Erschwingliche Einstiegsklassiker aus Frankreich

Einstiegsklassiker aus Frankreich Renault 4 (1)

Häufig belächelt und noch häufiger unterschätzt – Einstiegsklassiker aus Frankreich ziehen häufig nur Studienräte und frankophile Liebhaber in ihren Bann, da der automobile Nachlass der Grande Nation zwischen Hochburgen wie Italien, England und Deutschland häufig schlicht übersehen wird. Zwischen deutscher Wertarbeit und italienischer Eleganz ist es eigentlich keine Schande, die große Aufmerksamkeit den Wettbewerbern zu überlassen. Andererseits haben französische Hersteller durch die gesamte Automobilgeschichte hindurch zeitlose Klassiker und extravagante Kuriositäten auf die Straße gebracht. Nicht nur wegen der kürzlich durchgeführten Akquisition des deutschen Traditionsherstellers Opel durch die französische PSA Group von Peugeot und Citroën ist es an der Zeit, mit gängigen Klischees aufzuräumen und sich drei der wohl zeitlosesten und aktuell noch erschwingliche Klassiker aus Frankreich anzunehmen. Neben den großen Limousinen wie Traction Avant und der DS sowie sportlichen Modellen, die auf den Namen Alpine hören, gibt es sie nämlich noch, die günstigen, alltagstauglichen Einstiegsklassiker.

Einstiegsklassiker aus Frankreich: 2CV – Eine Ente mit der Kraft von zwei Pferden

Einstiegsklassiker aus Frankreich Citroen 2 CV (6)

Kein Artikel über Einstiegsklassiker aus Frankreich kommt ohne den 2CV aus, der landläufig auch als „Ente“ bekannt ist. Der in Deutschland und England geläufige Spitzname geht auf den Ausspruch eines niederländischen Autors zurück, der den 2CV bei der ersten Begegnung in Anlehnung an Hans Christian Andersens gleichnamiges Märchen „das hässliche Entlein“ nannte. in Italien und Spanien hingegen setzte sich die jeweilige Übersetzung für „zwei Pfer- de“ durch, in Vietnam wurde der Wagen als Dalat angeboten. Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass sich die Verkaufsbezeichnung 2CV auf die Leistung des Wagens in PS bezieht – tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Kennziffer des damaligen Französischen KFZ-Steuersystems, das auch dem Cremeschnittchen 4CV und den Traction Avant Versionen 7CV, 11CV und 15 CV ihre Namen bescherte. Präsentiert wurde die Ente im Oktober des Jahres 1948 und schnell kristallisierte sich heraus, dass Citroën-Direktor Pierre-Jules Boulanger ein Glücksgriff gelungen war. Angeblich hatte dieser den Wagen nach den Kriterien konstruieren lassen, dass er vier Personen, 50 Kilogramm Kartoffeln oder alternativ ein kleines Fass transportieren solle. Der Anspruch an die Federung des möglichst günstigen und robusten Fahrzeugs war es, dass ein Korb Eier die Fahrt über ein beackertes Feld ohne Bruchschäden überstehen müsse. Trotz – oder gerade wegen – seines Minimalismus und der simplen Technologie avancierte der 2CV zum Verkaufsschlager. Als die Produktion im Jahr 1990 beendet wurde, waren knapp vier Millionen PKW und weitere 1,2 Millionen Lieferwagen (auch als Kastenente bekannt) vom Band gelaufen. Heute ist die Ente sicherlich jener französische Klassiker, der Deutschlands Straßenbild am meistens prägt und stets für verdrehte Hälse sorgt. Für Fahrzeuge in gutem Zustand können die Preise die Grenze zum fünfstelligen Bereich locker durchbrechen.

Einstiegsklassiker aus Frankreich: Renault 4 – Große Klappe & viel dahinter

Einstiegsklassiker aus Frankreich Renault 4

Die Erfolgsgeschichte des als R4 bekannten Renault 4 beginnt mit seiner Präsentation auf der IAA im September 1961, als sich der Wagen vor Aufmerksamkeit kaum retten kann – im Anschluss folgt ein bei Renault bis dato für undenkbar gehaltener Marketingcoup: 200 weiße R4 passieren den Pariser Eiffelturm. Als erster Renault-PKW mit Frontantrieb und eines der ersten Großserienfahrzeuge mit großer Kofferraumklappe erfreute sich der Kleinwagen schnell großer Beliebtheit, da er trotz des günstigen Preises außergewöhnlich praktisch, vielseitig und benzinsparend war. Die auf den damaligen Renault Vorstandsvorsitzenden Pierre Dreyfus zurückgehende Idee eines Fahrzeugs für Jedermann setzte sich gut – der R4 eignete sich als alltägliches Fortbewegungsmittel, als Nutzfahrzeug für Berufstätige und als Ausflugs- und Urlaubsgefährt für die ganze Familie. Die Vielfältigkeit des Kleinwagens wird auch durch die Angebotenen Karosserieversionen ersichtlich, der R4 war als Kombi, Kastenwagen, Buggy und Pickup erhältlich. Mit über acht Millionen hergestellten Exemplaren stehen die Chancen gut, sich den Traum vom eigenen R4 zu erfüllen und den erschwinglichen Klassiker sein Eigen nennen zu können. Zwar sind 54 deutsche Renault 4 der Abwrackprämie in den Jahren 2009 und 2010 zum Opfer gefallen, dem verfügbaren Bestand des Modells sollte dies aber keine größeren Abbrüche getan haben. Es ist davon auszugehen, 54 ehemalige R4 Fahrer diese Entscheidung mittlerweile bitter bereuen und ihrem ehemaligen, treuen Gefährten hinterhertrauern. Wer einen charmanten Klassiker aus französischer Fertigung sucht – der auch heute noch als alltagstauglicher Daily Driver funktioniert – könnte mit dem R4 gut beraten sein. Zumal die Einstiegspreis noch unter der Ente liegen: Für einen mittleren bis höheren vierstelligen Betrag kann man bereits in den Einstiegsklassiker aus Frankreich einsteigen.

Einstiegsklassiker aus Frankreich: Peugeot 504 – Ein italienischer Franzose

Einstiegsklassiker aus Frankreich Peugeot 504 1

Ein Franzose mit italienischer Linienführung von Pininfarina – nicht ohne Grund wurde die Peugeot 504 Limousine zum Automobil des Jahres 1969 gekürt. Diese entstammte der Feder von Aldo Brovarone, Cabriolet und Coupé gehen auf Sergio Pininfarina höchstpersönlich zurück. Später wurde die Produktpalette des 504 um eine Pickup-Version erweitert, um auch ein Nutzfahrzeug mit der bereits bewährten, robusten Mechanik anzubieten. Mit über 3,5 Millionen Exemplaren handelt es sich beim 504 um eines der erfolgreichsten Modelle des Herstellers, nicht ohne Grund wurde die Lizenzproduktion in Nigeria erst im Jahr 2005 endgültig eingestellt. Im deutschen Straßenbild ist der Peugeot 504 leider weniger präsent als die Kollegen Ente und R4 – aber gerade das macht ihn auch spannend. Die Preise liegen etwa auf R4 und Ente-Niveau und dafür bekommt man eine vollwertige Limousine. Wer sich das französische Lebensgefühl, das Savoir-Vivre, auf die deutsche Straße holen möchte, ohne allzu tief in die Tasche greifen zu müssen, ist mit diesen drei Klassikern gut beraten. Viele Reparaturen sind noch mit eigenen Mitteln und Händen durchführbar, darüber hinaus sind alle drei Kandidaten recht solide und verlässlich – beim Kauf gibt es dennoch einiges zu beachten. Gerade das Thema Rost sollte wie üblich nicht unterschätzt werden. Diese drei Modelle sind nicht der Wahrheit letzter Schluss, auch von anderen Herstellern gibt es alles von gediegenen Sänften über Arbeitstiere bis zu kleinen sportlichen Knallbüchsen. Das möglicherweise fehlende Renommee ist schließlich kein Hinderungsgrund, au contraire, dort liegt die Chance, tolle Fahrzeuge mit Charme und Stil zu fairen Konditionen zu erstehen.

Fotos Automobiles Citroën, Automobiles Peugeot, Renault Communication

Autor: Jan Fröhlich

Jan Fröhlich ist Redakteur beim Classic Trader Magazin und begeistert sich leidenschaftlich für klassische Fahrzeuge. Traum-Klassiker: Mercedes Benz 300 SL & Porsche 356 Eigener Klassiker: Velo Solex 3800 von 1968

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