Pick-Ups – Amerikanische Arbeitstiere

F-100 Pick-Up

Für die einen sind es vernünftige Fahrzeuge, für die anderen pure Provokation: Pick-Ups. Drei Modelle stehen exemplarisch für die amerikanischen Arbeitstiere.

Dass Vernunft nicht der ausschlaggebende Faktor beim Autokauf ist, dürfte durch die Absatzzahlen von SUVs hinlänglich belegt sein. Aber wie auch bei Sportwagen, die mit moderaten Geschwindigkeiten durch Vorstädte gefahren und von Nachbarn wegen des lauten Auspuffs kritisch beäugt werden, gilt auch bei Pick-Ups: die Vernunft muss ja nicht immer siegen. Über Funktionalität lässt sich weniger gut als über Geschmack streiten – dennoch werden Pick-Ups gerne heiß diskutiert und ihre Sinnhaftigkeit in Frage gestellt. Gerade im von Sicherheitsvorschriften geprägten deutschen Straßenbild sind Pick-Ups eher eine Seltenheit, die meist noch dazu mit Hardtop bewegt werden. Noch seltener sind klassische Pick-Ups, die in der von Mercedes und Porsche geprägten Oldtimerlandschaft wahre Outlaws darstellen. Diese drei Pick-Ups, könnten den Export aus ihrem Heimatland aber durchaus wert sein.

Der Meilenstein Amerikanischer Pick-Ups – Ford F-100

Man könnte so weit gehen und die Ford F-Serie als amerikanischen Käfer beziehungsweise Golf bezeichnen. Seit über 30 Jahren handelt es sich bei der F-Serie, die mittlerweile in der 13. Generation angeboten wird, um das meistverkaufte Auto in den USA, wobei der Vergleich zu Volkswagen gerade hinsichtlich der Dimensionen etwas zu kurz kommt. Zum Erfolg der Serie haben neben dem relativ günstigen Preis auch die unzähligen Versionen beigetragen, in denen die einzelnen Generationen des F-100 offeriert wurden. Mit zunehmendem Alter gewann der F-100 immer mehr an Volumen, Radstand und Platzbedarf. Der Grundstein für die Erfolgsgeschichte wurde noch in den späteren 1940er Jahren mit dem Ford F-1 gelegt, der abhängig vom zulässigen Gesamtgewicht von F-1 aufsteigend bis F-8 vermarket wurde. Mit der in den 1950er erschienenen zweiten Generation etablierte sich die Verkaufsbezeichnung F-100. Betrachtet man die verschiedenen Generationen des amerikanischen Bestsellers in historisch korrekter Reihenfolge, lässt sich die Entwicklung vom nahezu kugelrunden Pick-Up der Nachkriegszeit über die harten Kanten der Siebziger und Achtziger-Jahre bis hin zu wieder runderen Designs der jüngeren Jahre nachverfolgen. Der als Full-Size klassifizierte PickUp wird seit jeher wie Chevrolet El Camino und die Dodge D-Serie von Reihensechszylindern oder V8-Motoren angetrieben.

Gemessen an den zunehmend gewachsenen Ausmaßen des Boliden ist dies vielleicht bei den späteren Baujahren sogar gerechtfertigt. Gewissermaßen sprechen 70 Jahre Produktionsgeschichte, über 35 Millionen hergestellte Exemplare und die überaus treue Fangemeinde schließlich auch für sich.

Unvernunft auf vier Rädern – Chevrolet El Camino

Beim El Camino handelt es sich gewissermaßen um ein Phänomen. Der in fünf Generationen gebaute Pick-Up aus dem Hause Chevrolet ist bekannt aus Funk und Fernsehen, stand Pate für ein erfolgreiches Rock-Album und machte seinerzeit das Phänomen des Coupé-Pick-Up salonfähig, nachdem derartige Versuche bereits in den 1930ern nach kurzer Zeit wieder eingestampft wurden. Wie auch der Hauptkonkurrent Ford mit seinem Ranchero entschied man sich bei Chevrolet für eine spanische Bezeichnung – während ersteres „Rancher“ heißt, lässt sich El Camino mit „die Straße“ oder „der Pfad“ übersetzen und referiert einen als El Camino Real bezeichneten Weg, den spanische Missionare in Kalifornien anlegten. Eine Besonderheit des sportlichen Pick-Ups ist die Basis: er stützt sich auf einen zweitürigen Kombi und kommt somit deutlich leichtfüßiger daher als ein ausgewachsener Schwerlast-Pritschenwagen amerikanischer Bauart. Hinsichtlich des Designs ging man mit der Zeit: während die erste Generation noch mit zeitgenössischer Heckflosse und Chromverzierungen ausgeliefert wurde, kam die zweite Generation etwas spartanischer daher. Wahlweise mit Sechszylinder-Reihenmotor oder V8 ausgestattet, könnte man den El Camino unter heutigen Gesichtspunkten sicherlich als verschwenderisch und übermotorisiert bezeichnen – man könnte derartig lästige Nebensächlichkeiten aber auch mit dem angenehmen Blubbern des V8 übertönen und auf einem Grashalm kauend Hank Williams lauschen.

Des Rams großer Bruder – Dodge D-Serie

Während der amerikanische PickUp-Connaisseur den El Camino eher als PKW statt als waschechten Truck bezeichnen würde, weht bei der Dodge D-Serie ein anderer Wind. Der zwischen 1961 und 1980 gebaute Vorgänger des Dodge Ram wurde ebenfalls wahlweise mit Sechszylinder-Reihenmotor oder V8 ausgeliefert und wirkte verglichen mit dem El Camino deutlich bulliger und pragmatischer. Insgesamt wurde die D-Serie in drei verschiedenen Generationen gebaut, die durch Sonderversionen wie das „Custom Sports Special“, das „High Performance Package“ sowie das „Dude Sport Trim Package“ erweitert wurden.

Unverändert blieb die robuste Ladefläche allerdings generationsübergreifend und lädt auch heute noch förmlich zum Beladen mit Schwerlast ein. An der Linie der D-Series lässt sich in bemerkenswerter Weise der Wandel des Automobildesigns nachverfolgen – während die in den frühen 1960er Jahren gefertigte erste Generation dem Zeitgeist noch mit Ecken und Kanten entsprach, wurden die folgenden Generationen zunehmend runder und voluminöser. Dass die D-Serie heute etwas im Schatten des Nachfolgers steht ist bedauernswert, da man sich mit ihr den Wunsch vom amerikanischen PickUp erfüllen kann, wie er im Buche steht. Auf dem Markt für Oldtimer stellen amerikanische Pick-Ups gewissermaßen eine Nische in der Nische dar; nicht jeder Fan klassischer Fahrzeuge ist von amerikanischem Blech begeistert, nicht jeder Ami-Freund mag Pick-Ups. Und gerade das macht die Thematik spannend – hier hat man mit wahren Exoten zu tun, die der breiten Masse häufig verborgen bleiben. Blendet man herumrutschendes und vom Regen durchnässtes Transportgut auf der Ladefläche sowie deutsche Ladungssicherheitsgesetze einmal aus, kann man jede Menge Freude an einem Pick-Up haben.

Text: Jan Fröhlich Fotos: Christopher Cocks / Old Rockets, Ford Motor Company, Gasoline Kitchen, General Motors

Autor: Jan Fröhlich

Jan Fröhlich ist Redakteur beim Classic Trader Magazin und begeistert sich leidenschaftlich für klassische Fahrzeuge. Traum-Klassiker: Mercedes Benz 300 SL & Porsche 356 Eigener Klassiker: Velo Solex 3800 von 1968

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