Die Ferrari 360 Kaufberatung – Modena, Spider oder Challenge Stradale?

Der Ferrari 360 Modena hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, den beliebten F355 abzulösen. Allerdings wurden bei der Entwicklung beachtliche Ergebnisse erzielt und so kam der Ferrari 360 mit einer Reihe neuer technologischer Innovationen im Jahr 1999 auf den Markt. Heute ist er ein sehr begehrter Junior-Supersportwagen.

Zu den Innovationen gehörten ein neues Vollaluminium-Chassis, ein elektronisch gesteuertes Aufhängungssystem und eine fortschrittliche aerodynamische Karosserie. So aerodynamisch effizient diese auch war, anfangs stießen sie auf weniger Anklang als die Linien des eher klassisch schönen F355. Doch der wahre Wert von Ferraris neustem Wurf lag unter der Haube, wo sich der leistungsstärkere V8-Mittelmotor befand – hinzu kamen das leichtere Chassis und das schärfere Handling.

Ferrari 360 Challenge Stradale

Der 3,6-Liter-V8 war eine Weiterentwicklung des 3,5-Liter-Aggregats, das im F355 verwendet wurde. In der Standardausführung leistete der neue V8 395 PS, die in der abgespeckten 2003 Challenge Stradale auf 420 PS anschwollen. Zwischen diesen beiden Extremen gab es eine Spider-Variante, die im Jahr 2000 auf den Markt kam, und es gab auch ein paar reine Rennwagen mit erheblichen Modifikationen gegenüber dem Standard-Modena. Ein Targadach wurde dieses Mal nicht angeboten.

Die Einführung des elektrohydraulischen F1-Schaltgetriebes war zu diesem Zeitpunkt bereits in vollem Gange, so dass weniger als 30 % der Käufer die Sechsgang-Schaltversion bestellten.

Während der 360 Ferrari-Besitzern ein neues Niveau an Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit eröffnete, hatten frühe Modelle einige Kinderkrankheiten, und es gibt ein paar Dinge, auf die man achten muss, aber die Preise sind noch nicht in die Stratosphäre gestiegen, und gute Exemplare sind eine Freude zu fahren.

FERRARI 360 – Der Motor

Die Motoren des Ferrari 360 sind robust und profitieren von regelmäßigem Gebrauch, also lassen Sie sich nicht zu sehr von Garagen-Königinnen mit geringer Laufleistung beeindrucken. Die Elektrik kann beschädigt werden, wenn die Batterien leer sind, insofern ist es ratsam, in ein anständiges Erhaltungsladegerät zu investieren.

Der gefürchtete arbeitsintensive Wechsel des Nockenwellenriemens, der frühere Ferraris mit Mittelmotor plagte, gehört beim 360 der Vergangenheit an, und die daraus resultierende Zeitersparnis senkt die gesamten Wartungskosten erheblich. Planen Sie dennoch ein, den Riemen alle drei bis fünf Jahre zu wechseln.

Geräuschvolle Stößel sind im kalten Zustand normal, aber wenn sie andauern, lohnt es sich, den Motor überprüfen zu lassen. Dichtungen und Nockenwellenabdeckungen können Öl verlieren, also überprüfen Sie sie auf Undichtigkeiten.

Regelmäßige Ölwechsel, alle 6000 Meilen oder jährlich, sind wichtig, damit der Motor reibungslos läuft. Kleine Unregelmäßigkeiten bei höheren Drehzahlen kann auf defekte Zündspulen hinweisen.

Frühe Fahrzeuge litten unter einem vorzeitigen Ausfall des Nockenwellenverstellers, und obwohl dies beim Händler behoben werden sollte, sollten Sie sich bei einem Modell vor 2001 vergewissern, dass dies behoben wurde.

FERRARI 360 – Getriebe und Schaltung

Sowohl das manuelle als auch das automatisierte F1-Getriebe neigen zur Zuverlässigkeit –  sofern sie denn gepflegt werden. Bei beiden wurde eine Einscheibenkupplung verwendet, die bis zu 30.000 Meilen hält. Das F1-Getriebe funktioniert gut, wenn es hart gefahren wird, kann sich aber im Stadtverkehr etwas ruckelig anfühlen und die Kupplung verschleißt unter diesen Bedingungen deutlich schneller.

Handschaltgetriebe sind in dieser Hinsicht besser, allerdings kann es durch verschlissene Gestänge schwierig werden, zwischen dem zweiten und dritten Gang zu wechseln. F1-Getriebeboxen können an den hydraulischen Aktuatoren undicht werden und beschädigte Getriebelager können zu knirschenden Schaltvorgängen führen.

FERRARI 360 – Aufhängung und bremsen

Die Modelle Modena und Spider haben Stahlbremsscheiben und adaptive Dämpfer. Beide sind strapazierfähig und sollten relativ störungsfrei sein. Wenn das Lenkrad beim Bremsen zittert, könnten die Scheiben verzogen sein, was auf eine sportliche Fahrweise des Vorbesitzers hinweisen könnte.

Challenge Stradale-Fahrzeuge sind mit Carbon-Keramik-Scheiben ausgestattet, die extrem lange halten sollten. Ersatzteile sind sehr teuer, also überprüfen Sie sie gründlich. CS-Fahrzeuge wurden auch mit 19-Zoll-Leichtmetallfelgen ausgestattet, die beim Standard-Modena nachgerüstet werden können, aber dazu neigen, das Fahrverhalten zu beeinträchtigen.

Die Kugelgelenke verschleißen etwa alle 10.000 Meilen – wenn Sie bei Bodenwellen Klopfgeräusche hören, ist es vielleicht an der Zeit, sie zu ersetzen. Fachleute können aufgerüstete Teile einbauen, um die Austauschintervalle zu verlängern.

FERRARI 360 – Karosserie

Die Karosserie des 360 ist aus Aluminium gefertigt, was sich positiv auf die Rostbeständigkeit auswirkt, obwohl Korrosion im Bereich der Windschutzscheibe und an den Abflusslöchern der Blöcke auftreten kann.

Die vorderen Stoßstangen neigen zu Lochfraß durch Steine, so dass einige Besitzer eine Kunststoff-Schutzfolie über die Nase des Autos gelegt haben, um eine teure Neulackierung zu vermeiden. Challenge Stradale-Fahrzeuge hatten eine Motorhaube aus Kohlefaser und leichtere Stoßstangen, deren Reparatur bei Beschädigung teuer werden kann.

FERRARI 360 – Interieur

Das Interieur des 360 war ein großer Schritt nach oben gegenüber der etwas enttäuschenden, vorwiegend von Plastik dominierten 355-Kabine. Die Ledersitze neigen dazu, jahrelang gut auszusehen –  abgesehen von den Seitenwangen, die als erste Anzeichen von Abnutzung zeigen.

Einige Schalter und Knöpfe können mit der Zeit verbraucht aussehen. Daher haben sich im Laufe der Zeit einige Besitzer über übermäßigen Verschleiß an Türgriffen und Fensterschaltern beschwert.

Die Challenge Stradale-Fahrzeuge boten weitaus weniger Luxus, da das Radio aus dem Pflichtenheft gestrichen wurde, während Plexiglasfenster und manuelle Sportsitze mit Kohlefaserrücken zur Standardausstattung gehörten. Letztere waren für den Modena und den Spider optional.

Die Spider verfügten über ein elektrisch betriebenes Stoffdach; mit der Zeit dehnt sich das Material ein wenig; worauf man allerdings wirklich achten sollte sind Risse oder abgenutzte Stellen. Fehlerhafte Mechanismen sind in der Regel auf beschädigte Sensoren oder Mikroschalter zurückzuführen und sollten, wenn dies der Fall ist, leicht zu beheben sein.

FERRARI 360 – Geschichte

1999: Das Ferrari 360 Modena Coupé erscheint mit einem Vollaluminium-Design und einem aktualisierten 3,6-Liter-V8 mit 395 PS. Sechs-Gang-Schaltgetriebe und automatisiertes Sechs-Gang-‚F1‘-Getriebe verfügbar

2000: Markteinführung des Ferrari 360 Spider, mechanisch identisch mit dem Modena, mit elektrisch faltbarem Verdeck und verstärktem Chassis, was das Gesamtgewicht um 59 kg erhöht. Der 360 Modena Challenge wird für eine Marken-Rennserie eingeführt.

2002: Einführung des 360 GT, eines nicht straßenzugelassenen Rennwagens, der Kunden zur Verfügung gestellt wurde, die ihn für Rennveranstaltungen nutzen wollten.

2003: Die limitierte Auflage des Challenge Stradale wird eingeführt. Zu den Änderungen gehören serienmäßige Carbon-Keramik-Bremsen, umfangreiche gewichtssparende Merkmale wie Plexiglasfenster, mit Alcantara bezogene Carbonsitze und ein entschlackter Innenraum, was ein um 110 kg geringeres Leergewicht bedeutet.

2004: Der 360 GTC ersetzt den 360 GT und bleibt ein reines Rennstrecken-Derivat.

2005: Der letzte Ferrari 360 läuft vom Band und wird durch den F430 ersetzt.

Ferrari 360 Challenge Stradale8

Welchen FERRARI 360 sollte man kaufen?

Als erster Ferrari der Einstiegsklasse, der wirklich Alltagstauglichkeit mit zeitgemäßer Leistung verbindet, gibt es am 360 viele Pluspunkte. Die Laufleistung fällt etwas höher aus als bei früheren Ferraris, ein Beweis für die erhöhte Zuverlässigkeit. Darüber hinaus waren auch die Kunden etwas abenteuerlustiger was die Wahl der Lack- und Ausstattungsfarben betraf.

Wenn Sie sich für ein Schaltgetriebe entscheiden, werden Sie Geduld brauchen, da die meisten Fahrzeuge mit dem ‚F1‘-Getriebe ausgestattet waren. Die Aufteilung zwischen den Modellen Modena mit Hardtop und Spider war relativ gleichmäßig und auch die Gebrauchtwerte sind im Großen und Ganzen ähnlich. Wie bei den meisten Klassikern sind diese Werte in den letzten Jahren etwas gesunken, aber die manuellen Hardtops sind immer noch die begehrtesten unter den Standardmodellen und können einen Aufschlag von bis zu 30% erzielen.

Der Hardcore-Challenge Stradale folgt der „Weniger-ist-mehr-Philosophie“ und kommt ohne Klimaanlage, Ledersitze, Teppiche, Schalldämmung und Radio aus, bietet dafür aber ein deutlich schärferes Fahrgefühl, besonders auf der Rennstrecke.

Regelmäßige Wartung und eine Inspektion durch einen Fachmann sind wichtig, um sicherzustellen, dass keine hohen Rechnungen auf Sie zukommen. Der 360 ist ein großartiger Einstieg in den Besitz eines Ferrari und bietet immer noch die Art von fesselndem Fahrerlebnis, das Sie von der Marke erwarten würden.

Ferrari 360 Challenge Stradale7

FERRARI 360 – technische daten

Motor: 3.6-LITER V8 MODENA
Leistung: 400 PS
Höchstgeschwindigkeit: 296 km/h
0-100 km/h: 4,5 Sekunden
Verbrauch: ca. 17,9 L/100km
Motor: 3.6-LITER V8 Challenge Stradale
Leistung: 425 PS
Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h
0-100 km/h: 4,1 Sekunden
Verbrauch: ca. 17,9 L/100km

Text John Tallodi  Bilder Ferrari, Hendon Way Motors, Rondinelli Classic Cars

Autor: Jan Fröhlich

Jan Fröhlich ist Redakteur beim Classic Trader Magazin und begeistert sich leidenschaftlich für klassische Fahrzeuge. Traum-Klassiker: Mercedes Benz 300 SL & Porsche 356 Eigener Klassiker: Velo Solex 3800 von 1968

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