Kolumne Zeitsprünge | Chevrolet Camaro – So viel Leistung für so wenig Geld

2010 Chevrolet Camaro SS

2009 kam der Chevrolet Camaro der fünften Generation auf den Markt. Jürgen Lewandowski schaut in seiner Kolumne Zeitsprünge zurück; ein Text aus dem Erscheinungsjahr 2009.

Die Schweizer haben schon immer amerikanische Fahrzeuge geschätzt und gerne gekauft – eine Zuneigung, die bereits seit bald einem Jahrhundert besteht. Man muss jedoch konstatieren, dass es einem die US-Hersteller in den vergangenen 20, 30 Jahren schwer gemacht haben, den Weg zum Ford-, Cadillac- oder Chevrolet-Händler zu finden. Zu beliebig waren die Gefährte geworden – zu nichtssagend das Design, zu antiquiert die Technik, zu durchschnittlich die Qualität.

Doch es gibt Hoffnung: Ford hat mit der neuen Mustang-Generation einen knackigen Muscle-Car zum fairen Preis ins Rennen gebracht – und bei General Motors scheint ein neues Management erkannt zu haben, dass der US-Bürger bessere Autos verdient hat, und dass sich diese auch weltweit durchaus verkaufen lassen. Den Aufstieg des Hauses Cadillac demonstrieren neue Modelle wie die CTS-Limousine oder der XT5-Crossover – und bei Chevrolet steht nun der Camaro bei den Händlern, von denen es in der Schweiz immerhin mittlerweile zwölf Stück gibt. Und besonders der Camaro war in den wenigen Tagen, in denen er die Garage schmückte, der Liebling der Nachbarschaft. Mit seinem Design, das dem Coupé eine messerscharfe Erscheinung gibt – und das in dieser Form auch direkt einem Corgi-Toy-Katalog entsprungen sein könnte – beweisen die Chevrolet-Designer, dass sie die Formen und Konturen, die ein Muscle-Car haben muss, perfekt beherrschen. Die lange Motorhaube, unter der sich ein 6,2-Liter-Achtzylinder mit beachtlichen 453 PS versteckt; die flache Kabine, in der auch vier Personen Platz finden und das kurze, knackige Heck verbinden sich hier zu einem Coupé der etwas anderen Art. Hier bietet dem Interessenten sich keine europäische Eleganz an, sondern ein Stück feinstes US-Design – so wie es die Amerikaner lieben und verehren. Und erstaunlicherweise behält der Camaro seine US-Gene auch beim Cabriolet, das sich auch offen wie geschlossen gut gegenüber dem Coupé behaupten kann.

2011 Chevrolet Camaro

Pony-Cars wie der Mustang und der Camaro waren ja in den 60er Jahren auch deswegen so erfolgreich, weil sie sich gegen die Langeweile der Limousinen der damals noch reichlich vorhandenen US-Marken auflehnten. Und genauso ist auch der Chevrolet Camaro ein Eye-Catcher in der Vielfalt großer 2+2-Coupés, der sich bewusst in der amerikanischen Tradition präsentiert. Und dazu gehört natürlich auch ein großer V8-Motor, ein dumpfes Brabbeln und überreichlich Leistung. Zwar kann der Chevrolet Camaro auch mit einem 2-Liter-Vierzylinder mit Turbolader und 275 PS Leistung geordert werden, doch dessen Verkaufszahlen sind eher vernachlässigbar – wer Camaro fährt, ordert normalerweise den Achtzylinder, der zum Aussehen dieses Modells mit Klang und Leistung perfekt passt. Eine Entscheidung, die auch durch den mehr als fairen Preis von 55.690 Franken für das Coupé und 60.690 Franken für das Cabriolet unterstützt wird – wobei wir hier den Preis für das empfehlenswerte 8-Gang-Automatikgetriebe gewählt haben, da die Kupplung bei dem 6-Gang-Handschalter bei 617 Nm Drehmoment doch stark gefordert wird.

Chevrolet Camaro 2010

Mit dem Chevrolet Camaro gegen die Vorurteile

Wie fährt sich dieses Coupé nun? Wer mit den Vorurteilen älterer Modelle an den neuen Chevrolet Camaro herangeht, wird von dem Komfort, dem Fahrwerk, den Bremsen – das Coupé erreicht immerhin 290 km/h (Cabriolet 250 km/h) – und der stets direkten und überzeugenden Lenkung mehr als überrascht sein. Man kann mit dem Camaro tatsächlich sehr schnell fahren ohne Ängste zu haben. Vielleicht mag ein Porsche, ein großes BMW-Coupé oder ein Jaguar noch etwas besser im Detail sein, aber dafür stehen auf der Bestellung in der Rubrik „Preis“ auch sechsstellige Ziffern. So gesehen, gibt es wohl nur selten mehr Leistung für so wenig Geld.

Zu der Frage nach den Verbrauchswerten: Ja, wenn man richtig schnell fährt und das beeindruckende Beschleunigungsvermögen oft ausnutzt, sind 16, 18 Liter die Regel – andererseits: Wo kann man das auf Schweizer Straßen? Hier gewöhnt man sich sehr rasch ein entspanntes Dahingleiten an, erfreut sich am Sound des Achtzylinders, differenziert sich wunderbar von der breiten Masse der anderen Fahrzeuge und genießt den american way of driving. Und wird dafür dann auch mit 12 bis 14 Litern Verbrauch belohnt. Der Camaro kommt aus einer anderen Fahrzeug-Kultur und zeigt dies auch selbstbewusst – aber er ist in seinen Qualitäten auch europäischer geworden, als man es ihm auf Grund seiner Form zutraut. Die Tage mit ihm waren überraschend und haben Spaß gemacht.


Dieser Text ist erstmal in der Neuen Züricher Zeitung am Sonntag vom 13. September 2009 erschienen.


Fotos General Motors

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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