Auf ins Schrauberparadies – Die eigene Werkstatt

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Einen Oldtimer zu fahren ist das Eine. Mit ihm zu leben, ihn zu pflegen und zu reparieren das Andere. Wie eine eigene Werkstatt, gut sortiert und ausgestattet, die Lust an Klassikern sogar noch intensivieren kann beschreibt unser Do-It-Yourself- Experte Sven Wedemeyer.

Ja, es gibt ihn, den Spaß fernab brummender Motoren und jenseits sonnenverwöhnter Straßen. Denn selbst wenn sich der geliebte Oldie im Stillstand befindet, kann das Hobby weiter Fahrt aufnehmen. Eine Garage, die auch als eigene Werkstatt dienen kann, ermöglicht dem geneigten Liebhaber, noch mehr Zeit mit dem alten Auto oder einem urigen Motorrad zu verbringen.

Eine eigene Werkstatt geplant? Hier Checkliste downloaden.

So lernt man nicht nur sein Fahrzeug besser kennen, sondern verlängert obendrein auch die Saison. Denn spätestens wenn sich die Sonne rar macht und salzige Straßen die Laune vermiesen, können Maulschlüssel und Werkbank für Optimismus sorgen. Hinter den Werkstatt-Toren der Nation beginnt dann die Schrauber-Saison.

Alles kann, nichts muss

Die eigene Werkstatt kann die Beziehung zum Oldtimer eigentlich nur stärken. Etwa, wenn eine längere Tour und damit ein Ölwechsel ansteht, die Zündung nicht so richtig will oder seit Jahren klappernde Teile der Innenausstattung befestigt werden sollen. Dafür braucht man nicht zwingend einen Profi. Selbst ist die Frau, oder der Mann! Das private Schrauberparadies kommt dann wie gerufen.

Recht wahrscheinlich wird man durch die Eigenleistung am Oldtimer kein Geld sparen. Denn Miete, Strom sowie Maschinen und Werkzeuge sind in der Summe selten günstiger als eine kompetente Fachwerkstatt. Doch die meisten Hobby-Bastler haben beim Gang in die eigene Werkstatt nicht ihren Sparstrumpf im Kopf.

Oder wollen gleich zum Angriff der nächsten Vollrestauration blasen. Vielmehr sind es die kleinen, wenig komplexen und damit auch für Laien verständlichen Arbeiten, die für gute Laune und echten Fortschritt sorgen. Zumal das Gefühl, einem Problem mit Sachverstand und etwas handwerklichem Geschick zu Leibe gerückt zu sein unbezahlbar ist. Schlummert nicht in jedem von uns ein kleiner Mechaniker, den es zu entdecken gilt?

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Die eigene Werkstatt – Klein aber fein

Die eigene Hobby-Werkstatt muss es natürlich nicht mit einer voll ausgestatteten Mega- Halle, neuem Profi- Werkzeug und grandiosen Arbeitsbedingungen aufnehmen. Für die meisten Alltags-Oldies und das kleine Budget genügen etwas Raum, Licht und ein paar Werkzeuge.

Dann kann selbst aus einem öden Stellplatz, aus der Tiefgarage oder einem Garagenhof ein kleines Schrauberparadies werden – eine geklärte Rechtslage, gerade bei Mietobjekten, vorausgesetzt.

Was es dann noch braucht? Nicht viel! Etwas Zeit, eine solide Grundausstattung an Werkzeug und Mut. So lassen sich bereits kleine Hindernisse des Klassiker-Alltags bewältigen: Die Zündkerzen tauschen, der besagte Ölwechsel durchführen oder das Fahrwerk abschmieren. Auch kann sich schnell ein regelrechter Putzfimmel etablieren, weil das Polieren von Chromstoßstangen in der Werkstatt einfach eine therapeutische Wirkung hat.

Eher zurückhaltende Gemüter, die an ihren Kompetenzen zweifeln, können durch Freunde, Club-Kollegen, das passende Marken-Forum, Fachliteratur und Tutorials bei Youtube an die Hand genommen werden.

Dank grenzenlosen Communities im Internet ist der Einstieg ins autodidaktische Oldtimer-Schrauben so einfach wie nie. Probieren Sie es aus!

Wer die ersten Schritte wagt wird schnell feststellen: Nicht alles klappt sofort, aber mit etwas Geduld kommt man doch zum Ziel. Das befriedigt enorm. Zumal gerade das Lernen aus Fehlern ein großer Genuss beim Schrauben sein kann. Man muss es nur zulassen. Zur absoluten Grundausstattung benötigt man nicht einmal elektrisches Werkzeug.

Ein Hoch auf die Muskelkraft! Der Vorteil betagter Fahrzeuge besteht ja gerade in ihrer überschaubaren Technik. Schraubenzieher, Maul- und Ringschlüssel sowie ein guter Nusskasten (Zoll oder metrisch) taugen durchaus zur konsequenten Fehlersuche.

Am besten liegt noch das Werkstatthandbuch – oder die Telefonnummer eines wissenden Freundes – auf der improvisierten Werkbank. Die kann aus nichts weiter als stabilen Klappböcken und einer gebrauchten Tischplatte bestehen. Los geht’s!

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Die eigene Werkstatt – Geiz war nie geil

Grundsätzlich gilt: Keine eigene Werkstatt ohne gutes Werkzeug. Und das kostet. Doch die Ausgaben lohnen sich als Langzeitinvestition. Sie schonen Körper und Geist. Wer mal mit minderwertiger Baumarkt-Ware im Motorraum vom Bolzen abgerutscht ist und sich am Metall nachhaltig die Hände aufgeschlagen hat weiß wovon die Rede ist. Zumal ein abgelutschter Bolzen für echte Kopfschmerzen sorgt.

Das Ersparte lohnt den Ärger also nicht. Wer aber hohe Kosten für neues Marken-Werkzeug von Hazet, Wera, Knipex oder Gedore scheut, der findet im Netz unter dem Stichwort „Werkstatt-Auflösung“ viele Schnäppchen, von der winzigen Zange bis zum riesigen Standbohrer. Das Alter gebrauchter Werkzeuge und Maschinen spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Profis kaufen selten billig, so dass ihre Hardware auch noch im Alter für den Hobbybedarf taugt.

Und Profis wissen auch, wie man effizient und vor allem sicher arbeitet. Der Schutz vor Unfällen, Verletzungen und Langzeitschäden mag bei vielen Hobbyschraubern keine große Priorität genießen.

Doch feinfühlige Handschuhe, ein Feuerlöscher, Atemmasken für Schleifarbeiten oder Schutzbrillen und Gehörschutz beim Flexen sollte jeder Teilzeit-Mechaniker sein Eigen nennen. All das kostet nicht die Welt und maximiert den Spaß beim Basteln.

Rein in die Komfortzone

Nach oben sind dem Spieltrieb in der Werkstatt natürlich keine Grenzen gesetzt. Annehmlichkeiten wie Strom, womöglich eine Heizung und Sanitäranlagen oder ein ansehnlicher Maschinenpark dürfen als konsequente Ausbaustufe einer Hobby-Werkstatt verstanden werden. Dann können starke Bohrmaschinen, Kompressoren, Schleifgeräte, womöglich sogar eine Drehbank oder eine Hebebühne betrieben werden. Das schafft nicht nur Autonomie und damit die Möglichkeit, sich in fast jeder Situation selbst zu helfen.

Sondern lockt auch Bekannte und Leidensgenossen an. Über den regen Besuch in einer solchen Werkstatt – und der ist garantiert – kann man sich nur freuen. Gäste wissen den Freundschaftsdienst am Fahrzeug zu schätzen. Und das Werkeln im stillen Kämmerlein mutiert zum sozialen Happening. Nach getaner Arbeit noch ein Bier…? Nicht ohne Grund sind Gemeinschaftsgaragen und Selbsthilfe-Werkstätten ein Riesen-Ding in der Szene. Vielleicht finden Sie in ihrer Nähe eine Halle, die man als lose Truppe oder im Club anmieten kann?

Bei all der Technik und dem Spaß am Selbermachen sollte man eines trotzdem nicht vergessen: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Niemand wird über Nacht zum Rennmechaniker. Oder erlernt den Umgang mit einem Schweißgerät an einem Tag. Deshalb sollte die geweckte Ambition auch immer selbstkritisch mit den eigenen Fähigkeiten und dem realen Bedarf abgeglichen werden. Als Besitzer eines VW Käfer braucht es kein teures Spezialwerkzeug. Die Eigentümer von Youngtimern mit digitaler Zündung werden nie einen Verteiler mit der Fühlerlehre einstellen müssen. Und als Fahrer eines Ferrari mit V12 überlässt man das Ventilspiel vielleicht doch besser der Markenwerkstatt.

Aber egal ob Alltags-Klassiker oder seltene Rarität – wer seine Grenzen kennt, den Mut im Griff und vor Rückschlägen keine Angst hat wird in der eigenen Werkstatt schon bald sein kleines Paradies finden. Man muss einfach nur anfangen.

Eine eigene Werkstatt geplant? Hier Checkliste downloaden.

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Text und Fotos Sven Wedemeyer

Autor: Sven Wedemeyer

Auf einem Bein kann man nicht stehen, weiß der Volksmund. Deshalb schreibt Sven Wedemeyer nicht nur spannende Berichte für Classic Trader oder Lifestyle- und Fachmagazine, sondern blickt als Fotojournalist auch gern durch den Sucher seiner Kamera. Im Fokus hat der Petrol Head vor allem automobile Klassiker und besondere Motorräder // Traum-Klassiker: Bugatti 35B // Aktueller Klassiker: MGB GT V8

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