Kolumne Zeitsprünge | Rover 825 – Britisch-japanische Coproduktion

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Rover 825: Ein Brite mit Honda-Motor, der nur mit Katalysator angeboten werden wird.

Wer an die britische Firma Rover denkt, schwelgt im Geruch edelsten Leders, sieht sich von Edelholz umgeben und umhüllt von Karosserien, die Understatement und Seriosität gleichermaßen zum Ausdruck bringen. Kurz: Ein Rover war stets der letzte Schritt vor dem Rolls-Royce – bevor sich Jaguar auf diese Stufe manövrierte.

Mittlerweile hat sich die Situation geändert: Jaguar ist „in“ – und Rover hat sich auf dem Weg von der Selbstständigkeit in die Abhängigkeit die Hände des Staats begeben. Ein Weg, der – zumeist – nichts anderes bedeutet, als: kein Geld mehr für die Entwicklung.

Rover 825 – Neue Kooperation für die britische Marke

Und so ist es denn kein Wunder, dass man sich bei Rover nach einem Partner umsah, der dabei helfen sollte, die immensen Kosten, die heutzutage bis zur Produktionsreife anfallen, zu tragen. Der Partner wurde im Fernen Osten gefunden – das Triebwerk, das Getriebe und die Lenkung kommen von Honda. Das Fahrwerk und die Karosserie kommen von Rover – und damit beide Partner auch weiterhin gegeneinander auf den Markt auftreten können, gibt es auch zwei verschiedene Versionen, die als Honda Legend und als Rover 825 zu den Händlern gelangen werden. Beide unterscheiden sich äußerlich stark, werden aber in denselben Werken gebaut werden.

Der Rover 825, der ab Februar 1987 auch in der Bundesrepublik angeboten werden wird, erweckt äußerlich nicht gerade den Eindruck, ein typischer Rover zu sein – mit insgesamt 13 Sicken, Senken und Dekorstreifen präsentiert sich die Seitenpartie in einer Art und Weise, die die Befürchtung aufkommen lässt, dass sich die Designer darum bemüht haben, dem japanischen Motor auch eine japanische Optik zur Seite zu stellen. Front- und Heckpartie sind sauber durchgestylt, lassen jedoch das Rover-spezifische vermissen.

Der Innenraum ist auf den Fondsitzen erforderlich groß – vorne wird es etwas enger, da die Mittelkonsole recht breit geraten ist und auch die Türgriffe weit in den Innenraum ragen. Das Armaturenbrett ist übersichtlich, das Lenkrad liegt gut zur Hand und die Sitze sind bequem – lassen allerdings (besonders, wenn sie mit Leder bezogen sind) etwas den Seitenhalt vermissen.

Alles neu im Rover 825

Das eigentlich interessante dieses Wagens ist jedoch der 2,5-Liter Sechszylinder, dem die Japaner pro Zylinder vier Ventile mit auf den Weg gegeben haben. Der V6-Motor leistet 150 PS, die der 1,4 Tonnen schweren Limousine zu über 210 km/h verhelfen sollen.

Erfreulicherweise hat sich Rover beim 825 dazu durchgerungen, ihn nur noch mit geregeltem Dreiwege–Katalysator anzubieten – allmählich scheinen sich auch ausländischen Firmen darüber im klaren zu sein, dass an dieser umweltfreundlichen Technik kein Weg mehr vorbei führt.

Das Honda-Triebwerk gibt sich vom ersten Moment an wie ein altvertrauter Bekannter: es schnurrt leise vor sich hin, stellt auch bei niedrigen Drehzahlen viel Drehmoment bereit und zeigt lediglich bei hohen Drehzahlen, dass es auch laut werden kann – aber diese Schwäche soll im Laufe der nächsten Monate noch beseitigt werden. Damit die guten Fahrleistungen auch tatsächlich realisiert werden können, will der Motor jedoch bei hohen Drehzahlen gehalten werden – dann erreicht der 825 nach 8,3 Sekunden (Automatik: 9,5 Sekunden) die 100 km/h-Grenze.

Die Verbrauchswerte dafür: Nach Angaben der Engländer rund zehn Liter auf 100 Kilometer – offizielle Angaben für die deutsche Version liegen noch nicht vor.

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Das Fahrwerk mit Doppelquerlenkern vorne und Federbeinen hinten ist fast zu komfortabel – etwas mehr Straffheit könnte dem Rover 825 durchaus gut tun. Zumal der Wagen von den deutschen Besitzern bestimmt nicht mit britischer Gemächlichkeit bewegt werden wird.

Ein Wort zu den Käufern, wie man sie sich bei Rover vorstellt: Mit dem 825 sollen BMW-, Audi-, Mercedes-Interessenten angegangen werden. Das zeigt sich nicht zuletzt auch am Preis von rund 40.000 Mark für den Rover 825 und knapp 50.000 Mark für den 825 Sterling, der als Luxus-Variante praktisch keine Ausstattungswünsche mehr offen lässt. Das ABS ist hier ebenso im Preis enthalten wie die Klimaanlage, die Leder-Ausstattung, das Schiebedach, die elektrisch verstellbaren Vorder- und Rücksitze, die Zentralverriegelung und die Stereo-Kassettenanlage.

Rund 2000 Exemplare sollen 1987 in Deutschland zugelassen werden – eine Zahl, die etwas zu hoch gegriffen erscheint. Denn einerseits werden die Freunde des Hauses Rover zweifellos durch die untypische Erscheinungsform verunsichert – solche Optik lässt sich auch bei anderen Häusern kaufen. Andererseits werden viele potentielle Kunden aus den bereits erwähnten Konkurrenz-Häusern vom Preis erschreckt sein – für knapp 50.000 Mark kann man durchaus auch Produkte finden, die einen geringeren Wertverlust, ein besseres Händlernetz und ein individuelleres Äußeres haben.

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Dieser Text ist erstmals in der Süddeutschen Zeitung Nr. 168 am 25. Juli 1986 erschienen.


Fotos Ruote da Sogno srl

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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