Kolumne Zeitsprünge | Audi A8 D4 – Das Meisterstück

Audi S8 2013 A8 (2a)

Vorsprung durch Technik – mit diesem Anspruch haben sich die Ingolstädter in den vergangenen Jahrzehnten in die Premiumklasse gekämpft. Der neue Audi A8 (Baureihe D4) soll diesen Anspruch weiter festigen.

Es gibt – und da werden die Liebhaber aller deutschen Hersteller zustimmen – kein Land, in dem eine stärkere Dichte an hochklassigen Fahrzeugen mit ausgeprägtem Design und zukunftsweisender Technik wie in Deutschland existent ist. Hier kämpft auf vergleichsweise engem Raum eine Vielfalt an Konzernen darum, Automobile zu entwickeln und zu bauen, die state of the art sind – und hier hat es Audi in den vergangenen Jahrzehnten mit einer Vielzahl von technischen Innovationen geschafft, sich in die absolute Top-Klasse hinaufzuarbeiten.

Wir wollen hier nicht alle technischen Highlights der vergangenen Jahrzehnte en détail aufführen und nur auf den quattro-Antrieb, den Aluminium-Space Frame (ASF) und die Diesel- und Otto-Direkteinspritzmotoren hinweisen – Techniken, mit denen sich Audi einen ganz besonderen Ruf erworben hat, und die natürlich auch im neuen A8 zu finden sind.

Auch in der dritten Generation D4 bleibt der Audi A8 innovativ

Doch ebenso wichtig wie die Technik ist den Verantwortlichen in Ingolstadt das Design – hier hat Audi im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte eine eigene Formensprache gefunden, die nicht nur Eleganz mit Sportlichkeit verbindet, sondern der Marke mit den vier Ringen auch quer durch das gesamte Modellprogramm ein eigenständiges und durchgängiges Erscheinungsbild gibt. Stefan Sielaff, der Leiter des Audi-Designs, beschreibt den neue A8 so: „Die Außenhaut wirkt homogen, wie aus einem vollen Volumen modelliert. Die coupéhafte Dachlinie lässt die Silhouette fließen; skulpturale Flächen, die Ruhe und Prestige ausstrahlen, kontrastieren mit scharfen Linien“.

Und tatsächlich beeindruckt der Wechsel von konkaven und konvexen Formen, die dem Wagen – trotz einer nicht zu verbergenden technischen Nüchternheit – eine Eleganz mit auf den Weg geben, die anhaltend ist. So wird der neue A8 sicherlich auch noch in vielen Jahren gut anzusehen sein und nicht dem rasch verflachenden Reiz vordergründiger modischer Launen erliegen. Dass der mächtige Singleframe die Wagenfront beherrscht, ist Absicht – und spricht für das Selbstbewusstsein des Labels.

Der Audi A8 D4 wächst

Dazu kommt, dass der neue A8 auch an Größe gewonnen hat: Mit 5,13 Meter Länge und 1,95 Meter Breite übertrifft er seine Vorgänger – und die Konkurrenz – deutlich, während er mit einer Höhe von 1,46 Meter flacher geriet, womit die Proportionen den gewünschten sportlichen Touch erhalten. So hat der A8 nun durchaus Anklänge an ein Coupé – eine Einschätzung, die sich jedoch beim Aufenthalt in dem großzügigen Interieur relativiert, denn der A8 bietet mit einem rekordverdächtigen Radstand von nahezu drei Metern reichlich Raum für die vier Insassen, die es sich links und rechts des breiten Mitteltunnels in komfortablen Sitzen bequem machen können.

Serienmäßig lassen sich die vorderen Sitze in zwölf Wegen einstellen – noch mehr Luxus offerieren die Komfortsitze mit ihrer 22-Wege-Verstellung, und auch die Fondsitze können auf Wunsch mit einer aufwändigen Sitzverstellung geordert werden. Und natürlich stehen neben der aufwändigen Klimaanlage und Sitzheizung auch eine dreistufige Belüftung der Sitze sowie – gegen Aufpreis – eine pneumatische Massage, bei der in den Sitzlehnen zehn Luftkammern pulsieren, zur Verfügung.

Mit gleicher Opulenz ist auch das Interieur gestaltet: Hochwertige Materialien und beste Verarbeitungsqualität sorgen dafür, dass sich die Insassen wie in einem Club fühlen – und das neue Ambientelicht sorgt mit seinen LEDs dafür, dass der Innenraum des Audi A8 bei Dunkelheit effektvoll leuchtet. Und wem das weiße Licht nicht genügt, kann bei etlichen LEDs zwischen den Farbwelten Elfenbein, Polar und Rubin wählen.

Natürlich ist das Armaturenbrett selber besonders unter dem Thema Ergonomie perfektioniert worden. Hier liegen die Instrumente sauber im Blickfeld des Fahrers, während das Reglerfeld für die Klimaautomatik und das Terminal des Bedien- und Multimediasystems in eine klar gegliederte haptische Landschaft unterhalb des großen Bildschirms – der im Ruhezustand in der Instrumententafel versenkt liegt – ihren Platz gefunden haben.

Besonders stolz sind die Designer auf den großen, weit gespannten Bogen, der sich vom Armaturenbrett ausgehend in den Seitenbereich erstreckt und in dem A8 – so Stefan Sielaff – „eine elegante Bordkante wie bei einer Yacht“ bietet.

Doch natürlich lebt das neue Top-Modell, von dem der Audi-Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler sagt, dass es „die sportlichste Limousine in seinem Segment“ sei, nicht nur von seiner Eleganz und Ästhetik sowie dem opulenten und luxuriösen Interieur. Um den Ansprüchen des Vorstands zu genügen, hatten auch die Techniker unter der Federführung ihres Vorstands Michael Dick einen großen Posten Hausarbeiten zu erledigen.

Sportlichkeit lebt zuerst einmal von wenig Gewicht und einer großen Steifigkeit des Gesamtpakets – das weiß jeder Techniker. Ergänzt wird dieses Paket dann von einem entsprechenden Fahrwerk und einem Antrieb, der Temperament mit Ökonomie und Ökologie verbindet. Dass man das Thema Gewicht bei Audi schon seit langem kennt und ernst nimmt, beweist der erste A8, der 1994 als erste Limousine der Welt mit einem Aluminium Space Frame in Serie ging. Eine Technologie, die nicht nur für ein geringes Karosserie-Gewicht sorgt – sie wiegt etwa 40 Prozent weniger als ein vergleichbarer Aufbau aus Stahl –, sondern auch für eine um 20 Prozent gesteigerte Torsionssteifigkeit sorgt. Dazu ließen sich die Materialdicke und das Gewicht deutlich senken – so konnten alleine durch den Einsatz neuer hochfester Aluminiumbleche etwa 6,5 Kilogramm gespart werden.

Und Techniker wissen auch, dass eine hohe Torsionssteifigkeit die Abstimmung des Fahrwerks erleichtert. Denn dann kann man der Fünflenker-Vorderachse aus Aluminium-Schmiedeteilen sowie der spurgesteuerten Trapezlenker-Hinterachse jene Präzision, Stabilität und Komfortmerkmale mit auf den Weg geben, die die gewünschte Sportlichkeit ohne Härte zur Verfügung stellt. Dazu kommt die adaptive air suspension, die die Luftfederung mit einer geregelten Dämpfung verbindet. Hier arbeiten zudem die Stoßdämpfer hochflexibel – ihr Steuergerät analysiert die Straßenbedingungen permanent und variiert ihre Arbeitsweise innerhalb von tausendstel Sekunden.

Richtig zum Tragen kommt diese Technik dann im Zusammenspiel mit dem Fahrdynamiksystem Audi drive select, bei dem die adaptive air suspension, der Motor, die Achtstufen-tiptronic sowie die servotronic zusammenwirken und über eine entsprechende Steuerung die Betriebsarten comfort, auto und dynamic zur Verfügung stellen. Und wer ganz spezifische Vorstellungen von seiner Fahrzeugabstimmung besitzt, kann sich auch seine eigene Betriebsart zusammenstellen – den Modus individual.

Motoren und Verbrauch des Audi A8 D4

Für den Vortrieb sorgen in den ersten Monaten ein Benzin- und ein Dieseltriebwerk, beide mit acht Zylindern und 4.163 cm³ Hubraum beim Benziner und 4.134 cm³ Hubraum beim Dieselmotor. Ein Sechszylinder-Dieselmotor wird in nicht allzu entfernter Zukunft folgen. Und beide V8-Aggregate sind natürlich intensiv überarbeitet und auf mehr Effizienz und Umweltfreundlichkeit hin überarbeitet worden – so wandelt hier ein System die kinetische Energie beim Bremsen in elektrischen Strom um, der in der Batterie zwischengespeichert wird. Gleichzeitig sorgt ein Rechner permanent dafür, dass die Wärmeströme zwischen Motor, Getriebe und Innenraum optimal verteilt werden – und da bekannt ist, dass die Motoren besonders in der Warmlaufphase mit ihren hohen Reibungsverlusten für hohe Verbrauchswerte verantwortlich zeichnen, wird der V8 nun nach dem Kaltstart vorübergehend vom Kühlkreislauf abgekoppelt um die Temperaturen rasch noch oben zu bewegen.

Natürlich verfügen beide Triebwerke über eine Treibstoff-Direkteinspritzung, die dem mit 12,5:1 erstaunlich hoch verdichteten 4.2 FSI zu 273 kW (372 PS) und einem maximalen Drehmoment von 445 Nm verhelfen. Damit wird Tempo 100 nach 5,7 Sekunden erreicht, während die Höchstgeschwindigkeit bei 250 km/h elektronisch eingebremst wird. Eine Höchstgeschwindigkeit, die auch der 4.2 TDI erreicht – für den Spurt auf 100 km/h sind hier 5,5 Sekunden nötig. Das erreicht der 4.2 TDI mit 258 kW (350 PS) und einem rekordverdächtigen Drehmoment von 800 Nm, das zwischen 1750 und 2750/min bereitgestellt wird.

Noch spannender als die reinen Fahrwerte sind jedoch die weiter gesunkenen Verbrauchswerte, die beim Benziner trotz einer Leistungssteigerung von 16 kW (22 PS) um 13 Prozent gegenüber dem Vorgänger auf 9,5 Liter/100 km im DIN-Verbrauch gesunken sind. Der CO2-Ausstoß beträgt jetzt 219 g/km. Noch beeindruckender sind die Verbrauchsreduzierungen beim 4.2 TDI: Trotz einer Leistungssteigerung um 18 kW (24 PS) ist der Normverbrauch um 19 Prozent auf 7,6 l/100 km gesunken und der CO2-Ausstoß liegt nun mit 199g/km knapp unter der 200er-Grenze.

Dazu trägt natürlich auch die völlig neu entwickelte Achtstufen-tiptronic ihren Teil bei, die dank der acht Gänge eine hohe Spreizung zwischen den einzelnen Gängen ermöglicht. So ist einerseits eine dynamische Beschleunigung möglich, während der A8 bei höheren Geschwindigkeiten stets in sehr niedrigen Drehzahlbereichen dahinrollt – nach Berechnungen der Techniker trägt dieses Achtganggetriebe zu einer Reduzierung des Verbrauchs um etwa sechs Prozent bei.

Wer nicht soviel Leistung benötigt, kann dann relativ bald auch zum V6-Diesel greifen, über den bislang nur die Leistung von 184 kW oder 250 PS bekannt ist.

Bleiben noch die vielen Fahrerassistenzsysteme, mit denen der neue Audi A8 auch bei den Themen Sicherheit und Bedienungsfreundlichkeit neue Kapitel aufschlägt: So regelt die radargesteuerte automatische Abstandsregelung adaptive cruise control mit Stop & Go-Funktion die Geschwindigkeit und den Abstand zum Vorausfahrenden im Bereich von 0 bis 250 km/h. Und nach einem kurzen Stop rollt die Limousine – wenn der Vordermann losfährt – selbsttätig wieder an. Neu ist auch das ACC Stop & Go, das – vom Navigationssystem stets über die Position informiert – nicht nur genau weiß, wo sich der Wagen im Moment befindet, sondern auch komplexe Szenarien erkennen und den Fahrer vorausschauend unterstützen kann. So werden beispielsweise scharfe Kurven rechtzeitig im Vorfeld erkannt und dem Fahrer mitgeteilt.

Dazu gibt es weiter überarbeitete und verfeinerte Systeme wie den Spurwechselassistenten Audi side assist, der ab Tempo 30 mit steigender Intensität darauf aufmerksam macht, wenn man die Spur trotz eines daneben fahrenden Fahrzeugs wechseln möchte – und der Audi lane assist greift ab Tempo 65 ein, wenn man versehentlich die Fahrspur verlässt. Last, but not least, verfügt der neue Audi A8 auch über einen Nachtsichtassistenten mit Ferninfrarot-Technologie, der – abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit – bis zu 300 Meter im Voraus auf Menschen und Tiere auf der Fahrbahn aufmerksam macht.

Bleibt zum Schluss noch die Anmerkung, dass man in Ingolstadt natürlich alle Anstrengungen unternommen hat, den Audi A8 zu einem außergewöhnlichen Fahrzeug der Top-Klasse zu entwickeln – und wem die beachtliche Ausstattung und das geschmackvolle Interieur der Serienvarianten nicht genügt, sollte sich zu den Spezialisten der Individual-Abteilung begeben. Hier können nahezu alle Wünsche in Erfüllung gehen – sofern man sie bezahlen mag und sie den Zulassungsvorschriften genügen.


Dieser Text ist erstmals in der Zeitschrift Gute Fahrt im Januar 2010 erschienen.


Fotos Audi AG

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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