Kolumne Zeitsprünge | Renault 21 Nevada – Für Umzüge bestens geeignet

1987 Renault 21 Nevada (3)

Der Renault 21 Nevada ist ein überzeugender Kombi zu vernünftigen Preisen, wie Jürgen Lewandowski 1987 feststellt.

Früher war die Zuordnung leichter – wer einen Kombi fuhr, war zumindest Malermeister, wenn nicht gar Einzelhändler. Wer heute einen Kombi kauft, benötigt zumeist Platz für ein geräumiges Hobby – das erbauen von Segelflugzeug-Modellen oder die Liebe zum Angeln beispielsweise.

Diesem stetig wachsenden Markt tragen mittlerweile nahezu alle Hersteller Rechnung und so ist es kein Wunder, dass auch auf der Basis des Renault 21 GTX nun ein Kombi auf dem deutschen Markt auftaucht, der den schönen Namen „Nevada“ trägt – und in den USA pikanterweise „Savanna“ heißen muss, da der Name des US-Bundesstaates Nevada in den englischsprachigen Ländern geschützt ist.

Die Form und die Ausstattung des Renault 21 Nevada demonstrieren, dass die Kombi-Klientel sich grundlegend geändert hat. Während früher gutes Aussehen und eine edle Ausstattung eher verkaufshindernd war, ist Ästhetik und Luxus heute durchaus gefragt – der Nevada macht von allen Seiten eine ausgesprochen gute Figur, die Proportionen stimmen und die reichliche Serienausstattung macht jene Zeiten vergessen, denen ein Kombi so billig wie möglich (mit entsprechender Kargheit im Interieur) sein musste, damit er seinen Kaufpreis rasch amortisierte.

Zu der angenehmen Optik trägt auch der um 15 Zentimeter verlängerte Radstand seinen Teil bei, der nicht nur die Proportionen verbessert, sondern – natürlich – auch für wahrhaft großzügige Platzverhältnisse im Innenraum sorgt. Selbst wenn sich auf den Vordersitzen Riesen bereit gemacht haben, haben die Fond-Passagiere reichlich Platz zum lümmeln – die Frage nach der Kniefreiheit braucht gar nicht erst gestellt zu werden.

Der große und vielseitige Kofferraum als Plus des Renault 21 Nevada

Erfreuliches gibt es auch vom Kofferraum zu melden: Großfamilien können auch längere Reisen beruhigt planen – was vom Gepäck hinten nicht mehr unterzubringen ist, kann noch auf die serienmäßige Dachreling gepackt werden. Natürlich kann der Kofferraum auch durch das Umlegen der Rückenlehnen der Fondsitze drastisch vergrößert werden, durch die symmetrische Teilung der Lehne ergeben sich zudem praktische Zwischengrößen – wenn man einmal zu Dritt unterwegs ist, kann wahrscheinlich sogar eine ganze Campingausrüstung problemlos mitreißen.

Last, but not least: Die kinderfreundlichen Franzosen haben selbstverständlich auch an jene Väter gedacht, die mehr als drei Kinder samt Gattin unterzubringen haben – für diesen Zweck kann im Kofferraum eine dritte Sitzbank aufgeklappt werden, die den Renault 21 Nevada zu einem (amtlich erlaubten) Siebensitzer machen. Wobei die Frage bleibt, ob man in solchen Fällen – mitsamt der Last auf dem Dach – nicht an die Grenzen der (je nach Typ) zwischen 552 und 596 Kilogramm schwankenden Zuladung gerät.

1987 Renault 21 Nevada (2)

Womit wir bei der Typen-Vielfalt wären: Die sieben Motorisierung-Varianten teilen sich in zwei Diesel-Triebwerken (2,1 Liter Hubraum mit 67 PS/48 kW ohne Turbolader und 89 PS/65 kW mit Turbolader) und fünf Benzinmotoren auf. Letztere haben in ihrer schwächsten Fassung (1,8 Liter Reihenvierzylinder) 75 PS/55 kW, dieses Triebwerk gibt es aber auch mit 89 PS/65 KW – und wenn der Kunde die Katalysator-Version wünscht, werden 94 PS/69 kW bereitgestellt. Um das Angebot zu vervollständigen, gibt es dann noch ein 2,2 Liter-Triebwerk, das mit Katalysator 108 PS/79 kW und ohne dieses umweltfreundliche Muss 115 PS/85 kW leistet. Um die Verwirrung zu vervollständigen, gibt es natürlich noch verschiedene Ausstattungsvarianten mit diversen Namen: TD, GTD, GTD Familiale, Turbo D,TL, GTS, GTS Familiale, GTS-Kat, GTS-Kat Familiale, GTX Kat, GTX. Und damit hier nicht noch mehr Zahlen auftauchen, sei nur noch kurz vermerkt, dass sich die Preisspanne zwischen 19.000 und 30.250 Mark bewegt.

Da der Renault 21 Nevada sich mit deutlich mehr Gewicht und Zuladung bemühen muss, wurde die Fahrwerksabstimmung den neuen Rahmenbedingungen angepasst: Die Federung wurde etwas härter, und um die Gasdruck-Stoßdämpfer werden zusätzliche gewickelte Schraubenfedern mit progressiver Kennung gewickelt – so will man sich die (teure) Niveauregulierung ersparen.

Entspannt fahren im Renault 21 Nevada

Das Ergebnis zeigt, dass man mit diesen Lösungen gut leben kann: Der Nevada lässt sich entspannt fahren, der leichter Hang zum Untersteuern gilt heutzutage sowieso als die kundenfreundlichste Abstimmung und der Komfort leidet nur unmerklich unter den höher gewichten. Der Renault 21 Nevada ist zwar nicht ganz so komfortabel wie seine Limousinen-Brüder, aber immer noch komfortabler als etliche der Konkurrenten. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass dieser Kombi praktisch nicht auf Seitenwind reagiert – ein deutliches Plus an aktiver Sicherheit.

Ein im Hause Renault seit langem bekanntes Problem hat jedoch auch der Nevada nicht in den Griff bekommen: Die Antriebseinflüsse des Frontantriebs auf die Lenkung – gerade bei den stärker motorisierten Varianten können hier Probleme auftauchen, da bei Schnee und Eis natürlich die Traktion (ebenso wie die Fahrfreude) unter solchen Einflüssen leiden. Wenn die Franzosen an diesem Problem noch etwas arbeiten würden, wäre der – ansonsten sehr gute – Eindruck noch positiver ausgefallen.

Mit dem R 21 Nevada hat Renault eine erfreuliche Alternative zu den anderen Angeboten des Kombi-Marktes geliefert. Er sieht gut aus, er bietet überdurchschnittlich viel Innen- und Laderaum (als Zweisitzer können 1710 Liter Gepäckraum genutzt werden), er besitzt eine komplette Basisausstattung – und kann zudem als Siebensitzer geliefert werden. Dazu kommen günstige Verbrauchswerte (man muss auch bei den starken Triebwerken kräftig Vollgas geben, um über die 10-Liter-Grenze zu kommen), eine problemlose Straßenlage und die bereits erwähnte Seitenwindstabilität. Und auch die Preise können sich durchaus sehen lassen.

Um diesen vernünftigen (und zugleich attraktiven) Kombi jedoch am deutschen Markt durchzusetzen, bedarf es noch einige anderer Voraussetzungen: Ein schärferer Blick bei der Endkontrolle, die Suche nach der besten Fertigung-Qualität und eine intensivere Beobachtung mancher Händler des Hauses könnten hier für bessere Verkaufszahlen sorgen.

Die Techniker ihre Aufgabe gut gelöst – die Produktion und die Verkäufer (und Mechaniker in den Werkstätten) sind nun gefordert.

1987 Renault 21 Nevada (1)


Dieser Text ist erstmals in der Süddeutschen Zeitung Nr. 30 vom 6. Februar 1987 erschienen.


Fotos Renault Deutschland AG

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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