Range Rover Rometsch Jagdwagen – Eine britisch-deutsch-deutsche Geschichte
Der Range Rover wurde für das Gelände gebaut. Zwar mit britischer Noblesse bei der Ausstattung, hauptsächlich sollte er aber auch abseits befestigter Straßen gut voran kommen. Einige wenige Exemplare ließen sich jedoch von kaum einem Hindernis aufhalten und überwanden sogar die Berliner Mauer. So wie dieser Range Rover Rometsch Jagdwagen.
Jahrzehnte trennte die Berliner Mauer Ost und West. Ein Durchkommen war nicht leicht, harte Devisen und die Unterstützung staatlicher Organe konnten das aber durchaus vereinfachen. So kam es, dass die West-Berliner Karosseriebau-Firma Rometsch einen für die Zeit ungewöhnlichen Auftrag aus der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik erhielt, den Umbau eines Land Rover Range Rover.
Der Karosseriebauer Rometsch
Friedrich Rometsch war zunächst bei der renommierten Firma Erdmann & Rossi tätig, im Jahr 1924 seine eigene Karosseriebaufirma, die bis etwa zur Jahrtausendwende aktiv war. Karosseriereparaturen und Sonderaufbauten wie ein verlängerter Käfer für den Einsatz als Taxi waren der eine Geschäftszweig, berühmt wurde Rometsch aber vielmehr in den 1950er Jahren als Hersteller sportlich-eleganter Coupés und Cabriolets auf Käferfahrgestellen. Sie trugen die Namen Beeskow und Lawrence – nach den Designern der Autos Johannes Beeskow und Bert Lawrence. Als das deutsche Straßenbild noch allzu Käfer-lastig war, zeigte Rometsch, was auf Basis des Volkswagens alles möglich war. Und gewann damit nicht nur Käufer hierzulande, sondern reüssierte damit auch in den USA.
Zunächst bezog Rometsch seine VW-Chassis direkt von Volkswagen, aber spätestens mit dem Erscheinen des Karmann-Ghia war Volkswagen nicht mehr daran interessiert, einen Konkurrenten zu stärken. Über dritte gelangen zwar noch Fahrgestelle nach Berlin-Halensee, jedoch brach der Absatz von Rometsch ein. Gegen die VW-eigenen Coupés und Cabriolets stand er auf verlorenem Posten. Außerdem hatte man ab 1961 in West-Berlin ein anderes, politisches Problem. Die Mitarbeiter aus dem Ostteil der Stadt standen wegen dem Bau der Mauer abrupt nicht mehr zur Verfügung.
Range Rover Rometsch Jagdwagen – Von Solihull in die Schorfheide
So ging der Bau von eigenen Modellen in Kleinserie zu Ende und man widmete sich mehr Unfallreparaturen. Oder Einzelanfertigungen wie eben auch dem britischen Range Rover, der auf die andere Seite der Mauer sollte.
Zu den wenigen Hobbys des Partei- und Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zählte die Jagd. Die Schorfheide, eine Stunde nördlich von Berlin, wo schon die preußischen Könige Wild schossen, wurde zu DDR-Zeiten zu Staatsjagdgebiet. Ein weitläufiges Areal, ein Wild-Bestand, der regelmäßig mit neuen Tieren aus den Bruderstaaten aufgefüllt wurde. Und – wie sollte es anders sein – mit einem Zaun drumherum, damit die Tiere nicht entkommen konnten. So waren die Jagderfolge für die Staatsrat-Mitglieder und deren Gäste quasi vorprogrammiert. Kurioserweise war Honecker wohl ein guter Schütze, die geschossenen Tiere kamen aber nie auf seinen Teller.
Für solch ein großes Areal braucht es auch ein entsprechendes Fahrzeug, gerne mit dem Antrieb und den Annehmlichkeiten der Fahrzeuge aus dem Westen.
Vier Range Rover-Exemplare wurden im Lauf der Jahre geordert. Der erste Land Rover-Jagdwagen wurde 1982 noch in England umgebaut und innerhalb von nur 12 Wochen fertiggestellt, damit das Auto pünktlich zu Honeckers 70. Geburtstag übergeben werden konnte.
Offensichtlich kam das Auto so gut an, da schon drei Jahre später ein weiteres Exemplar in Auftrag gebegeben wurde. Diesmal wurde aber die Firma Rometsch in West-Berlin damit beauftragt, die sich die erste britische Variante als Vorbild nahm. Im Vergleich zum ersten war er mit mehr als 300.000 Mark mehr als 100.000 Mark teuer als der erste, handwerklich aber deutlich besser ausgeführt.
Der dritte – ebenfalls von Rometsch – wurde nahezu als Zwilling des zweiten 1987 gefertigt. Er steht heute im Fundus des Deutschen Technikmuseums in Berlin.
Während die DDR schon schwer taumelte, wurde der vierte Land Rover 1989 von Rometsch fertiggestellt. Das Auto blieb lange verschollen, tauchte später in Portugal auf und soll heute wieder in Deutschland sein.
Nummer zwei steht zum Verkauf
Nur eines dieser vier Exemplare steht aktuell zum Verkauf, der zweite insgesamt und der erste von Rometsch. Der aktuelle Besitzer hegt und pflegt seinen geschichtsträchtigen Range Rover seit vielen Jahren und ist bereit, sein Fahrzeug in gute Hände weiterzugeben.
Die Sorgfalt, die dem Wagen zuteilgeworden ist, lässt sich auf den ersten Blick sehen. Fast wie ein Neuwagen präsentiert sich der Range Rover Rometsch Jagdwagen. Der nicht modifizierte V8-Motor läuft mit einer Seelenruhe und auch das Automatikgetriebe schaltet butterweich.
Das Highlight des Fahrzeugs ist aber das Interieur. Der verlängerte Radstand schaffte Platz für eine ganze Jagdgesellschaft, sie sich auf der weichen Lammwolle bequem machen und die Beine ausstrecken konnten. Honecker soll gerne auch bei niedrigen Temperaturen das Verdeck – das sich natürlich elektrisch öffnen und schließen lässt – offen bevorzugt haben. Neben der wärmenden Polsterung sorgt auch die Standheizung für ein angenehmes Klima auch an kalten Tagen.
Der Rammschutz und die Zusatzscheinwerfen helfen auch bei jeder anderen Fahrt ins Gelände, sie müssen nicht zwangsläufig nur im Jagd-Kontext genutzt werden. Wobei dieses tadellos gepflegte Exemplar mit geringer Laufleistung eher nicht für harten Geländeeinsatz genutzt werden sollte.
Strenggenommen bietet sich der Range Rover Rometsch Jagdwagen eher für Enthusiasten an, die ihn mit derselben Sorgfalt weiter pflegen; oder als Krönung für jede Land Rover Sammlung. Wer kann schon behaupten, ein Auto zu besitzen, dass selbst den eisernen Vorhang überwinden konnte.
Fotos Michael Fahrig
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