Mazda MX-5 – Die Wiedergeburt des klassischen Roadsters

Seit jeher begeistern sportliche, kleine, offene Zweisitzer. Im Zuge der Vernunft, Praktikabilität und strengerer Sicherheitsvorschriften verschwanden sie aber etwas von der Bildfläche. Bis Mazda mit dem MX-5 der Gattung Roadster Anfang der 90er neues Leben einhaucht .

Der Legende nach begann alles mit einem Benzingespräch zweiter Autonarren. Der eine, Bob Hall, war amerikanischer Motorjournalist mit Hang zu europäischen Roadstern und einem Bein in Japan. Der andere, Kenichi Yamamoto, war beim sagenumwobenen Treffen am 16. April 1979 in Hiroshima Chef der Forschungs-und Entwicklungsabteilung bei Mazda.

Fünf Jahre später sollte er dort zum Präsidenten aufsteigen. Anfang der 80er hatte Mazda einige Fahrzeuge im Portfolio, ohne den Japanern aber zu nahe treten zu wollen, allesamt etwas sehr konventionell und „unspektakulär“.

Mit dem Start des Projekts OGG im November 1983 sollten ein paar frische, attraktive Produkte hinzugefügt werden. OGG stand für „Off-Line Go-Go“: „Off-Line“ sollte den experimentellen Charakter ausdrücken und das „Go-Go“ für die japanische Zahl 55 stehen, da alle Projekte in diesem Programm eine mindestens 55-prozentige Chance auf Realisierung haben mussten, um weitergeführt zu werden.

Auf der Liste standen ein kleines Modell mit 660 cm³ Hubraum, ein funktionaler Van und möglichst auch ein leichter Sportwagen unterhalb des RX-7. Tatsächlich sollten in der Folge in allen Gattungen ein passendes Auto auf die Straßen kommen: Das Kei-Car Carol, der MPV und eben der MX-5.

Aber der Weg sollte noch eine Weile dauern. Erstmal musste man sich überlegen, wo genau die Reise hingehen sollte. Schnell herrschte Einigkeit darüber, dass man am Wettstreit „größer, stärker, schneller – und teurer“ nicht teilnehmen wollte. Aber lieber ein geschlossenes Coupé mit Frontmotor und Frontantrieb oder doch lieber ein Mittelmotor und Heckantrieb? Oder doch ganz was anderes, fast klassisches, ein Cabriolet mit Frontmotor und Heckantrieb? In jedem Fall sollte der Wagen vor allem mehr mit Blick zum US-Markt gebaut werden, als sich nur auf den Heimatmarkt zu fokussieren.

Eine japanisch-amerikanische Koproduktion

Die Coupés wurden in Japan entworfen, für das Cabriolet wurde das amerikanische Mazda-Designteam engagiert. Irgendwie mussten sie wohl näher am amerikanischen Geschmack gewesen sein, denn schließlich gewann ihr Konzept vom Roadster mit Frontmotor und Heckantrieb das Rennen.

Den Kopf zerbrechen, wie man die Idee in ein Serienfahrzeug übersetzt, durften dann wiederum die japanischen Ingenieure. Dabei durfte aber nach Möglichkeit kein bisschen des Fahrspaßes und des „zoom-zoom“ verloren gehen. Weit bevor dieser Begriff im Marketing- Sprachgebrauch bei Mazda Fuß fasste, hatten sie sich im Laufe der Zeit diverse blumige Begriffe auf die Fahnen geschrieben. „Jinba-Ittai“ war das Motto, während die Ingenieure den MX-5 entwickelten.

Das nicht ganz eins zu eins zu übersetzende Bonmot lässt sich am ehesten mit der Verbindung von Reiter und Pferd beschreiben. So sollte auch das Auto mit dem Fahrer eine perfekte Symbiose eingehen.

Mazda MX-5

Ein niedriges Fahrzeuggewicht bei ausgeglichener Verteilung zwischen Vorder- und Hinterachse, niedriger Fahrzeugschwerpunkt, ein weit hinten platzierten Frontmotor, leichtgängiges Fahrerlebnis und ein einfach zu bedienendes Stoffdach sollten die Zutaten für ein inniges, unmittelbares Fahrerlebnis sein. Im Frühjahr 1987 wurde schließlich ein seriennaher Prototyp nach Los Angeles verschifft, wo sich der Roadster Testpersonen und Händlern stellen musste. Und er bestand mit Bravour.

Sowohl die potentiellen Käufer waren vom Auto angetan, als auch die US-Händler, die den Wagen am liebsten sofort geordert hätten.  So gestärkt ging es in die letzten Etappen zur Serienfertigung: Schließung des Designprozesses im Herbst 1987, Präsentation des MX-5 NA auf der Chicago Motor Show im Frühjahr 1989 sowie die Europapremiere bei der IAA in Frankfurt am Main im September 1989.

Mazda MX-5 – Der Siegeszug des Puristen

Was die Messebesucher damals begeisterte und auch die Käuferinnen und Käufer der weit mehr als 400.000 produzierten Einheiten des MX-5 in den Bann zog, war vor allem das puristische Gesamtkonzept. Bei 2.265 mm Radstand war er 3.975 mm lang, 1.675 mm breit und nur 1.230 mm hoch.

Zur optimalen Gewichtsverteilung wurden alle schweren Teile zwischen die Achsen verteilt. Der Motor recht weit hinten angeordnet, der Tank vor der Hinterachse platziert und die Batterie in den Kofferraum verfrachtet. Somit wurde die Verteilung von 50:50 fast exakt getroffen. Bei der Radaufhängung handelte es sich um eine komplette Neuentwicklung. Erstmals kam in einem Mazda-Modell sowohl an den Vorder- als auch an den Hinterrädern eine Doppelquerlenker-Aufhängung zum Einsatz.

Das gab den Ingenieuren mehr Freiheiten bei der Fahrzeugabstimmung und verbesserte den Kontakt der Reifen mit der Fahrbahn. Für den Antrieb war der Ausgangspunkt der Entwicklung der quer eingebaute Motor aus der zweiten Generation des Mazda Familia (323) mit Frontantrieb, der auf eine Konfiguration mit Hinterradantrieb ausgelegt wurde.

 

In seiner neuen Gestalt mit gusseisernem Motorblock, Aluminium-Zylinderkopf mit zentraler Zündkerze und modifiziertem Ventiltrieb erhielt der 16V-DOHC-Vierzylinder die Bezeichnung B6-ZE (RS). Mit einem Verdichtungsverhältnis von 9,4:1 und einer elektronisch gesteuerten Einspritzung entwickelte das Triebwerk 85 kW/115 PS bei 6.500/min und ein maximales Drehmoment von 135 Nm bei 5.500/ min. Dank einer voll gewuchteten Kurbelwelle und leichten Pleuelstangen konnte das Drehzahllimit von 7.000 auf 7.200/min angehoben werden.

Knappe Proportionen, kurze Schaltwege

Beim eng abgestuften Fünfgang-Schaltgetriebe konzentrierten sich die Entwickler auf leichte und schnelle Gangwechsel. Dafür sorgten kurze Schaltwege, eine Kupplungsscheibe mit geringer Trägheit und Synchronkegel mit großem Durchmesser. 1990 wurde auch ein Viergang-Automatikgetriebe angeboten, aber wenn es ein Auto gibt, dass man zwingend mit der knackigen manuellen Joystick-Schaltung fahren sollte, dann ist das der MX-5.

1994 wurde der 1,8 Liter Motor mit 96 kW/131 PS bei 6.500/min und 152 Nm bei 5.000/min eingeführt. Die Achsübersetzung wurde auf 4,1:1 verändert, die Steifigkeit erhöht und die Aufhängung verbessert. Ein Jahr später wurde der 1,6 Liter Motor durch ein neues Einstiegs-Aggregat ersetzt. Die Leistung des kleinen Motors sank auf 66 kW/90 PS, durch eine neue Motorsteuerung wurde das Ansprechverhalten geändert, um nicht zu viel des Fahrspaßes aufzugeben.

Das Beschränken auf das Wesentliche spiegelt sich auch im Außen- und Innendesign wider. Klare Linien und stimmige Formen und Proportionen kennzeichnen das Äußere. Die Klappscheinwerfer waren seinerzeit ein typisches Erkennungsmerkmal der Mazda-Sportwagen. Innen geht es sachlich und minimalistisch zu. Im Vergleich zu früheren britischen und italienischen Roadstern musste man sich wohl erst an die weniger hochwertigen Materialien gewöhnen. Aber dafür bekam man auch keinen günstigeren Einstieg in die Welt der kleinen, sportlichen, offenen Zweisitzer.

Zum Marktstart kostete der MX-5 NA mit dem 1,6 Liter Motor in Deutschland ab 35.500 DM, die späteren Sondermodelle sowie die Variante mit dem größeren Motor gingen in Richtung 40.000 DM und darüber hinaus. Bis zur Produktionseinstellung im Januar 1998 und der Ablösung durch die zweite Generation NB wurden insgesamt 431.506 Einheiten produziert.

33.911 Fahrzeuge davon wurden erstmals in Deutschland zugelassen. Heute erfreut sich gerade der NA als Klassiker großer Beliebtheit.  Bis heute wird der MX-5 gebaut, aktuell in der vierten Generation ND. Insgesamt liefen bereits mehr als 1.000.000 Exemplare vom Band. Interessanterweise steht der NA in Bezug auf die Produktionszahlen bis heute an der Spitze.

Vom NB waren es schon „nur“ etwa 290.000 Fahrzeug, der ND liegt aktuell bei etwa 140.000 Stück. Er kann aber noch aufholen, auch durch die zusätzliche Targa-Coupé-Version RF.

Damals wie heute ist der MX-5 ein verhältnismäßig günstiger Einstieg. Ab mittleren vierstelligen Werten kann man schon das offene Roadster-Feeling genießen, selbst gute Modelle liegen teilweise unter 10.000 EUR.

Das Fahrzeug wurde freundlicherweise von Mazda Classic – Automobilmuseum Frey zur Verfügung gestellt.

Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

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