Mercedes-Benz W 123 – Vernünftige Emotionalität

Mercedes-Benz W 123

Als ich mir vor mittlerweile sieben Jahren meinen Mercedes-Benz W 123 kaufte, hatte ich ursprünglich vermeintlich aufregendere Fahrzeuge im Kopf. Eher Roadster aus italienischer und britischer Produktion. Aber in meiner angedachten Budgetklasse sah ich mich zunehmend mit Bauchschmerzen ob der drohenden Folgekosten konfrontiert. Je länger die Suche dauerte, umso mehr reifte der Gedanke, vielleicht doch besser auf ehrlichen Stuttgarter Stahl und Chrom zu setzen. Spätestens als ich bei der Probefahrt in einem 1981er 230 CE Platz genommen hatte, den Wählhebel der Dreigang-Automatik auf D stellte und das Heck sich startbereit absenkte, wusste ich dass ich meine Wahl getroffen hatte.

Mercedes-Benz W 123 – Taxi, Lastenesel oder Sänfte?

Mit dieser Entscheidung stehe ich nicht alleine da, wie das Straßenbild heute noch zeigt. Egal ob als Limousine, Coupé oder als Kombi bzw. T-Modell ist die Baureihe W 123 für ihr Alter sehr präsent im Straßenverkehr. Damit stellt sich schon die erste Frage in der Entscheidungsfindung: Das Taxi-Gefühl der 80er reaktivieren und die Limousine fahren, vom praktischen Nutzen des ersten Mercedes-Kombis profitieren oder im eleganten Coupé gleiten? Bei allen Fahrzeugtypen ist die Angebotsseite ausreichend abgedeckt und die Ersatzteilversorgung sieht gut aus. Der Kombi wurde gerne als zuverlässiges Arbeitstier eingesetzt, daher sind gut erhaltene Modelle mit wenigen Kilometern eher selten und dementsprechend teurer.

Was die Laufleistung betrifft, kann man sich als Interessent aber durchaus entspannt geben. Die Motoren des Mercedes-Benz der Baureihe W 123 , Benziner und Diesel gleichermaßen, gelten gemeinhin als sehr zuverlässig. Gerade die Diesel-Motoren OM 615, 616 und 617 haben sich über die Jahre bewährt. Was Benziner angeht, sind die Einspritz-Motoren M102 und 110 heute wohl häufigsten auf dem Markt vertreten. Die Wahl zwischen der Laufruhe des Reihen-Sechszylinders von Mercedes und dem etwas sparsameren, aber mit durchaus ausreichender Leistung ausgestatteten Vierzylinder ist wohl Geschmackssache. Die Bosch Jettronic sollte in gutem Zustand sein, eine Fehlersuche kann dort sehr zeit- und kostenintensiv sein.


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Mercedes-Benz W 123 – Mögliche Schwachstellen

Die größte Gefahr des Mercedes-Benz W 123 ist sicherlich der Rost. Zu den bekannten gefährdeten Stellen wie Schwellern, Radläufen, Türen und Unterboden sollte man auch einige spezifische Stellen im Auge behalten. In allen Varianten sollten die Wagenheberaufnahmen in Ordnung sein, bei den Kombis sollte die Heckklappe besondere Aufmerksamkeit erfahren. Die Wasserabläufe des Coupés an der C-Säule neigen dazu, zu verstopfen und bieten damit eine Angriffsfläche für weitere Rostherde. Auch in Verbindung mit den Dichtungen an Fenstern, Türen und gegebenenfalls dem Schiebedach besteht die Gefahr von ungewolltem Wassereinbruch mit den entsprechenden Konsequenzen.

Wenn man aber die bekannten Schwachstellen im Blick hat und auf Laufleistung und Zustand den allgemeinen Zustand achtet, erhält man ein grundsolides Fahrzeug. Ab einem mittleren vierstelligen Betrag erhält man bereits Fahrzeuge in einem recht guten Zustand, Preise für sehr gut erhaltene Modelle mit wenigen Kilometern, beispielsweise die Sechszylinder-Benziner 280 CE, TE oder der das T-Modell 300 TD, können durchaus die 20.000 EUR Grenze durchbrechen.

Für mich ist am Ende des Tages die Kaufentscheidung für einen Mercedes-Benz W 123 eine gute Wahl gewesen, die ich heute wahrscheinlich genauso treffen würde. Für ein überschaubares Budget erhält man einen sehr zuverlässigen und durchaus stilbewussten Einstieg in die klassische Mobilität. Und wer weiß, vielleicht wird es nach dieser guten Erfahrung beim nächsten Kauf doch noch ein wenig exklusiver.


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Text Paolo Ollig // Fotos Classic Trader


Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

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