4×4 Vielfalt: Der Range Rover – Rauhbein mit britischen Charme

Range Rover

Wenn man sich im heutigen Straßenbild die eintönige Masse an aufgebockten, austauschbaren Fahrzeugen im 4×4-Gewand anschaut, könnte man meinen, sie entsprängen alle desselben Ideals. Die Ansätze der historischen Vorbilder, wenn man so will, sind aber grundverschieden, auch wenn das Ziel von Willys MB, Range Rover und Land Cruiser, stets lautete, gut durch unwegsames Gelände zu kommen.

Range Rover – der britische land lord

Bis in die heutige politische Situation scheint den Briten nicht ganz so recht zu sein, von anderen Nationen abhängig zu sein und deren Automobilgeschmack zu übernehmen. Das führte im Offroad-Segment zum ersten Land Rover. Ein veritables Raubein, mit dem man gut durch die Ländereien und Highlands kommt. Aber ein bisschen britischer kann es schon zugehen, der Adel möchte ja auch gerne den heimischen Luxus auf vier Rädern haben. So arbeitete Rover parallel zur Weiterentwicklung an dem Auto, das später der Defender werden sollte, auch an einem komfortableren Modell, mit dem selbst die Queen würdig nach Schloss Balmoral kommen konnte.

der Range rover verfügte über Schraubenfedern, Scheibenbremsen und permanentem Allradantrieb  

Es dauerte bis zum 17. Juni 1970, als der erste Range Rover präsentiert wurde. Die Neuerungen waren nicht nur ein wenig Komfort und Stilelemente innen wie außen, man dachte einfach den Geländewagen komplett neu. Es war sozusagen der Vorbote aktueller SUVs, die komfortables, zügiges Reisen mit extremer Geländegängigkeit verbunden hat. Schraubenfedern, Scheibenbremsen und permanenter Allradantrieb hielten Einzug in die britische 4×4-Klasse. Vor allem aber der 3,5 Liter V8-Motor von Rover sorgte für einen ganz neuen Ansatz. Das hohe Gewicht, der hohe Schwerpunkt sowie die schmale Spur und die weiche Federung setzt dem Range Rover „Classic“, wie er später in Abgrenzung zu anderen Modellen genannt wurde, enge physikalische Grenzen. Da kann der V8 nicht verhindern, dass es nicht so recht vorwärts ging im Schlachtschiff. Aber auch besser so bei den Fahreigenschaften und gewagten Manövern, da braucht es keinen Prinz Philip, um das herauszufinden.

Range Rover

Range Rover – Eine Offroad Legende mit Kinderkrankheiten

Aber für das Sportliche gibt es genügend andere Alternativen auf der Insel. Die Kernkompetenzen des Range Rover liegen abseits der Straßen, ohne das bequeme Mitschwimmen auf befestigen Wegen zu vernachlässigen. Der erste Range Rover war noch ein dreitüriger Kompromiss zwischen Komfort und Sachlichkeit. Erst Anfang der 80er Jahre sah sich Land Rover in der Lage, einen Fünftürer zu bauen. Ein erstes Vorabexemplar ging an die Vogue für ein Fotoshooting. Ab dann bekamen die luxuriösen Exemplare den Namen des Modemagazins in den Titel. Bis 1996 wurde der Range Rover in Solihull gebaut, kürzlich ließ Jaguar Land Rover sogar Exemplare im Reborn-Programm wiederauferstehen. Mehr noch als bei den anderen Offroadern lohnt vor dem Kauf eines „Classic“ ein strenger Blick auf die Substanz. Nicht wenige ehemalige Range-Fahrer schwärmen noch heute vom „King of the road“-Gefühl des „Classics“, aber sprechen Sie sie besser nicht an, was sie im Laufe der Zeit für Rostschäden am mäßig gut gefertigten Auto bezahlt haben.

Und auch über das leidige Thema Verbrauch hüllt man besser den Mantel des Schweigens.

Fotos: Jaguar Land Rover Ltd.

Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

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