Ihr gutes Recht | Historisches Tuning – Was geht?

Historisches Tuning Volkswagen VW Golf I GTI (1)

Veränderungen des Fahrzeuges gegenüber dem Serien-Auslieferungszustand, also historisches Tuning, sind in der VW-Szene allgegenwärtig.

Ein VW T1 Bulli, dessen Bodenfreiheit nur noch ein Bruchteil des ursprünglichen beträgt, ein VW Golf in dem ein Motor mit G-Lader verbaut wurde oder auch ein VW T3 Bulli mit aktueller Motorisierung, all solche und andere Änderungen sind rund um den VW Konzern kein Ausnahmefall.

Betrachten wir zunächst die ursprünglich erteilte Betriebserlaubnis:

Diese entfällt, wenn das Fahrzeug entweder endgültig außer Betrieb gesetzt wird, die Betriebserlaubnis ausdrücklich entzogen wird oder wenn einer der nachfolgenden Änderungen durchgeführt wird, nämlich:

  • Die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird
  • Eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist
  • Das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird

Im Einzelnen:

Die Änderung der Fahrzeugart ist häufig dann zu beachten, wenn ein Fahrzeug, welches zuvor kein Wohnmobil war, zum Wohnmobil werden soll. In einem solchen Fall ändert sich die Fahrzeugart nämlich von „Lkw geschlossener Kasten“ zu „Wohnmobil“. Eine solche Änderung führt also zum Erlöschen der Betriebserlaubnis, dies mit der Folge, dass eine neue Betriebserlaubnis beantragt werden muss, wofür das Fahrzeug zur Erteilung einer Einzelbetriebserlaubnis gem. § 21 StVZO einer Prüforganisation vorgeführt werden muss.

Eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern ist bei der Veränderung aller sicherheitsrelevanten Bauteile und Komponenten des Fahrzeuges zu befürchten. Zuerst ist hier die Veränderung der Motorleistung, die Veränderung der Bremsen und die Beleuchtungsanlage zu sehen.

Dass die Veränderung des Motors und der Bremsanlage zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und der nachfolgenden Notwendigkeit der Einzelabnahme nach § 21 StVZO führt, dürfte jedem noch einleuchten. Im Hinblick auf die Beleuchtungsanlage ist aber auch schon das teilweise Abdecken der Lichtaustrittsfläche der Scheinwerfer relevant. Abdeckungen der Scheinwerfer zur Erlangung des „bösen Blick“ sind also mit deutlicher Vorsicht zu genießen. Auch diese können zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und der Notwendigkeit der Einzelabnahme führen.

Sicherheitsrelevant sind auch Änderungen des Fahrwerkes, ein Air-Ride-Fahrwerk führt ebenso zum Erlöschen der Betriebserlaubnis, wie eine Tieferlegung. Auch hier ist also eine Einzelabnahme durchzuführen.

Grundsätzlich gilt, dass eine Einzelabnahme dann nicht erforderlich ist, wenn es zu der beabsichtigten Änderung ein Gutachten gibt, welches die konkrete Änderung und die dazu verwendeten Bauteile in Bezug auf das konkrete Fahrzeug betreffen.

Wenn sich aber mehrere Änderungen überlagern, haben die Gutachten häufig keine Wirkung mehr. Überlagern sich derartige Fahrzeugänderungen kann ein Fahrzeug trotz vorliegender Gutachten abnahmepflichtig nach § 21 StVZO werden.

Die dritte Variante, die Veränderung des Abgas- oder Geräuschverhaltens betrifft alle Änderung des Abgastraktes.

Wie schaut historisches Tuning nun im Hinblick auf das H-Kennzeichen aus?

Die Anforderungen für das H-Kennzeichen sind in der Richtlinie für die Begutachtung von Oldtimern nach § 23 StVZO ausgeführt, wie sie im Heft 7 des Verkehrsblattes 2011 veröffentlicht wurde.

Mit dieser Richtlinie wurde gegenüber der zuvor geltenden Situation klargestellt, dass zeitgenössisches und historisches Tuning nicht zum Verlust des Oldtimerstatus führt. Die Richtlinie stellt dar, dass zeitgenössische Änderungen zulässig sind. Zeitgenössische Änderungen sind Änderungen, die nachweislich innerhalb der ersten 10 Jahre nach Erstzulassung oder ggf. nach Herstellungsdatum erfolgt sind oder hätten erfolgen können, sowie Änderungen innerhalb der Fahrzeugbaureihe sind zulässig.

Nach heutiger Rechtslage hat das „hätten erfolgen können“ wesentliche Bedeutung. Es kommt nämlich nicht mehr darauf an, wann die Änderung tatsächlich durchgeführt wurde, sondern darauf, ob es solche Änderungen sind, die auch innerhalb der ersten 10 Jahre technisch und rechtlich möglich waren. All das, was innerhalb der ersten 10 Jahre machbar war und zulässig war, ist auch heute möglich. Das, was damals nicht ging oder nicht zulässig war, ist es auch heute nicht.

Diese Aussage betrifft allerdings nur die Einstufung als Oldtimer. Nach wie vor ist zu beachten, dass auch solche zeitgenössischen Änderungen wie historisches Tuning die Betriebserlaubnis entfallen lassen können, mit ggf. mit der Folge einer Einzelabnahme nach § 21 StVZO.

Vergegenwärtigt man sich zusätzlich den Wortlaut der Richtlinie wonach Änderungen innerhalb der Fahrzeugbaureihe zulässig sind, ist festzustellen, dass es eine ganze Menge Änderungen gibt, die nicht H-Kennzeichen schädlich sind. So sind Motoränderungen innerhalb der Fahrzeugbaureihe möglich. Alles was darüber hinausgeht – also beispielsweise der Audi Motor im VW T3 – ist nicht mehr H-Kennzeichen fähig.

Abschließend der Hinweis; dass bei jeder Hauptuntersuchung mit überprüft werden muss, ob die Voraussetzungen zur Erteilung des H-Kennzeichens noch vorliegen. Das Vorgehen, erst das Fahrzeug zur Abnahme des H-Kennzeichens vorzuführen und danach Änderungen durchzuführen ist also nicht wirklich überzeugend.

Historisches Tuning Volkswagen VW Golf I GTI (2)


Fotos Volkswagen AG

Autor: Dr. Götz Knoop

Dr. jur. Götz Knoop ist Fachanwalt Verkehrsrecht und Spezialist Oldtimerrecht. In seiner Kolumne "Ihr gutes Recht" gibt er praxisnahe Informationen zu juristischen Fragen rund um Old- und Youngtimer.

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