Die Nummer 1 – Der erste Porsche 911 Targa

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In den 60er Jahren stand die Gattung Cabriolet auf der Kippe. Neue Sicherheitsvorschriften sollten die Gefahren durch offene Fahrzeuge minimieren. Aber anstatt das Aus für Cabrios einzuläuten, schuf man in Zuffenhausen einen neuen Fahrzeugtyp: den Porsche 911 Targa.

Viele Wege führen zum offenen Fahrvergnügen. Klar war nur, dass es wie bisher vorerst nicht weitergehen konnte. Zumal bei Sportwagen wie dem Porsche 911 sollte zumindest ein Sicherheitsnetz eingeplant werden, um die Fahrerinnen und Fahrer auch im Falle eines Überschlags maximalen Schutz fast wie in einem geschlossenen Coupé zu bieten.

Nach langer Entwicklungszeit und verschiedenen wieder verworfenen Ideen entschied man sich für die Version mit festem, strahlend mit Nirostastahl verkleidetem Überrollbügel, herausnehmbaren Dach und faltbarem Heckfenster. Im September 1965 stellte Porsche auf der IAA in Frankfurt am Main dann den ersten Porsche 911 Targa vor.

Porsche 911 Targa – Ein neuer Name für eine neue Gattung

Glücklicherweise war man bei Porsche kreativ genug, dem neuen Fahrzeugtyp einen klangvollen Namen wie Targa zu geben und nicht auf irgendeine sperrige deutsche Formulierung à la „Sicherheits-Cabriolet“ zu setzen. Targa klingt ganz bewusst italienisch, wo das Wort passend „Schild“ heißt, was dem Sicherheitsaspekt des Autos entspricht. Außerdem erinnert der Name an das legendäre Rennen Targa Florio, bei dem Porsche in den 50er, 60er und 70er-Jahren imposante Siege einfuhr.

Mit dem teils frickeligen Faltfenster mit Reißverschluss waren zu Anfang nicht alle Kunden begeistert, heute kosten die frühen „Soft Window“-Targas noch ein paar Euro mehr.

Der Porsche 911 Targa traf genau den Zeitgeist und schlug die Brücke zwischen den Sicherheitsaspekten eines Coupés und dem Freiluftfeeling eines vollwertigen Cabriolets. Nicht nur für die Zuffenhausener Marke ein Konzept, das seit Jahrzehnten Erfolge feiert; heute steht der Begriff für eine ganze Fahrzeugklasse, da etliche weitere Hersteller das Konstruktionsprinzip übernommen haben und ebenfalls Fahrzeuge mit Targa-Dächern herausgebracht haben.

Um der neuen Ära von offenen Porsche-Modellen Rechnung zu tragen, begann man mit einem neuen Nummernkreis, der mit 500 001 startete. Genau dieses Exemplar ist aktuell auf dem Markt, angeboten von Bastian Voigt Collectors Cars.

Der erste Porsche 911 Targa steht zum Verkauf

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Wenn man solch ein besonderes Exemplar als Händler in die Finger bekommt, wird man natürlich hellhörig und versucht, die Historie so lupenrein wie möglich nachzuvollziehen. Bastian Voigt zog dazu die Expertise von Jochen Bader zu Rate. Dieser leitete viele Jahre die Porsche Classic-Werkstatt und war in dieser Funktion für die Werksrestaurierungen im Hause Porsche verantwortlich. Beste Voraussetzungen, um die Originalität und den Zustand von besonderen Klassikern wie dieser „Nummer 1“ zu untersuchen.

So untersuchten die beiden den ersten Porsche 911 Targa genau und stießen auf einige Besonderheiten, die ihn von späteren Serienfahrzeugen unterscheiden. So gibt es einige Details, die sonst nur an 911 Coupés bis Mitte 1965 zu finden sind wie die Holzverkleidung am Armaturenbrett, die gesteckte Knieleiste und die nicht verstellbaren Federbeindome.

Wegen dieser Indizien kommen Voigt und Bader zum Schluss, dass dieser angebotene Porsche 911 Targa Mitte 1965 gebaut worden sein muss. Der präzise Bauzeitraum ist nicht bekannt, da man bei Porsche damals lediglich das Datum der Auslieferung und nicht das der Fertigstellung dokumentiert hat.

Gestützt wird diese Annahme auch von der Tatsache, dass die nachfolgende Fahrgestellnummer 500 002 von Entwickler Helmut Bott im September 1965 für Testfahrten verwendet wurde. Somit muss die 500 001 früher fertiggestellt worden sein.

Auch bei den Targa-spezifischen Details gibt es Abweichungen zu späteren Modellen. So ist das „Soft Window“ ist anders konstruiert und verfügt über einen Holzspriegel und zudem ist das Targa-Dach nicht faltbar.

Mehr als reine Zahlen und Fakten

In reinen Zahlen ausgedrückt liest es sich folgendermaßen: Laut der Porsche Auslieferungsbestätigung wurde der Wagen in der Versuchsabteilung von Porsche eingesetzt. Er wurde am 22.03.1966 zugelassen, also 8 Monate vor dem Start der Serienproduktion des Porsche 911 Targa im Januar 1967.

Bereits am 13.07.1967 wurde der Wagen aus den Diensten bei Porsche entlassen und an seinen ersten externen Eigentümer ausgeliefert. Interessanterweise war der Käufer die Firma Volkswagen in Wolfsburg.

In der Folge blieb der Porsche 911 Targa immer in der gleichen Region in Norddeutschland. Die Eigentümer in den 1970er Jahren sind durch die Fahrzeugpapiere und einer Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes gut dokumentiert. 1979 meldete ihn der vorletzte Eigentümer ab und lagerte ihn ein. Erst 22 Jahre später verkaufte er den Wagen dann im Jahr 2001 als Restaurierungsprojekt an den jetzigen Eigentümer. Dieser dokumentierte mit zahlreichen Fotos den Zustand beim Ankauf und bei der Abholung. Er ließ den Wagen direkt nach dem Erwerb bei einem renommierten und auf Porsche spezialisierten deutschen Restaurierungsbetrieb restaurieren. Die Restaurierung dauerte von Februar 2001 bis Mai 2003 und ist sehr gut mit Bildern und Rechnungen dokumentiert.

Somit präsentiert sich der Porsche 911 Targa heute in tadellosem Zustand. Viel wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass genau dieses Exemplar das erste seiner Art war und eine ganze Fahrzeuggattung markenübergreifend heute seinen Namen trägt.

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Mehr Informationen zum ersten Porsche 911 Targa finden Sie hier.


Fotos Bastian Voigt Collectors Cars

Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

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