Leseberg Automobile im Classic Trader Händlerportrait

Leseberg-baumann

In den Classic Trader Händlerportraits stellen wir Ihnen regelmäßig ausgewählte Oldtimer-Händler vor, die unser aus 15 Fragen bestehendes Interview beantworten.

15 FRAGEN AN Niels Baumann VON LESEBERG AUTOMOBILE


Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor. Was ist das Spezialgebiet Ihres Unternehmens?

Seit 1963 sind wir nun schon eine Mercedes Vertragswerkstatt. Ein Standbein dabei ist seit 1999 unsere Leseberg Automobile Classic Abteilung mit Werkstatt und Verkauf. Hier sind wir zwei Mechaniker, ein Werkstattleiter, der Abteilungsleiter, eine Sekretärin und ich, der Ein- und Verkäufer (seit 2007). Wir haben uns in der Werkstatt auf Autos aus den Jahren 1960 bis 1991 spezialisiert, nehmen aber selbstverständlich auch Aufträge für sämtliche andere Baujahre an. Im Verkauf liegt der Schwerpunkt zwischen 1960 und 1971, aber auch hier gibt es selbstverständlich Ausnahmen. Häufig bieten wir Autos an, die noch etwas Liebe brauchen und so kaufen auch viele Händler bei uns.

Wann sind Sie dem „Virus“ klassischer Fahrzeuge verfallen? Gab es ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Kindheit / Jugend, das Sie zum Oldtimer-Enthusiasten gemacht hat?

Ich selbst hatte mit gerade einmal 16 meinen ersten Oldie: Mercedes 230 Heckflosse. Und seitdem hatte zumindest ich ständig mindestens ein altes Auto zu Hause. Ein Schlüsselerlebnis hatte ich nicht. Für mich sind aber die unglaublich harmonischen Formen älterer Autos ein Hochgenuss.

Was mögen Sie an Ihrem Job am meisten – was am wenigsten?

Am meisten freue ich mich über Kunden, die eine interessante Geschichte erzählen können. Dann ist es ist mir natürlich stets ein Fest, ein tolles Auto ergattert zu haben. Wenn dann so ein Oldtimer ein gutes neues Zuhause findet, ist das auch für mich ein tolles Gefühl. Es gibt aber durchaus auch Besucher, deren Äußerungen von Neid und Missgunst getränkt sind. Oder Menschen, die vermeintlich alles besser wissen und besser können, denen auch das aktuelle Preisgefüge nicht gefällt. Diese Art Heimsuchung braucht kein Mensch – auch ich nicht. Und selbstverständlich ist es immer ärgerlich, wenn ein Auto sich dann doch als schlechter herausstellt, als gedacht. Ich muss ja ganz häufig die Katze im Sack kaufen.



Welche Marke(n) hat / haben es Ihnen angetan? Welches sind Ihre drei Lieblingsklassiker und warum?

Ganz klar liegt unser Fokus auf Mercedes – hier kennen wir uns am besten aus, haben die besten Kontakte, die meisten Erfahrungen und auch die beste Teileversorgung.

Ich selbst finde diverse Engländer auch wunderschön, schrecke aber doch ein wenig vor der eher lässigen Verarbeitung (besonders ungefähr aus den Jahren 1970 bis etwa 1985) zurück. Aber ein Jaguar XK 120 Roadster, ein früher E-Type oder ein Rolls-Royce Silver Cloud III Cabrio sind schon noch (unerfüllbare …?) Träume von mir.

Die Formensprache von Paul Braq hingegen wurde auch in höchster Qualität umgesetzt und in Form von Pagoden, Mercedes 111 / 112 Coupés / Cabrios oder 108 / 109 S-Klassen in den Umlauf gebracht.

Ich glaube ich kenne zu viele Autos, um mich auf drei Lieblingsklassiker beschränken zu können. Ralph Laurens Mercedes SSK „Graf Trossi“ ist sicher eines der schönsten Autos aller Zeiten – aber für mich absolut niemals zu erreichen. Außer Herr Lauren adoptiert mich …

Ein Mercedes W111 Coupé hingegen ist wunderschön, von höchster Materialgüte und Verarbeitungsqualität. Und fährt in der Regel auch noch prima – besonders die späteren Versionen, mit 2,8 oder 3,5 Liter Hubraum.

Dass ein Jaguar E-Type äußerst sexy und einfach schön ist, hat bereits Enzo Ferrari festgestellt. Hier lässt jedoch meinen Banker der Kaufpreis zittrig werden, wenngleich unter Verzicht der aktuellen Sammlung durchaus ein Kauf realisierbar wäre. aber meine Geduld mit der zickigen Qualität dieser Juwelen kombiniert mit den möglichen Anlaufstellen (Termine! Preise!) in Hamburg mich bislang schmerzlichen Verzicht üben lassen.

Ein Lancia Flaminia Pininfarina Coupé ist ein Traum. Eine Cobra wird es immer bleiben. Ein XK 120 ebenso. Ein Bugatti T 35 einfach nur geil – aber wo soll ich die Kiste meines Lieblingsbieres Jever unterbringen (nachdem mich Ralph Lauren adoptiert und die Anschaffung der Preziose möglich gemacht hat)? Die Mercedes Pagode ist schlicht perfekt, der Nachfolger auch (wenn auch etwas schwer und deutlich langweiliger), ein Porsche 911 wäre klasse (wobei ich die Wartungskosten frech finde), ein Ferrari 250 GTE 2+2 ein Liebling von mir, aber unerschwinglich.

Und diese Liste könnte quasi endlos fortgeführt werden: Jaguar XJ 12 Coupé, Mercedes 300 SEL 6,3, Ford Thunderbird aus 1956, Mini Cooper S, Citroen DS, Bentley R Continental, Ferrari 412 i …


Leseberg Automobile


Was war das außergewöhnlichste Fahrzeug, mit dem Sie es bisher zu tun hatten?

Außergewöhnlich, weil selten: E36 T 124.
Außergewöhnlich, weil teuer und selten: Mercedes 300 SL Roadster, 300 S Cabrio & Coupé.
Außergewöhnlich, weil lückenlos dokumentiert und fast aus der 1. Hand: Mercedes 190 SL.

Außergewöhnlich, wegen der Laufleistung: Mercedes 180 D aus 1958 mit original nur 5.500 Meilen.

Thema Wertsteigerung / -erhalt: Auf welches Pferd sollte man jetzt setzen? Wie glauben Sie wird es mit der Wertentwicklung in den nächsten Jahren weitergehen?

Schwer zu sagen. Originalität und Historie werden immer wichtiger.Kleine Stückzahl hilft sicher auch! Oder große mediale Verbreitung – man denke an Bobby Ewing und seinen Mercedes SL R 107!

Welches ist der aus Ihrer Sicht am meisten unterschätzte oder überschätze Klassiker und warum?

Sehr unterschätzt ist bei uns noch immer die 300 SE W112 – Reihe. Selbst als Cabrio ist der noch zu billig, finde ich. Die späten Porsche hingegen finde ich lächerlich teuer!


Leseberg Automobile - WerkstattLeseberg Automobile


Sehen Sie einen personellen Generationswechsel im Markt für klassische Fahrzeuge? Wenn ja, wie stehen Sie dazu?

Nachwuchs? Welchen Nachwuchs? Ich sehe weder bei Käufern älterer Autos Nachwuchs (Vorkriegsoldtimer kann man mittlerweile total vergessen – bis auf Spekulationsmodelle wie Mercedes 540 K oder Bugatti), noch sehe ich ausreichend Nachwuchs für die Werkstatt. Wir suchen allerdings bei Leseberg Automobile händeringend nach guten Handwerkern!

Was ist für Sie ein absolutes „Tabu“ in Sachen Klassiker?

Ein absolute Frechheit war es, als ein Radiosender in Deutschland das älteste Auto suchte, was verschrottet werden musste, um dem Gewinner eine blödsinnige, aktuelle Keksdose um den Hals zu hängen. Und den Stuss auch noch als Aktion für die Umwelt verkaufte. Ansonsten sollte „erlaubt“ sein, was Spaß macht! Warum nicht den Jaguar V 12 in den MG B einbauen?

Wo hört für Sie das Thema „Klassiker“ auf und vor allem warum?

Für mich hört er auf mit dem Baujahr 1971 – bei Mercedes. Qualitativ höchstwertig (als 600 bis 1981, OK), formschön, man kann mit einzelnen Modellen noch Menschen verbinden (Design von XY, Motor entworfen von XZ, Idee von YZ, etc.). Ansonsten ganz klar: Keine Elektronik!

Welche modernen Fahrzeuge haben für Sie das Potenzial, in 30 Jahren ein wirklicher Oldtimer zu werden?

Sondermodelle von Porsche? Ferrari? Bugatti? Ich kenne mich damit überhaupt nicht aus. Habe jedoch ernste Bedenken, ob die aktuellen Autos überhaupt noch so alt werden –man denke nur an die Elektronik!

Wie sehen Sie die Zukunft des Klassikerhandels und welche Herausforderungen gibt es?

Es wird immer schwieriger, gute Autos zu finden. Und es gibt zu viele Händler, die „nur mal so“ auf den Zug aufspringen und den seriösen Leuten, die viel Herzblut und Erfahrung mitbringen, unnötig das Leben schwer machen und den Ruf einer ganzen Branche gefährden. Wirklich gute, ehrliche Autos finden, wird die größte Herausforderung in der Zukunft sein.

Welches Fahrzeug möchten Sie unbedingt noch einmal fahren und vor allem warum?

Ich würde gern einmal einen Vorkriegs-Sportwagen fahren. Mercedes S, SS oder SSK oder auch einen Bugatti oder einen Bentley. Mich reizt deren Ursprünglichkeit und der zu erwartende nötige Kraftaufwand beim Fahren. Die Direktheit, die ich denke zu finden. Die Gerüche, die Geräusche! Ein Traum!

Was sind Ihrer Meinung nach die schönsten Strecken, die man mit einem Oldtimer „erfahren“ kann?

In der Toskana oder auch Cornwall findet man wunderschöne Strecken! Ansonsten auch einfach Küstenstraßen und Bergstrecken. Oder einfach übers Land fahren – gerne weit weg von größeren Städten und möglichst ganz weit weg von Staus!

Was würden Sie einem „Oldtimer-Neuling“ am liebsten mit auf den Weg geben?

Gucke Sie sich gut um! Finden Sie heraus, wer ehrlich ist und wer nicht. Das billigste Auto ist unter dem Strich unter Umständen am Ende das Teuerste. Am besten Sie nehmen einen Freund beim Kauf mit, der etwas von dem gesuchten Modell versteht – zur Not sollten Sie einen Fachmann engagieren. Kaufen Sie bei einem Profi – ein lange ansässiges Geschäft ist natürlich kein Garant für hohe Qualität, aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Betrieb seinen – hoffentlich – guten Ruf waren möchte ist groß.

Nehmen Sie sich in acht vor Klugschwätzern: Kaufen Sie nach Herz und aktuellem Geldbeutel, nicht danach, was gerade „en vogue“ ist, oder in der Zukunft eine Rendite verspricht. Es muss ja nicht gleich der Porsche 911 2,7 RS sein. Ich finde ein 912 sieht auch klasse aus. Und ein Mercedes 300 SEL 6,3 erfordert wesentlich mehr pekuniären Einsatz -in jeder Beziehung-, als der doch extrem ähnliche Mercedes 280 SE.

Nutzen Sie Ihr Auto, verschleißen Sie es aber nicht — die schönen, guten alten Autos wachsen eben nicht mehr nach!


KONTAKT ZU NIELS BAUMANN

Leseberg Automobile GmbH
Osdorfer Landstraße 193-217
22549 Hamburg

Tel.: 040 / 80 09 04 -0
Mail: [email protected]


Text Classic Trader, Niels Baumann // Fotos Classic Trader, Leseberg Automobile GmbH

Autor: Classic Trader

Die Classic Trader Redaktion besteht aus Oldtimer-Enthusiasten, die Euch mit spannenden Geschichten versorgen. Kaufberatungen, unsere Traum Klassiker, Händlerportraits und Erfahrungsberichte von Messen, Rallyes und Events. #drivenbydesire

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