Oldtimer im Winter – Tipps von Armin Schwarz

Oldtimer im Winter Volvo Amazon 121 (6)

Für viele Oldtimer-Fahrerinnen und -fahrer stellt sich jeden Herbst die gleiche Frage: Soll ich den Oldtimer im Winter wegstellen oder weiterfahren? Viele Faktoren sollten dabei bedacht werden, daher fragen wir am besten mit Armin Schwarz jemanden, der sich auskennt, mit Oldtimern und dem Autofahren in Extremsituationen.

Wegstellen oder ganzjährig fahren, da scheiden sich die Geister. Was ist richtig? Wie machen Sie es?

Ein klares „richtig oder falsch“ gibt es eigentlich nicht. Es sind mehrere Faktoren, die Einfluss auf die Entscheidung haben sollten, seinen Klassiker trocken zu lagern oder weiter auf der Straße zu bewegen. Das hängt beispielsweise von der Region ab, in der man lebt. Winter ist in unseren Breiten nicht gleich Winter. Es gibt die höhergelegenen Gegenden, wo es strengen Frost und starken Schneefall gibt. Aber auch die Regionen, wo es selbst in der kalten Jahreszeit sonnige, trockene Tage gibt. Wenn man das Auto nicht mit Saisonkennzeichen fährt, spricht eigentlich nichts dagegen, es auch bei Minusgraden den Oldtimer im Winter ab und an zu bewegen.

Es dreht sich aber auch um die Fragen, wie selten das Fahrzeug ist und was die Konsequenzen des Winterbetriebs wären. Wenn man einen seltenen Oldtimer besitzt, der im Hinblick auf Rostvorsorge nicht so gut dasteht, muss man das möglicherweise anders betrachten.

Da spielt es auch keine Rolle, ob es sich um einen geländegängigen Allradler handelt. Auch den frühen Offroadern kann Schnee und Salz zusetzen, so gut sie sich auf glattem Untergrund schlagen. Als Faustformel kann man sich vielleicht merken, je seltener und sensibler ein Klassiker ist, desto deutlicher sollte das Pendel in Richtung reiner Sommerbetrieb ausschlagen.

Was sind eigentlich die Hinderungsgründe, warum man im Winter nicht fährt? Kälte, Nässe oder was genau setzt dem Material zu?

Die reine Kälte ist eigentlich nicht das Problem. Gewiss, bei Dauereinsatz im sehr niedrigen Temperaturbereich leiden Gummidichtungen und Material stärker, das sehe ich bei meinen Armin Schwarz Driving Experience-Events in Lappland beispielsweise. Aber im Alltagsgebrauch hierzulande sind die Fahrzeuge auch nicht solche extremen Witterungen ausgesetzt.
Die eigentlichen Belastungen rühren vom Schneematsch und vor allem dem Salzeinsatz auf gestreuten Straßen her. Wenn sich die Feuchtigkeit in den einzelnen Komponenten der Karosserie festsetzt und das Salz dem Blech zusetzt, kann es im Frühjahr ein böses Erwachen geben. Auch der Rollsplit kann schaden, dem Lack vor allem, aber daraus kann auch schnell ein Problem für das Blech erwachsen.

Oldtimer im Winter Mercedes-Benz G-Klasse

Was gilt es zu beachten, wenn man auch den Oldtimer im Winter fährt? Muss man technisch etwas vorbereiten, Reifen, Flüssigkeiten oder sonstige Komponenten?

Ganz gleich, wofür man sich entscheidet, weiterfahren oder wegstellen. Man sollte sich und das Fahrzeug darauf vorbereiten. Ganz bedeutend für die Verkehrssicherheit sind die Reifen. Gerade bei einem Oldtimer würde ich stets reine Winterreifen empfehlen. Was die Gummimischung und das Profil angeht, haben sie große Vorteile gegenüber Ganzjahresreifen im Hinblick auf Bremswirkung und somit die Sicherheit.

Bevor man die Winterreifen aufzieht, sollte man den Zustand in Augenschein nehmen. Winterreifen haben nur den ersten beiden Jahren die beste Wirkung. Sind die Reifen schon älter, sind sie unabhängig von der Laufleistung nicht mehr so tauglich, da lohnt ein Wechsel.

Auch die Flüssigkeiten sollte man sorgfältig prüfen, Wischwasser, Frostschutz, Bremsflüssigkeit. Beide Bestandteile sollten aber ganz unabhängig vom Fahrzeugalter auch bei Neuwagen stets im Auge behalten werden.

Ist Ihr Auto winterfest? Hier Checkliste downloaden.

Ich empfehle auch immer, nicht nur im Stand Dinge zu kontrollieren, sondern sich auch praktisch damit auseinanderzusetzen, was im Winter auf mich zukommen könnte. In beiden Fällen, ob das Auto schon ein frühes ABS oder keine Bremsassistenten hat, sollte man sich darauf vorbereiten, wie sich das Fahrzeug auf glatter Strecke verhält und wie sich der Bremsweg auf glattem Untergrund verändert. Wenn man es im Alltag erst herausfinden muss, mag es zu spät sein. Daher sollte man sich lieber zuvor auf einer Teststrecke, einem Fahrsicherheitstraining oder ähnlichem vorsichtig herantasten. Manch einer wird überrascht sein, wie sich beispielsweise sein schwerer Offroader verhält, wenn man auf Schnee eine Notbremsung durchführen muss. Die Übung zuvor schult die Sinne und lässt einen im Ernstfall früher und besonnener reagieren.

Gibt es Fahrzeuge, die sich gar nicht für den Wintereinsatz eignen? Oder von der anderen Seite gesehen, gibt es Fahrzeuge, die Sie ideal für den Winter- oder Ganzjahreseinsatz halten?

Da muss man unterscheiden, es gibt die Autos, die technisch gute Voraussetzungen mitbringen und sicher und zuverlässig im Winter vorwärtskommen. Ein Geländefahrzeug wird einen gewiss auch im Winter gut auf Schnee und Eis voranbringen, ein gut erhaltener Allradler wird den Fahrer kaum im Stich lassen, auch wenn die Witterung nicht sonderlich gut ist.

Der andere Aspekt, ob man dem Oldtimer im Winter den Umwelteinflüssen aussetzen möchte, ist eben die andere Frage. Wenn das Blech beispielsweise unter der Witterung und den Begleiterscheinungen leidet, wird ein geländegängiger Allradler am Ende des Winters genauso die Quittung geben wie beispielsweise ein Roadster aus derselben Epoche.

Wenn man tatsächlich auf schneebedeckten oder glatten Straßen unterwegs ist, wie bereitet man sich darauf vor?

Theoretisch sind die Auswirkungen der Straßenverhältnisse für aktuelle Fahrzeugmodelle und Oldtimer gleich. Worauf sich ein Klassiker-Fahrer aber einstellen muss, ist die Abwesenheit von allerlei Assistenten. Gerade wenn man gewohnt ist, dass der Alltagswagen ABS, ESP und weitere Hilfen an Bord hat, muss einem klar sein, dass der Klassiker eben nicht eingreift, wenn man ins Rutschen kommt oder das Auto bei einer Vollbremsung nicht lenkt.

Da hilft einfach nur Übung, um im richtigen Moment klaren Kopf zu bewahren und richtig bei möglichen Gefahrensituationen zu reagieren. Es gibt eine Vielzahl von Angeboten und Kursen, wie man das praktisch lernen kann. Gerade, wenn man eher selten aktiv im Auto „arbeiten“ muss, empfiehlt sich solche eine Fortbildung.

Oldtimer im Winter BMW 3er E36 (13)

In Inseraten liest man oft: „Nie bei Schnee und Eis gefahren“. Senkt es wirklich den Wert des Fahrzeugs, wenn man ganzjährig fährt?

Es ist unbestritten, dass der Ganzjahreseinsatz einen höheren Verschleiß zur Folge hat. Sicher lässt sich vieles wieder reparieren und austauschen, aber man sollte sich bewusst sein, dass lange Zeit in sehr kalter Umgebung das Gummi beispielsweise spröde macht, neben den zuvor angesprochenen Punkten, die bei Fahren mit dem Oldtimer im Winter beachtet werden sollte. „Nie Schnee und Eis gesehen“ kann also durchaus ein berechtigtes Argument für einen höheren Preis sein.

Was heißt der Ganzjahreseinsatz eigentlich für den Sommer? Soll man im Frühling nochmal einen besonderen Checkup für das Ausmotten machen?

Auf jeden Fall lohnt sich eine sorgfältige Bestandsaufnahme im Frühling. Wie geht es der Karosserie, was machen die Flüssigkeiten? Natürlich sollte auch da Auto dann wieder „sommerfest“ gemacht werden, nachdem es zuvor ganz auf den Wintereinsatz abgestimmt wurde.

Was ist mit denen, die sich für das Wegstellen entscheiden? Können sie einfach den Oldtimer im Winter stehen lassen oder sollten sie auch auf Dinge achten?

Das sogenannte Einmotten ist natürlich auch mit einigen Aufgaben verbunden. Einfach den Oldtimer im Winter in die Garage stellen reicht nicht. Ich empfehle immer, das Auto gründlich zu reinigen und innen wie außen eine sorgfältige Sichtprüfung durchzuführen. Gerade im Interieur bei den Teppichen und der Polsterung, aber auch rund um den Kabelbaum und die Elektrik darf keine Feuchtigkeit sein. Wenn das Auto nicht komplett trocken steht, hat man durch das Einmotten nichts gewonnen, im Gegenteil, da kann es im Frühling ein böses Erwachen geben, wenn Schimmel und Rost die Gelegenheit haben, sich auszubreiten.

Genauso wichtig wie das Einmotten ist übrigens auch das korrekte Ausmotten. Nur den Motor warmfahren und davondüsen reicht nicht. Auch das Getriebeöl muss schließlich wieder geschmeidig werden. Und die Bremsflüssigkeit darf auch nicht vernachlässigt werden, sie wird möglicherweise Wasser gezogen und in ihrer Wirkung nachgelassen haben.

Als Rennleiter für mehrere Oldtimer-Rallyes haben sie mit einer Vielzahl von Klassiker-Besitzern zu tun. Motten die meisten ihren Oldtimer im Winter ein oder sind das vorwiegend Ganzjahresnutzer?

Das ist unterschiedlich. In meinen Gesprächen mit den zahlreichen Oldtimer-Liebhabern zeichnet sich aber schon ab, dass die emotionale Bindung zu den Fahrzeugen so groß ist, dass die Mehrheit den „Liebling“ pflegt und den Oldtimer im Winter wegstellt. Vielleicht ein Viertel der Klassiker-Fahrer lassen sich aber nicht von Jahreszeiten abhalten.

Sei es, dass sie ein Fahrzeug haben, was beispielsweise besser gegen Rost geschützt ist, oder dass sie den Klassiker auch als Alltagsauto verwenden. Letzteres ist aber eher die Minderheit.

Oldtimer im Winter BMW Training Martin Tomczyk (15)

Sie sind als Rallyefahrer von staubigen Pisten über strenge Winterrallyes alles gefahren. Was macht für Sie den Reiz des Fahrens aus Eispisten aus?

Als aktiver Fahrer mag ich am liebsten das Fahren auf losem Untergrund, gleich ob es sandige Böden oder Eis ist. Das ist einfach nochmal eine andere Herausforderung an den Fahrer. Man muss richtig arbeiten, driften, auch mal das Auto in die Kurve schmeißen und mit der Hinterachse lenken.

Das begeistert mich einerseits, ist aber andererseits auch ein Beitrag für meine eigene Fahrsicherheit. Die große Mehrheit der Autofahrerinnen und -fahrer ist sicher überrascht, wenn ein Auto ausbricht und sie wissen nicht so recht, wie man in diesem Moment reagieren muss, wenn keine helfenden Assistenzsysteme an Bord sind. Als Rallyefahrer hat man einfach den Vorteil, dass man es verinnerlicht hat, wie man ein Auto einfängt oder auf unvorhergesehen Lastwechsel reagiert. Das macht dann nicht nur auf der Piste Spaß, sondern hilft mit, auch im Alltag auf diese Erfahrungen zurückzugreifen, wenn man im Notfall reagieren muss.

Sie bieten die Armin Schwarz Driving Experience an. An wen richten sich die Events, Hobbyfahrer oder ambitionierte Sportler? Was nimmt man dort an Erfahrungen und Wissen mit?

Genau diesen Erfahrungsschatz und den Übertrag auf die Fahrsicherheit im Alltag versuche ich in den Events mitzugeben. Es gibt keine klare Zielgruppe und so sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr unterschiedlich, vom Fahranfänger bis zum Profi ist alles dabei. Das Niveau wird dabei flexibel angepasst und beispielsweise über die Länge der Spikes gesteuert. Es sind aktive Fahrtrainings in Lappland mit dem Ziel, dass man im Auto ständig „arbeitet“.

Wir sind mit Subaru STi Modellen mit mehr als 300 PS mit Spike-Reifen auf glattem Untergrund unterwegs, ständig im Lastwechselbereich. Es geht nicht darum, einfach nur ein paar Übungen durchzuführen, sondern das Auto und seine Reaktionen zu verstehen. Indem man das Fahrzeug in extremen Fahrsituationen sicher wieder einfängt, verinnerlicht man Stück für Stück, was man in solchen Situationen tun sollte. Wenn man beispielsweise die Spikes verlängert, erhöht sich die Haftung und die Reaktionszeit sinkt. Das fühlt sich dann schon weniger nach Schnee an, sondern entspricht eher der Haftung auf einer trockenen Straße.

Daher lernt man das richtige Verhalten auf Schnee, nimmt aber viel an Erfahrung und Wissen mit, um gegebenenfalls auch im Sommer in einer Gefahrensituation richtig zu reagieren.

Ist Ihr Auto winterfest? Hier Checkliste downloaden.


Oldtimer im Winter Armin Schwarz PortraitArmin Schwarz gehört zu den erfolgreichsten deutschen Rallyefahrern und prägte fast zwei Jahrzehnte die Rallyeszene. Bei 121 WM-Starts fuhr er 46mal in die Top Ten. Mit dem Gewinn des Weltmeisterschaftslaufs in Spanien 1991 ist er der bislang einzige Deutsche, dem nach Walter Röhrl ein Sieg bei einem WM-Lauf gelang. Zudem war er 1996 Europameister, in einem ersten Profijahr 1987 Internationaler Deutscher Rallyemeister und gewann zuvor als Amateur 1986 den Mitropa Cup.

Seit dem Ende der aktiven Karriere 2005 blieb Armin Schwarz als Team Manager, TV-Experte und Mitinitiator der heutigen Baja Deutschland tief in der Rennszene verwurzelt. In aktiven Fahrevents wie der Armin Schwarz Driving Experience gibt er seine Erfahrung an Interessierte weiter.

Als Rennleiter von Oldtimer Rallyes wie der OCC Küstentrophy oder der Hamburg- Berlin-Klassik zeichnet er sich verantwortlich für sportlich anspruchsvolle Veranstaltungen und bereichert die Events durch seine Fachkenntnis und seine sympathische Art.


Fotos BMW AG, Daimler AG, Volvo Car Group

Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

Weitere Artikel

Oberbayerische Meister-Classic 2024 OMC

Startplatz bei der Oberbayerischen Meister-Classic zu gewinnen

Classic Trader verlost in Kooperation mit dem Pascal Kapp Rallye-Team einen Startplatz bei der Oberbayerischen Meister-Classic 2024! weiterlesen Startplatz bei der Oberbayerischen Meister-Classic zu gewinnen

Eberhard Schulz Isdera Autobiographie Band 1a

Buchtipp | Eberhard Schulz – Weltbekannt und unerkannt

Eberhard Schulz: Techniker, Designer, Autokonstrukteur und -bauer, Rennfahrer – ein volles Leben, das einige aufregende Fahrzeuge hervorbrachte weiterlesen Buchtipp | Eberhard Schulz – Weltbekannt und unerkannt

Porsche Abmahnung Recht

Ihr gutes Recht | Abgemahnt von Porsche? – Was tun? – Wie vorbeugen?

Die Firma Porsche geht derzeit gegen viele Anbieter vor, die unter Verwendung des Porsche Logos solche Produkte in den Markt bringen, die nicht von Porsche hergestellt oder lizensiert sind. weiterlesen Ihr gutes Recht | Abgemahnt von Porsche? – Was tun? – Wie vorbeugen?