100 Jahre Mazda – Auf unkonventionellen Wegen zum Erfolg

100 Jahre Mazda Cosmo 100 S 1971 (1)

100 Jahre Mazda sind ein stattliches Jubiläum. Durch die eurozentristische Brille betrachtet verwundert vielleicht das hohe Alter, verbindet man doch in unseren Breiten die japanische Marke frühestens mit Fahrzeugen aus den 70er-Jahren. Aber die Geschichte beginnt viel früher, exakt vor einhundert Jahren.

Am 30. Januar 1920 wird in Hiroshima das Unternehmen Toyo Cork Kogyo Co. Ltd. gegründet. Zunächst produzierte man Korkersatz, denn Kork war damals gefragt und rar. Mit der Ernennung von Jujiro Matsuda zum Präsidenten ging der Blick aber weit über Kork hinaus in Richtung innovativer Fahrzeuge.

Der Beginn auf drei Rädern

1930 wurde der Prototyp eines motorisierten Lastendreirad präsentiert, der in der Folge als Mazda-Go reüssierte. Erstmals wurde auch der Name Mazda verwendet. Dieser erinnerte nicht nur an den Firmenboss Matsuda, sondern sollte vor allem an Ahura Mazda, den altpersischen Gott des Lichts und des Ursprungs der östlichen und westlichen Kulturen verweisen.

Bereits zehn Jahre später zeigte man das erste vierrädrige Fahrzeug, doch der Zweite Weltkrieg und vor allem der Atombombenabwurf über Hiroshima sollte den Weg jäh unterbrechen. Aber von diesem schweren Schlag ließ sich Mazda nicht lange aus der Bahn werfen. Noch im Jahr 1945 nahm man die Nutzfahrzeugproduktion wieder auf.

100 Jahre Mazda-Go 1931
Mazda-GO 1931

Mazda R360 Coupé – Das erste Auto

Erst 1960 erschien aber der erste PKW der Marke, das Mazda R360 Coupé. Ein aus heutiger Sicht wie ein Spielzeugauto wirkender Kleinstwagen vom Schlage einer BMW Isetta, damals aber ein sehr erfolgreiches Modell. Diese sogenannten Kei-Cars sind bis heute in Japan durchaus gefragt und beliebt, nicht zuletzt aufgrund ihrer steuerlichen Vorteile. 380 Kilogramm schwer, unter 3 Meter lang, angetrieben von einem 356 cm³ großen luftgekühlten Zweizylindermotor bot der R360 genug Anreize für zwei Passagiere. Mehr als 60.000 Exemplare wurden bis 1969 produziert, bevor der R360 vom Chantez abgelöst wurde.

Das „Out of the Box”-Denken der Entscheider und Ingenieure in Hiroshima zieht sich durch die gesamte Modellhistorie. Im Bereich des Designs arbeitete man so unter anderem mit Bertone zusammen. Aus dieser Kooperation entstanden 1963 der Familia und 1966 der Luce, der vor allem als Coupé als elegante Erscheinung bis heute begeistert.

Die Verbindung aus japanischer Technik und europäischem Design hat noch einen ganz anderen wesentlichen Nebeneffekt: Mazda wagte Anfang der 70er Jahre den Sprung nach Europa und Nordamerika. Bereits auf der IAA 1969 wurde ein Modellprogramm für den deutschen Markt gezeigt, drei Jahre später war Mazda dann offiziell in Deutschland präsent. Vor allem die Kompaktklasse 323, und das Mittelklasse-Modell 626 waren in den Anfängen hierzulande präsent.

Das Beschreiten neuer Wege, das „Um die Ecke denken“ geschah aber hauptsächlich in technischer Hinsicht. 1961 unterzeichnete Mazda einen Lizenzvertrag mit NSU zur Produktion des neuartigen, kompakten und leichtgewichtigen Kreiskolben-Motors. Während andere Hersteller nach und nach das Wankel-Konzept als nicht rentabel, zu verschwenderisch und anfällig zu den Akten legten, arbeitete Mazda so lange an diesem Motor, bis die heiklen Punkte ausgeräumt waren.

Cosmo Sport 110 S – Der Star

Das erste Auto mit Wankelmotor war gleich ein eindrucksvoller Paukenschlag: 1967 ging der futuristische Mazda Cosmo Sport 110 S als weltweit erstes Serienfahrzeug mit Zwei-Scheiben-Kreiskolben-Motor in Serie. Ein elegantes wie charismatisches und eigenständiges Coupé, was auch schon mit konventionellem Antrieb sicher ein Erfolg gewesen wäre. Aber mit der technischen Innovation, den Beweis anzutreten, dass Wankelmotoren auch sehr gut funktionieren können, macht den Cosmo zu einer Besonderheit, nicht nur in der Mazda-Historie.

Er war zudem auch der Beginn einer außergewöhnlichen Erfolgsstory, denn Mazda gelang es in der Folge, mehr als eine Million Fahrzeuge mit Kreiskolben-Motor zu verkaufen, darunter legendäre Modelle wie die Sportwagen RX-7 und RX-8. Die Zuverlässigkeit des Kreiskolben-Motors demonstrierte die japanische Marke auch im Motorsport, als man 1991 mit einem Typ 787B mit Vier-Scheiben-Kreiskolben-Motor den Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans einfahren konnte.

Nach der offiziellen Umgebennung der Toyo Kogyo zur Mazda Motor Corporation im Jahr 1984 zeigte man auch unter neuem Namen, dass man gerade auch dann Erfolge feiern kann, wenn man gegen den Strom schwimmt und eine Zukunft für ein Modell sieht, während andere schon abwinken. Gegen den allgemeinen Trend kam 1989 der Roadster MX-5 auf den Markt und war in der ersten Generation NA eine beeindruckende Erfolgsgeschichte für Mazda und sorgte für ein Roadster-Revival quer über den Globus. Übrigens bis heute, wo die vierte Generation auf dem Markt ist.

Gerade vor dem Hintergrund aktueller Fragen und Richtungsentscheidungen wird spannend sein zu beobachten, welche Schwerpunkte Mazda setzt und welche Wege man in Hiroshima einschlägt. Aktuell forscht man beispielsweise vielversprechend an der Entwicklung eines C02-neutral erzeugten flüssigen Biokraftstoffs aus künstlich gezüchteten Mikroalgen, um nur eines der Zukunftsprojekte herauszustellen. Vielleicht liegt darin ja einer der Mosaiksteine für eine ähnlich erfolgreiche Zukunft auf die nächsten 100 Jahre Mazda.

Fotos Mazda Motors Deutschland GmbH, Paolo Ollig

Autor: Paolo Ollig

Paolo Ollig schreibt als Chefredakteur regelmäßig über alle Raritäten und Meilensteine der Automobil- und Motorrad-Geschichte. Traum-Klassiker: Lamborghini Countach und Mercedes-Benz 300 SL. Eigener Klassiker: Mercedes-Benz 230 CE (W123) von 1981.

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