Hudson und Mercer – Legendäre Rennwagen aus dem frühen 20. Jahrhundert

Hudson und Mercer 33 Mile a Minute 1

Die Geschichte von Hudson und Mercer ist auch eine von amerikanischen Großindustriellen, Kaufhaus-Besitzern und Playboys.

Entstanden aus der Übernahme einer kleinen überschuldeten Automobilmanufaktur eines „Familienfreundes“ im Jahre 1909 durch die beiden Großindustriellenfamilien Roebling und Kuser, machte sich die Mercer Motor Company mit der Vision der Entwicklung eines hochwertigen Sportwagens für die seinerzeit äußerst beliebten Rennsportveranstaltungen schnell einen Namen. Die Brieftasche und das Netzwerk der Inhaber zogen schnell talentierte Ingenieure, Designer und Rennfahrer an, die mit der Entwicklung des Mercer Type 35R Raceabouts im Jahr 1910 einen der legendärsten Sportwagen seinerzeit präsentierten.

Gegründet im gleichen Jahr machte es sich die Hudson Motor Car Company im Jahr 1909 zum Ziel, ein elegantes, massentaugliches Auto für knapp 1.000 USD zu entwickeln. Namensgeber und Hauptfinanzier war der Kaufhausbesitzer Joseph L. Hudson, der ähnlich wie Roebling und Kuser die Leitung und Entwicklung seiner Fahrzeuge Experten überließ. So konnte man nach nur kurzer Zeit mit dem Hudson „Twenty“ eines der ersten preislich massentauglichen Automobile präsentieren und mit dem leicht optimierten Hudson 20 S im Jahr 1910 mit über 4.500 verkauften Exemplaren, Hudson zu einer der erfolgreichsten Automobilmarken seiner Zeit machen.

Hudson und Mercer – Zwei Pioniere des Rennsports in Übersee

Die stetig steigende Begeisterung für den Rennsport in Amerika führte dazu, dass immer mehr Automobilhersteller den „Marketingwert“ eines Sportwagens erkannten. Egal ob Stutz „Bearcat“ oder Mercer „Raceabout“, das Konzept und Aussehen der Fahrzeuge ähnelte sich – Monokel-Windschutzscheibe, lang gezogene Roadster-Stoßstangen, Schalensitze und ein zylindrischer Tank hinter selbigen. Durch den Abbau der Kotflügel und Lichter wurden aus diesen Straßen-Sportwagen schnell Rennwagen für die Rundstrecke, die nach einem erfolgreichen Einsatz einfach wieder zusammengebaut und nach Hause gefahren werden konnten.

Vorreiter hierfür war der als zweisitziger Speedster angebotene Mercer Type-35R Raceabout, der im Jahr 1910 bereits mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 mph (140 km/h) aufwartete. Der Reihenvierzylinder produzierte aus knapp 4.800 ccm Hubraum rund 50 PS bei gerade mal 1.650 Umdrehungen. 1911 gewann der Mercer fünf von sechs Rennen bei denen er an den Start gegangen ist und wurde in den Folgejahren als einer der zuverlässigsten und erfolgreichsten Rennwagen gefeiert.

Basierend auf dem 1911 entwickelten Modell 33 ergänzte man bei Hudson die Fahrzeugpalette 1912 um den 33 PS starken so genannten Hudson „Mile-A-Minute“ Sport Roadster – eines der ersten Fahrzeuge mit 100 mph Tacho überhaupt. Zwar galt der ebenfalls mit einem Vierzylinder Reihenmotor versehene Hudson als ein Stückchen langsamer als der Mercer, wartete dafür aber mit einer deutlich leichtgängigeren, in Öl laufenden Kupplung, einem als äußerst robusten geltenden Motor und dem Verkaufsversprechen “faster than its name implies” auf.

In nur kurzer Zeit entwickelten sich so diese sensationellen Sportwagen von Hudson und Mercer zu den ultimativen Spielzeugen für amerikanische Playboys, Industrielle und Rennfahrer.

Hudson und Mercer im direkten Vergleich

Lag der Angebotspreis eines Mercer Type 35 R Raceabout damals „nur“ rund 1.000 USD über dem eines Hudson 33 Mile-A-Minute – was heute einem Preisunterschied von knapp 24.000 EUR entspricht, so ist der Spread heute deutlich größer. So werden die etwas selteneren Mercers heute durchaus für über 3 Mio. EUR angeboten, wohingegen ein gut restaurierter Hudson bereits für 10% davon zu haben ist – wobei die Preise in den letzten Jahren eher gestiegen sind.

Wie so oft bei inzwischen untergegangen Marken, stehen diese fantastischen Fahrzeuge heute leider kaum im Fokus der Marktberichterstattung. Egal ob Mercer, Stutz oder Hudson – die wenigen erhaltenen Exemplare sind heute bei renommierten Sammlern weltweit beliebt und gelten je nach Historie und Zustand als Eintrittskarte für historischen Rennveranstaltungen, wie zum Beispiel das Goodwood Revival.

Bezogen auf den amerikanischen Markt markieren Stutz Bearcat, Mercer Raceabout und Hudson Mile-A-Minute sicherlich die prominente Speerspitze der US Fahrzeug-Veteranen, ähnlich wie die Simplex-Modelle der Daimler-Motoren-Gesellschaft zu Beginn des Jahrhunderts in Europa.


Fotos Hyman Ltd., RM Sotheby’s, Classic Trader, Helmut Pietschmann

Autor: Christian Plagemann

Christian Plagemann ist Gründer & Geschäftsführer von Classic Trader und schreibt auch als Redakteur regelmässig für das Classic Trader Magazin. Traum-Klassiker: Lamborghini Miura Aktueller Klassiker: Mercedes-Benz 180 D Ponton

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