vor dem eigenen Ausverkauf zu bewahren. Star ist der Dino 206-Prototyp von Pininfarina, der eine neue Design-Linie der Italiener für Mittelmotorautos begründet hat. Doch es geht nicht nur um Concours-Autos, es darf auch ein Maicomobil 175 oder ein Glas Isaria 150 Roller für 12.000 Euro sein, falls man den Voisin C1 von 1919 für 80.000 verpasst hat. „Ich stecke die Hände unter die Oberschenkel“, lacht ein erfahrener Bieter, „da merkt keiner mein Interesse und wenn‘s drauf ankommt, reiß‘ ich die Karte hoch.“ Die nicht versteigerten Autos sind sicher bald bei Classic-Trader, Und weil auch die Gastronomie besser geworden ist, setzt man sich am besten in Hugo’s Brasserie und hört den anderen zu, sieht draußen Jochen Maas vorbeigehen, wenig später Jacky Ickx, am Nachbartisch isst der US-Experte Steve Tillack sein Steak und der bekannte Bildhauer Paul Nesse setzt sich auf einen Kaffee zu ihm. Der Franzose mit dem gerade gekauften Delaunay-Kühler hat sein Smartphone aufs Messing getaped, weil er’s nicht immer rauskramen will und diese Momentaufnahme zeigt, was die Rétromobile als Vorbild für alle anderen Messen ist: eine einzigartige und liebevolle Inszenierung der Vergangenheit für die Menschen von heute, die eine große Zukunft hat.

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Text Johannes Hübner // Fotos Johannes Hübner, Classic Trader

Autor: Classic Trader

Die Classic Trader Redaktion besteht aus Oldtimer-Enthusiasten, die Euch mit spannenden Geschichten versorgen. Kaufberatungen, unsere Traum Klassiker, Händlerportraits und Erfahrungsberichte von Messen, Rallyes und Events. #drivenbydesire

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