Fiat Panda 4×4 & Co. – Die Geburt der Kult-SUVs

1968 Fiat Panda SUV

Keine Frage: Geländewagen sind IN – vom Suzuki Jimny bis hin zur mittlerweile allgegenwärtigen G-Klasse, die Straßen sind voll von SUVs. Jeder Hersteller setzt auf dieses Marktsegment – und selbst Luxus-Marken okkupieren diesen Markt. Aston Martin baut den DBX, Maserati den Levante, Lamborghini den Urus und demnächst wird auch noch Ferrari die Menschheit mit einem SUV beglücken. Dabei waren Geländewagen früher rustikale Helferlein, die dem Heer und dem Bauer bei der Bewahrung der Freiheit und dem Beackern des Bodens zu Diensten standen. Insofern gesehen könnte man auch dem unverwüstlichen Unimog den Status eines Geländewagens zubilligen – aber eigentlich gehört die Ehre der frühen Geburt den US-Geländewagen und dem britischen Land Rover, der von 1948 an die Dschungel, Savannen, Wüsten und das schottische Hochland eroberte.

der suv – Vom Militär in die Oper

Über viele Jahre hinweg war dieses Marktsegment mit Militär-Vehikel besetzt – rauhe, aber strapazierfähige Gesellen, von denen es auch etwas zivilere Varianten für Kunden gab, die gerne zu Abenteuer-Reisen nach Afrika oder ans Nordkap antraten.

Die Idee, derartige Gefährte für die normale Familie zu bauen, die damit Raum und Sicherheit erwerben konnte, kam zuerst den Briten mit dem Range Rover – ich erinnere mich noch an den gerne gebrauchten Slogan: „Von der Scholle vor die Oper“. Und auch das mittlerweile zum Kultobjekt mutierte G-Modell entstand nur, weil der Schah von Persien – der damals Anteile an Mercedes-Benz besaß – einen Geländewagen wünschte, dessen Entwicklung zuerst im neutralen Österreich begann.

Noch wollte Mercedes-Benz nichts mit einem Militär-Fahrzeug zu tun haben – und ehrlich gesagt, boten die ersten G-Modelle für Privat-Kunden keine Luxus- und nur wenig Komfort-Attribute. Das sollte sich alles erst viel später ändern.

Doch dann kamen Geländewagen langsam in Mode – zuerst allerdings in Nischen, doch die breitete sich vom kleinen Fiat Panda 4×4 über Exoten wie den Monteverdi Safari bis hin zum martialischen Lamborghini LM 002 die SUV-Welle aus. Plötzlich war alles möglich – auch wenn die Stückzahlen noch bescheiden waren.

Monteverdi Safari/Sahara – Die Alpen-Allradler

Beginnen wir mit dem Schweizer Peter Monteverdi, der in den 50er und 60er Jahren als Rennfahrer und als jüngster Ferrari-Händler der Welt mit Sitz in Basel reüssierte, und dazu auch Jensen in die Schweiz importierte. Das gefiel Enzo Ferrari nicht – also baute Monteverdi seine eigenen Fahrzeuge, heute hoch gehandelte Exoten mit italienischen Karosserien und 7,2-Liter-Chrysler-Achtzylindern.

Monteverdi fuhr aber auch einen der ersten Range Rover, vermisste aber einen bequemen Zugang zur hinteren Sitzreihe und baute deswegen einen Range Rover-Viertürer, der dem Werk in GB derart gut gefiel, dass sie ihm die Rechte an der Entwicklung abkauften – so erblickte der viertürige Range Rover dank Monteverdi das Licht der Welt.

Der Basler Bastler

Nach der Ölkrise, die etliche Hersteller in den Bankrott trieb, erinnerte sich Peter Monteverdi dann an seinen viertürigen Range Rover, fand aber die Form und die Motorisierung nicht adäquat – er war eben große US-Achtzylinder gewohnt. Und so entstand 1975 der Monteverdi Safari – der Basler hatte erkannt: „Die Zeit der extrem schnellen Coupés war mit der Ölkrise vorbei – wer ist denn noch gewillt, bei Geschwindigkeitsbegrenzungen 140.000 Franken für ein 250 km/h schnelles Auto auszugeben? Der Safari SUV dagegen verbreitet einen Hauch von Abenteuer um sich herum und ist viel exklusiver.“

Monteverdi ärgerte sich auch darüber, dass der Range Rover nicht mit Automatikgetriebe lieferbar war – griff als Basis zum International Scout II und zeichnete eine elegante, europäische Karosserie darüber, die bei Fissore gebaut wurde. Davor hatte er noch versucht, vom Schweizer Staat Zuschüsse für den Bau einer eigenen Fabrik zu erhalten – doch der dieser hatte mit Monteverdi, der bereits dem Schweizer Präsidenten einen viertürigen 375/4 als Staatskarosse zur Verfügung zu stellen wollte, nichts am Hut: So wurde der Safari in Italien gebaut.

Um den Basis-Preis – der 1977 mit 48.840 Mark (5,7 Liter V8) und 58.719 Mark (7,2 Liter V8) schon üppig genug war –, nicht weiter explodieren zu lassen, wurden die Verglasung bei Range Rover, die Front-Scheinwerfer bei Fiat, die Rückleuchten bei Peugeot und die Stoßstangen bei BMW erworben. Die Motoren kamen zuerst von Chrysler und lieferten zwischen 160 und 305 PS – womit der extrem luxuriöse Safari zum schnellsten Geländewagen seiner Zeit mutierte.

Wie viele tatsächlich gebaut wurden, ist nicht nachvollziehbar – Kenner schätzen, dass vom Safari eine niedrige vierstellige Zahl entstand, was dieses Modell zum erfolgreichsten Modell des Baslers machte. Wie viele überlebt haben, weiß niemand – die seltenste Variante ist die mit dem 7,2-Liter-V8-Triebwerk, hier entstanden nur sieben Stück, die alle in den Nahen Osten geliefert wurden. Was bei dem zu erwartenden Benzinverbrauch auch zu erwarten war.

1978 versuchte Peter Monteverdi dann, mit dem Sahara ein preisgünstigeres Einstiegsmodell zu lancieren, dass ebenfalls auf dem International Scout beruhte – aber keine neue Karosserie, sondern nur ein paar neue Anbauteile wie eine neue Kühlermaske und schmälere Stoßstangen besaß. Nach etwa 30 gebauten Exemplaren wurde die Produktion 1980 wieder eingestellt.

Lamborghini LM 002 – Der Allrad-Stier

Wesentlich brutaler gab sich der Lamborghini LM002, der eigentlich das Resultat eines Auftrags einer US-Firma war, die an einer Ausschreibung der US Army für einen Jeep-Nachfolger teilnehmen wollte. Auch hier war also das Militär der Vater des SUV-Gedankens – der Prototyp mit dem Namen Cheetah verlor die Ausschreibung und wurde bei einem Vergleichstest in Nevada zerstört.

Als Patrick Mimran 1980 Lamborghini übernahm, ließ er einen neuen Prototyp bauen, den er an die Armee von Saudi-Arabien verkaufen wollte. Das Ergebnis war ein kantiger Geländewagen, der zuerst mit einem 5,7-Liter-V8 von AMC laufen sollte – doch als sich das Geschäft zerschlug sagte sich Mimran: THINK BIG. Und installierte den 4,8-Liter-V12 des Countach LP 500S mit 375 PS. Und für die Serie kamen dann 5,2 Liter Hubraum und 455 PS zum Einsatz.

Das Ergebnis war eine Sensation: Ein SUV mit einem röchelnden Zwölfzylinder, der den 2,7 Tonnen wiegenden LM002 in 8,2 Sekunden auf Tempo 100 und auf eine Höchstgeschwindigkeit von 223 km/h beschleunigte – und das mit dem Cw-Wert der Eiger-Nordwand.

Rüdiger Czakert, damals Lamborghini-Importeur in Deutschland, erinnert sich nicht nur an die häufigen Tank-Aufenthalte „Wenn man schnell fuhr, waren 35 bis 40 Liter auf 100 Kilometer völlig normal. Wenn wir einen LM von Sant`Agata nach München überführten, haben wir am Brenner das erste Mal getankt“, sondern auch an die beengten Sitzverhältnisse und den nicht vorhandenen Kofferraum, „der LM war eigentlich ein Pickup mit offener Ladefläche.“

Und natürlich war der hochdrehende Zwölfzylinder, der seine Leistung erst bei ohrenbetäubenden 6.000 bis 7.000/min abgab, für einen SUV nur bedingt tauglich – im Stadtverkehr war er immer unterfordert. Bei höheren Geschwindigkeiten sorgten dann die breiten Pneus und die beachtliche Seitenwindempfindlichkeit dafür, dass der LM002-Fahrer stetig seine Reflexe schulen konnte.

Und die Kupplungskräfte forderten die linke Wade. Aber ansonsten war und ist eine Fahrt in einem LM002 bis heute ein großes Abenteuer, dessen Unterhaltskosten man sich aber leisten können sollte. Zwischen 1986 und 1993 konnten nur 301 Fahrzeuge verkauft werden – viele davon stehen heute in Kalifornien.

Lamborghini LM002

FIAT Panda 4×4 – Das Haushaltsgerät mit vier Antriebsrädern

Abenteuer völlig anderer Art kann dafür der Fiat Panda 4×4 bieten, von dem mir Luca de Montezemolo – damals Chef von Ferrari – anvertraute: „Das ist der Wagen, mit dem ich immer zum Skilaufen nach Cortina d`Ampezzo fahre. Mehr Spaß kann man auf verschneiten Straßen nicht haben – und man kann so wahnsinnig viele Autos mit mehr Leistung überholen.“

Eine Einschätzung, die ich nur bestätigen kann – bei einer Fahrt im Winter 1983 bei starkem Schneetreiben über die Schwäbische Alb, sah ich aus dem Augenwinkel zwei rote Rückleuchten in einer Schneewehe neben der Straße, fuhr zurück und hielt an. Und entdeckte einen gestrandeten Opel Manta, aus dem ein Mann im Trainingsanzug und Adidas-Latschen ausstieg.

Er wollte nur zum Zigarettenholen ins Nachbardorf, sei dort aber nie angekommen, vielleicht wäre es doch vernünftiger gewesen, Winterreifen aufzuziehen – ob ich ihn mitnehmen könne. Ich deutete auf den Panda und bot ihm an, ihn aus dem Graben zu ziehen. Er bekam einen Lachkrampf – nahm das Angebot dann aber doch an. Der Panda zog den Manta aus dem Graben und schleppte ihn die vier Kilometer in sein Heimatdorf – ich verweigerte jedes Trinkgeld, ließ ihn aber schwören, dass er nie wieder über einen Fiat Panda lachen würde.

Das sind die Erlebnisse, die einem ein LM002 niemals bieten kann – wahrscheinlich auch deshalb, weil man mit einem Lambo nur selten bei starkem Schneetreiben über die Schwäbische Alb fährt. Doch der kleine, von Giorgetto Giugiaro gezeichnete Panda war – besonders in seiner ersten, von 1980 bis 1986 gebauten puristischen Form (Mk. 1) das perfekte „Haushaltsgerät auf vier Rädern“ – so Giugiaro über seine Schöpfung. Ein geniales Gefährt, das von Juni 1983 an mit einem von Steyr Puch in Graz entwickelten zuschaltbarem Allradantrieb und einem zunächst 948 cm³ großen Vierzylinder und 48 PS Leistung als 4×4 angeboten wurde.

Natürlich waren die 48 Cavalli nicht der Wahnsinn – doch der Wagen wog laut Werksunterlagen nur 740 Kilogramm (real waren es wohl 100 Kilogramm mehr) und erreichte 130 km/h, was bei einem schweren Gasfuß für erstaunliche Durchschnittsgeschwindigkeiten sorgte.

Eine Erkenntnis, die auch dafür sorgte, dass ein entsprechend präparierter 4×4 1984 an der Rallye Paris-Dakar teilnahm. Später kamen die FIRE-Motoren mit 1,0 und 1,1 Liter Hubraum mit 45, 50 und 54 PS zum Einsatz – doch bis heute ist das Original der Wunschwagen einer enthusiastischen Fan-Szene, die den Panda 4×4 als die perfekte Melange aus Praktikabilität, coolem Design und perfekter Alltagstauglichkeit rund um das Jahr zu würdigen weiß. Und der mit einer Anhängerkupplung ausgestattet sogar im Schnee gestrandete Opel Manta zu retten vermag. Ich hätte mir damals einen kaufen sollen…

Fotos Automobili Lamborghini S.p.A., FCA Germany GmbH

Autor: Jürgen Lewandowski

Jürgen Lewandowski schreibt seit mehr als 40 Jahren über Menschen und Autos - und hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Traumklassiker: Alfa Romeo 8C 2900 Touring Spider und Lancia Rally 037. Eigener Klassiker: Alfa Romeo R.Z. von 1993.

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