Buchtipp | Landy Love – Die Weinprinzessin

Die Weinprinzessin Landy Love Delius Klasing (1)

In Frankreich ist der Land Rover kein alltägliches Fahrzeug. Aber in einem kleinen Dorf am Rande des Elsass gibt es gleich drei davon. Den Anfang machte der Landy der Familie Kuntzmann – und die Abenteuerlust der schönen Winzerin und Weinprinzessin Anne.

Sonnenbeschienene Hänge mit Weinreben, so weit das Auge reicht. In der Ferne die Rheinebene mit dem Schwarzwald und die hellblaue Silhouette der Alpen. Am östlichen Rand von Frankreich ist es nur ein Katzensprung ins schweizerische Basel oder in den deutschen Breisgau. Europa ist hier lebendig, wo fast jeder Elsässisch, Alemannisch, Schwizerdütsch, Französisch und Deutsch versteht. Hier gibt es von allem genauso so viel, dass es wunderbar passt. Was die Menschen im Dreiländereck vor allem verbindet, ist der Wein.

Zwischen Turckheim und Colmar, im Herzen der Elsässer Weinstraße, liegt das kleine Dörfchen Niedermorschwihr. Mit seinen bunten Fachwerkhäuschen, den engen Gassen und der gewundenen Kirchturmspitze ist es ein typisch elsässisches Dörfchen. Hier herrscht noch friedliche Stille. Nur hin und wieder unterbrochen vom Klang der Motorsensen aus den steilen Rebhängen. Ganz am Ende der einzigen Straße, kurz vor dem Ortsschild mit dem unaussprechlichen Namen, wohnt Anne Kuntzmann.

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Sie begrüßt uns mit einem breiten Lächeln, begleitet von ihren beiden Hunden Linka und Muscate. Anne Kuntzmann ist Winzerin. Die Rebberge rund um Niedermorschwihr sind ihr Zuhause. Schon als Kind hat sie mitgeholfen in den Weinbergen des Großvaters, der bereits an die Cave de Turckheim lieferte. In der Weinkellerei werden auch heute noch die Trauben der Familie Kuntzmann zu exquisiten Weinen aus den sieben elsässischen Hauptrebsorten verarbeitet: Silvaner, Pinot blanc, Riesling, Muscat, Pinot gris, Gewürztraminer und Pinot noir. Die Kuntzmanns bebauen acht Hektar an verschiedenen Hängen rund um das 350-Seelen-Dorf Niedermorschwihr. Auf den Pinot gris, der mit dem Prädikat Grand Cru Sommerberg ausgezeichnet wurde, sind sie besonders stolz.

Anne führt uns in den Keller des Hauses und setzt sich an einen großen Tisch mit roter Wachstuchdecke. Um uns herum Werkzeuge, Rasenmäher, Weinflaschen und Elsässer Tongeschirr. Sie zündet sich eine Zigarette an. Anne hat ein offenes Gesicht mit fröhlichen, blauen Augen und einem ansteckenden Lächeln. Dieses Strahlen ist ihr schon immer leicht gefallen. Es verhalf ihr 2008 zum Titel der Elsässer Weinprinzessin. Eine kleine Pointe des Schicksals. Denn später studierte sie Weinbau an einem Lycée Agricole, machte den Abschluss in Weinwirtschaft und eine zweijährige Weiterbildung zur Betriebsleiterin. Ihr Ziel war immer klar: den Familienbetrieb übernehmen. Doch bevor es so weit war, wollte Anne noch einmal ins Ausland.

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Von Niedermorschwihr in den Südpazifik

Sie wusste, dass es schwierig werden würde, diesen Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen, wenn sie erst die Verantwortung übernommen hätte. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort auf dem Globus landete der Finger auf sechs Buchstaben voller Versprechen: Tahiti. Eine Überraschung für alle, die wussten, was Anne als wichtigstes Suchkriterium galt: Anne wollte auch auf dieser Reise weiter im Weinbau arbeiten. Nun gibt es auf Tahiti eigentlich keine Weinberge. Mit einer Ausnahme: der Domaine von Dominique Auroy, einem französischen Unternehmer, der auf dem Rangiroa- Atoll seine Vision von tahitianischem Wein zur Geschäftsidee reifen ließ. Einer der Önologen bei Dominique Auroy hatte seine Ausbildung bei der Cave de Turckheim in Niedermorschwihr gemacht. Und so kam es, dass Anne sieben Monate in Französisch-Polynesien verbrachte und in der einzigen Winzereigenossenschaft Tahitis arbeitete. Sie lernte dort, das Leben lockerer anzugehen und sich nicht wirklich stressen zu lassen.

„Wir sind hier in Europa viel zu gehetzt, wir machen uns zu viele Sorgen. Das Leben in der Südsee ist weniger materialistisch“, sagt Anne und nippt an ihrem Apéro. Ein selbst gemachter Pinot gris – „nur für den Hausgebrauch“, sagt sie, und schon lächelt ihr Gesicht wieder.

Die Rückkehr in das geschäftige Frankreich war eine echte Prüfung. Und das, obwohl es auf den ersten Blick keineswegs so scheint, als sei das Leben in Niedermorschwihr besonders quirlig und voller Hektik. Doch das täuscht. Die Arbeit als Winzerin ist hart. Im Sommer steht Anne mit ihrem Vater bereits um sechs Uhr in den Weinbergen, im Winter etwas später. Weinbau ist arbeitsintensiv, und die Reben sind pflegebedürftig. Man muss fast täglich nach ihnen sehen. Schneiden, binden, düngen, spritzen, ausgeizen, heften und natürlich die Lese im Spätsommer und Herbst.

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Die Weinprinzessin und die harte Arbeit

Anne macht alles, auch schwere Arbeiten. Nur den Traktor bedient sie nicht. Ihr Vater ist der einzige Winzer, der selbst an den fast vertikalen Abhängen noch die Maschine einsetzt, um in den schmalen Fluren zwischen den Rebstöcken zu düngen und zu spritzen. Wenn der Vater auf dem Traktor sitzt, dann nimmt Anne den Landy. An den Rebbergen um Niedermorschwihr ist er das einzige Fahrzeug, das die Parzellen der Kuntzmanns selbst im tiefsten Winter erreicht.

Aimé Kuntzmann, Annes Vater, hat schon immer einen Land Rover besessen. Seinen ersten, einen gebrauchten 90er, kaufte er vor 30 Jahren. Fünf Jahre später einen neuen 90er, und seit 2007 besitzt er nun den 110er als Kastenwagen. Er bleibt der Marke treu, denn etwas Besseres kann er sich weder für die Arbeit noch für sein Hobby, die Jagd, denken. Unter der Plane transportiert das britische Arbeitstier Pfähle, Material, Pflanzen und Tierfutter. Am Anfang haben die Dorfbewohner Aimé seltsam angeschaut. Das Auto war doch recht ungewöhnlich für das kleine Dorf im Elsass. Inzwischen haben es zwei weitere Landwirte in Niedermorschwihr Aimé gleichgetan und fahren ebenfalls Defender. Drei Landys auf nur 350 Einwohner, eine gute Quote.

Seit 2014 ist Anne mittlerweile Chef de l’Exploitation, Geschäftsführerin. Seit ihrer Reise nach Tahiti ist die Dreißigjährige kaum mehr weg gewesen, auf Reisen. Nur manchmal gönnt sie sich ein Wochenende woanders, in der Nähe zwar, aber nicht im Dorf. Abstand, um den Kopf mal wieder klar zu kriegen. Manchmal klappt’s, manchmal nicht. Die ehemalige Weinprinzessin Anne zieht an ihrer Zigarette. „Heute ist heute, morgen ist morgen“, sagt sie, überraschend ernsthaft. Ihre Lebenseinstellung. Die hat sie von Tahiti mitgebracht. Und dann lacht sie doch, laut und fröhlich, als wär Niedermorschwihr ein Stadtteil von Tahiti.

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Die Weinprinzessin ist im Buch Landy Love since 1948 von Nadja Kleissler (Herausgeberin) bei Delius Klasing erschienen. Zahlreiche weitere spannende, abwechslungsreiche und nicht zuletzt emotionale Geschichte aus aller Welt finden sich in diesem Bilder- und Geschichtenbuch zum Lesen, Lachen und Träumen für jeden Landy-Fan.

Nadja Kleissler: Landy Love since 1948, Delius Klasing, Bielefeld 2017

Landy Love since 1948 Delius Klasing Cover

1. Auflage 2017
ISBN 978-3-667-10687-2
Preis 59,90 €

Landy Love ist im Buchhandel Ihres Vertrauens oder direkt bei Delius Klasing verfügbar.


Text Lena Siep Fotos Christian Grund

Autor: Delius Klasing

Delius Klasing zählt zu den führenden Special Interest-Verlagen Europas. 1911 in Berlin gegründet, blickt man am heutigen Unternehmenssitz Bielefeld auf mehr als ein Jahrhundert Verlagsgeschichte zurück. Das Programm umfasst etwa 1300 lieferbare Buchtitel, jährlich kommen etwa 120 Neuerscheinungen hinzu.

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